So nicht, Europa!
Technik darstellen,
um Glühlampen zu ersetzen«, hält das Protokoll der Sitzung fest. Offenbar will keiner ein Spielverderber sein. Nicht einmal
die »Vereinigung professioneller Lichtdesigner« (PLDA) widerspricht dem Glühlampenbann. Ihre Mitglieder hatten zwar zuvor
in der Öffentlichkeit und im Europaparlament massiv gegen das Birnenverbot opponiert. Auch nun, in der entscheidenden Fachsitzung
in Brüssel, fragt die PLDA noch einmal kritisch nach, ob die medizinischen Bedenken, die immer wieder vorgebracht werden,
hinreichend in Rechnung gestellt worden seien. Aber den Anschein einer entschlossenen Opposition erweckt der Vertreter der
Leuchtendesigner mitnichten. Immerhin bringt er das Problem möglicher Gesundheitsschäden zur Sprache. Bei autistischen Kindern,
bemerkt er, seien Verschlimmerungen der Krankheit beobachtet worden.
Das stimme, bestätigt ein Kommissionsvertreter, auch für Epileptiker könnte flackerndes Kunstlicht gefährlich sein. Ja, ergänzt
der Vertreter der britischen Vereinigung der Lampenhersteller, bei Menschen mit Hautkrankheiten, Migräne und Sehbehinderung
seien ebenfalls Verschlechterungen des Krankheitsbildes zu registrieren. Für ein paar Minuten schwirren Bedenken um den Tisch.
Dann beschließt die prozesssteuernde E U-Verwaltung , mögliche Gesundheitsschäden erst einmal abzuwarten: »Die Kommission willigt ein, dass Alternativen zu Kompaktleuchtstofflampen
erörtert werden müssen, falls sich bestätigt, dass Gesundheitsprobleme und Symptome mit der verwendeten Beleuchtungsart zusammenhängen.«
Seltsam, über die offenkundige Stromersparnis der Energiesparlampe lässt die EU endlose Studien erstellen. Mit möglichen Risiken
und Nebenwirkungen des verordneten Kaltlichts hingegen beschäftigt sie sich nur kursorisch. Dass im Übrigen auch viele gesunde
Bürger das Kunstlicht schlicht als eklig und ungemütlich empfinden, stellt keiner der Teilnehmer des Konsultationsforums in
den Raum.
Wussten die Teilnehmer der Arbeitsgruppe damals überhaupt, welchen Eingriff ins Wohlbefinden vieler Europäer sie da absegneten?War ihnen klar, welche Wut auf die »Beglückungs gesetzgeber « in Brüssel sie in der Bevölkerung auslösen würden? Christoph Mordziol, der deutsche Vertreter in der Runde, überlegt eine
Weile. »Puh«, sagt er dann. »War mir das klar? Ich weiß offen gesagt nicht mehr, ob ich die Sache damals so emotional eingeschätzt
habe. Klar, dieses Licht kann auf das Unterbewusstsein und auf den Hormonhaushalt wirken. Aber es bleibt ja die Halogenlampe.«
Der Mann ist Techniker, Behördenvertreter, kein Politiker. Das Problem ist bloß, er hat Politik gemacht. Er hat an einer Entscheidung
mitgewirkt, die viele Bürger bewegt, im Geldbeutel, in der Wohngemütlichkeit, in der Gesundheitssorge. Deswegen sollten sie
die Verantwortlichen für diese Entscheidung kennen, sie kritisieren oder sie gar abwählen können. Doch welcher Bürger hätte
je von einem »Konsultationsforum« gehört? Wer durchblickt die Abläufe eines »Komitologie«-Verfahrens? Wer kennt die Beteiligten?
Die Komitologie erzeugt, unterm Strich, dieselben Wirkungen wie traditionelle Gesetzgebung. Doch die Prinzipien der repräsentativen
Demokratie wahrt das Verfahren in allenfalls ätherischem Maße.
Am 8. Dezember 2008 passiert das Glühbirnenverbot die letzte Hürde der Komitologie, eine Anhörung im »Regelungs ausschuss « der Kommission. Dessen Mitglieder legen die »Aus phasungsschritte « der Glühbirne fest: 10 0-Watt -Lampen kommen 2009 vom Markt, 7 5-Watt -Lampen 2010, 6 0-Watt -Lampen 2011, 40- und 2 5-Watt -Lampen 2012. Die E U-Verordnung betreffend die »umweltgerechte Gestaltung von Haushaltslampen« ist damit abschlussbereit. Was jetzt noch fehlt, ist ein Plazet
durch das Europaparlament.
In dessen Sälen eröffnet sich am 17. Februar 2009 den Mitgliedern des Umweltausschusses die letzte Chance, das Glühbirnenverbot endlich dorthin zu ziehen, wo es
hingehört. Heraus aus den Dunkelkammern technischer Fachgremien, oppositionsloser Konsultationsforen und behördlicher Arbeitsgruppen,
hinein in die öffentliche, politische Arena. Doch die verantwortlichen 58 Parlamentarier beschließen, die Gelegenheit nicht zu nutzen. Mit 44 zu 14 Stimmen entscheiden die Mitglieder des Umweltausschusses dagegen, die veränderte Verordnung noch einmal dem Parlamentsplenum
zur Debatte vorzulegen. Die Sozialdemokraten stimmen bis auf einen
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