So nicht, Europa!
Sabine-Christiansen-Sendung, wo er einmal über Gesundheitspolitik
mitdiskutierte.Von dem anderen lächelt die Crew der RT L-Sendung »Strafgericht« herunter. Gebauer spielte dort nebenberuflich jahrelang den Strafverteidiger. Das Ex-FD P-Mitglied (er fand sie nicht mehr liberal genug) ist einer, den die Lust am intellektuellen Tabubruch antreibt. In seiner Freizeit
schreibt er Bücher (›Warum wir alle reich sein könnten und wie unsere Politik das verhindert‹ oder ›Der Gesundheitsaffront‹)
und hält Vorträge vor liberalen Netzwerken. In der EU fand Gebauer einen wunderbaren Fetisch. Wenn er über Brüssel redet,
zitiert er Luhmanns Theorie von den selbstschöpfenden Systemen – und seine eigene Ansicht, wonach diese Tendenz jetzt langsam
bedrohlich werde.
»Als Declan Ganley mich anrief, um zu fragen, ob ich der Deutschland-Chef von Libertas werden wollte, hat er einen einzigen
Satz gesagt«, erzählt Gebauer. »It has to be done«, es muss getan werden. – »Der Satz«, sagt der Anwalt, »hat etwas in mir
getroffen.« Doch statt Früchten der Pflicht erntete Gebauer schmerzhafte Tiefschläge. Zur Libertas-Gründungs-Pressekonferenz
in Berlin erschienen gerade einmal zwei Journalisten, und als Gebauer seine Kandidatenliste im Brüsseler Hauptquartier einreichte,
sagten ihm »die internationalen Wahlkampfexperten dort«, 16 Namen sei viel zu wenig. »Damit blamiere man sich in der Presse, hieß es.« Also rekrutierte Gebauer in aller Eile nach, aber
um danach noch die notwendigen 4000 Unterschriften für die Parteizulassung zusammenzubekommen, blieb gerade eine gute Woche Zeit. »Tja, und bei 3500 sind wir
dann verhungert.« Libertas trat in Deutschland gar nicht erst zur Europawahl an.
»Es war ein Akt der Selbstzerstörung«, sagt Gebauer im Nachhinein. Vielleicht hat der ihn allerdings vor einer längeren Selbstzerfleischung
bewahrt. Auf die Frage, was die Libertas-Kandidaten denn eigentlich nach ihrer Wahl hätten tun wollen, hatte keiner von ihnen
eine überzeugende Antwort. Im Europäischen Parlament sitzen und motzend ein System mittragen, dessen Teil sie nie sein wollten?
Genauso wenig wie die Europäische Union den Bürgern eine Vision der Zukunft entwerfen konnte, legte die Sponti-Bürgerbewegung
der Europäischen Union ihre Visionen von einem besseren Europa vor. Libertas arbeitete nie ein Programm aus, aus dem hervorgegangen
wäre, in welchem Sinn sie denn die E U-Institutionen verändern wollten, wenn sie die Macht dazu hätten. Der deutsche Landesverband entwarf ein Papier, das im Wesentlichen darauf
hinauslief, die EU auf ein reines Diskussionsforumzu reduzieren und alle bindende Gesetzgebungsgewalt wieder auf die nationalen Parlamente zurück übertragen; aber Konsens in
der Gesamtpartei schien das nicht zu sein.
Mit gleichwohl über 600 Kandidaten aus einem Dutzend Länder, von Portugal bis Estland (die meisten, 128, kamen aus Polen), rannte Libertas am 7. Juni 2009 gegen die Phalanx der etablierten Parteien zur Europawahl an. Nur einer der Kandidaten, aus Frankreich, gewann einen
Sitz. Declan Ganley errang in seinem Wahlkreis in Irland 13 Prozent der Stimmen. Er respektiere die Entscheidung der Wähler, sagte er und zog sich aus der Politik zurück.
» Ich
habe immer gesagt, dass ich ein Nein respektieren werde«, gab er der politischen Klasse Europas noch mit auf den Weg. 102 Libertas, die erste europäische Partei, die nicht auf nationalen Stammparteien gründete, verabschiedete sich in die Bedeutungslosigkeit.
Natürlich kann es nicht überzeugen, die Fundamente der EU zu kritisieren, ohne vorzuschlagen, wie man es besser machen könnte.
Aber Libertas ging es, wenn ihre Anhänger ehrlich gewesen wären, auch nie um ein mehrheitsfähiges Gegenmodell. Es ging ihr
vor allem darum, der EU ein Stöckchen ins Getriebe zu werfen. Die Europamaschine sollte entschleunigt werden, indem man ihr
den Autopiloten ausschaltete. Ihre Bediener sollten einfach einmal zur Besinnung gerufen werden durch Volkes Stimme.
Die Lehre, die die Eurokraten aus der Geschichte des Antihelden Declan Ganley ziehen sollten, lautet, dass es eine ganze Menge
Menschen gibt da draußen, die sich von der EU abgehängt und zurückgelassen fühlen und die nur deswegen bereit waren, sich
einer unbekannten One-Issue-Partei zuzuwenden. »Es ist nicht zu ändern, dass manche Menschen aus den falschen Gründen Recht
haben«, erklärte der antikommunistische
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