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So nicht, Europa!

Titel: So nicht, Europa! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Bittner
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dem so ist, wenn die neuen Generationen von Glühlampen genauso schön leuchten wie die alten und dazu noch Geld sparen
     – warum glaubt die EU dann das Einschraubverhalten der Europäer per Zwang steuern zu müssen? Wenn die erzieherische Attitüde
     der EU anhält, dann wird diese Union immer weniger als Reich der Freiheit wahrgenommen werden und immer mehr als ein Imperium,
     das sich offenbar das seltsame Ziel gesteckt hat, Kolonisierung nach Innen zu betreiben. Traut es seinen Bewohnern wirklich
     so wenig eigene Klugheit zu?

Die Geheimgesetzgebungsmaschine
    Europäer spüren, dass ihre Freiheit durch das Eingebundensein mit anderen zunimmt.
    Jeremy Rifkin
     
    Der Europäische Rat ist eine Geheimgesetzgebungsmaschine, wie sie in vergleichbarer Form nur noch in Pjöngjang steht.
    Giles Merritt, Generalsekretär des EU-freundlichen Netzwerks Friends of Europe
     
    Wird Deutschland eigentlich noch von Deutschland regiert? Im Jahre 2005 veröffentlichte das Bundesjustizministerium eine auf
     den ersten Blick erschreckende Zahl. Von allen Rechtsakten, die zwischen 1998 und 2004 in Deutschland erlassen wurden, stammten
     84   Prozent aus Brüssel. Nur 16   Prozent der Gesetze wurden auf dem konventionellen Weg über den Bundestag in Berlin erlassen. Diese Bilanz scheint zu belegen,
     dass die Deutschen nicht mehr von gewählten Volksvertretern beherrscht werden, sondern von Brüsseler Bürokraten. Schaut man
     genauer hin, stimmt das so nicht. Denn die Anzahl der Gesetze aus Brüssel sagte, jedenfalls bisher, nichts über ihre Inhalte
     aus. Zwar wurden zwischen den Jahren 1998 bis 2004 insgesamt 18.167   E U-Verordnungen und 750   E U-Richtlinien erlassen, und auf Bundesebene waren es im selben Zeitraum nur 1195   Gesetze sowie 3055   Rechtsverordnungen. Aber ein Großteil der europäischen Verordnungen, so legt das Bundesjustizministerium dar, seien Agrarmarktregelungen
     oder Normierungen für alle möglichen Produkte gewesen. Für Kühlschränke, für Traktorensessel, für Baubeton, für Gemüse oder
     für Arbeitskleidung. 2 Viele Industrienormen, die früher die Nationalstaaten für sich setzten, werden Stück für Stück in Brüssel harmonisiert, um
     einen reibungslosen europäischen Binnenmarkt zu ermöglichen. Das erklärt einen Teil der Regelungsflut, die sich aus Brüssel
     ergießt.
    Wirklich bewegende politische Materie hingegen wie das Steuer-, Familien-, Bildungs- oder Gesundheitsrecht sind nationale
     Angelegenheiten geblieben – wenngleich Europa auch für die Mehrwertsteuer und Tabaksteuer eine Grenze nach unten vorgibt,
     um zu verhindern, dass einzelne Mitgliedstaaten durch Dumping-Steuersätze unfaire Wettbewerbsvorteile ergattern.
    Europas Zentralverwaltung war bisher vor allem eine große Freihandels-Ermöglichungsinstanz. Doch damit war und ist sie nie
     zufrieden gewesen. Schon in der Vergangenheit reizte die Union ihre Kompetenzen immer wieder über deren ursprüngliche Zwecksetzung
     hinaus aus. Unter dem Banner »Binnenmarkt« beschäftigte sich die E U-Gesetzesmaschine beispielsweise mit einheitlichen Standards für den Abstand von Straßenlaternen. Oder sie verwaltet Budgets, die Arbeitslosen
     helfen sollen, wieder Fuß im Berufsleben zu fassen. Oder sie verteilt Gelder zur Förderung des traditionellen Kunsthandwerks
     in Südtirol. Als ob lokale Behörden solche Aufgaben nicht viel sachgerechter erfüllen könnten. Doch weil er so ein weites
     Feld ist, kann der Binnenmarkt theoretisch als Argumentation für alle möglichen Vereinheitlichungen dienen. Europäische Standards
     in der Schulausbildung, zum Beispiel, würden Familien das Umziehen ins Ausland erleichtern. Wenn man möchte, hat alles einen
     Marktaspekt.
    »Die Kommission regelt Dinge gerne aus Selbstzweck«, sagt eine Mitarbeiterin einer wichtigen Abteilung im Berlaymont. »Die
     Grundeinstellung vieler Kollegen lautet: Wir machen so viel wie möglich und lassen die Mitgliedstaaten so wenig wie möglich
     machen.« Die Grundeinstellung, welche die Mitgliedstaaten von der EU erwarten, nämlich nur dann einzuspringen, wenn die nationale
     Ebene überfordert ist, kann man nicht von bei der EU arbeitenden Menschen erwarten. Würde ein Kommissionsbeamter dem Gedanken
     der Subsidiarität folgen, müsste er, sobald er feststellt, dass das europäische Recht in seinem Zuständigkeitsbereich harmonisiert
     ist, die Aktendeckel zuklappen, sein Büro abschließen und nach Hause gehen. Das tut er nicht, was nachvollziehbar

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