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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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mit ihrer Einschätzung absolut recht. Das steht völlig außer Frage.
    Über Wellness, Diäten und Heilfasten konnte sie nur müde lächeln. Sie legte ihre rechte Hand auf meinen Unterarm und hielt mich kurz fest. Ich blieb stehen und sah ihr in die Augen. Ich erkannte eine tiefe Trauer, und etwas trieb mir verdammt noch mal Tränen in die Augen. Mitten auf der Straße! Einem fetten Bullen wie mir! Wie peinlich ist das denn?
    Sie ließ mich los und schüttelte ihre Hand aus.
    So, das sei es gewesen. Heilen durch Handauflegen sei in Deutschland zwar verboten, aber trotzdem sehr effektiv. Wir verabschiedeten uns, das heißt, sie ließ mich mehr oder weniger völlig verdattert stehen.
    Ich sah ihr nach. Ihr Hintern gefiel mir, aber das war jetzt nicht wichtig. Etwas war mit mir geschehen, etwas, das mich zutiefst erschütterte und für das ich keine Worte hatte.
    Jedenfalls nahm ich weiter ab. 300   Gramm. 450   Gramm. 210   Gramm. Ich erzählte niemandem etwas davon, aber ich musste immer an sie denken. Ich träumte sogar von ihr und sagte ihren Namen vor mich hin. Anita. Anita. Anita.
    Schon am zweiten Tag rief ich sie wieder an, aber ich konnte nur auf ihre Mailbox sprechen. Am dritten Tag machte ich gleich zwei Versuche am Morgen und unzählige in der Nacht, aber ich erreichte sie nicht. Tatsächlich ließ ihre Energie nach. Ich nahm wieder zu. 100   Gramm am ersten Tag. 800 am zweiten und 1600 am dritten. Ich kannte diesen Jojo-Effekt von allen Diäten, aber das hier war anders. Diesmal stürzte ich in eine heftige Verzweiflung. Kokskonsumenten erzählten mir in meiner Zeit als Drogenfahnder oft davon, dieses Hochgefühl, dem ein schrecklicher Absturz folgte.
    Dann endlich erreichte ich sie. Die zwei Ringe auf meiner Wahlwiederholungstaste waren schon abgegriffen und kaum noch zu sehen, so oft und heftig hatte ich die Taste gedrückt.
    Anitas Stimme klang anders als sonst. Irgendwie traurig, gebrochen, von einem tiefen Schmerz erschüttert. Wir könnten uns nicht mehr sehen, sagte sie, ihr Mann mache ihr die Hölle heiß, er sei schrecklich eifersüchtig und ein Kontrollfreak. Er würde sie überwachen.
    Ich beschwor sie, sich nicht von so einem Arsch, der so eine tolle Frau gar nicht verdiente, beherrschen zu lassen. Ich kannte solche Fälle aus meiner Praxis, die besten Frauen hatten oft die schlimmsten Kerle. Die wahren Engel gerieten an Säufer, Schläger oder Drogendealer. Als hätten plus und minus eine Anziehungskraft. Ich erzählte ihr von einer Universitätsprofessorin, die nicht nur klug, sondern auch umwerfend schön war und regelmäßig von ihrem Mann, einem hoffnungslosen Säufer, verprügelt wurde. Sie rief nie die Polizei, es waren immer die Nachbarn.
    Anita stöhnte nur als Antwort. Wir verabredeten uns dann doch im Horst-Janssen-Museum.
    Dort standen wir dann nebeneinander und sahen uns die Radierungen an wie zwei Fremde. Sie war völlig anders angezogen als beim ersten Mal. Sie machte ganz auf Schlabberlook, war aber heftig geschminkt. Unter ihrer großen Sonnenbrille war genau das, was ich vermutet hatte: ein blaues Auge. Das konnte auch die dicke Puderschicht nicht verdecken. Um die Schultern trug sie ein selbstgestricktes Dreieckstuch, das aus zig aneinandergenähten Topflappen zu bestehen schien.
    »War er das?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. Sie sei die Treppe heruntergefallen. Aber sie blickte sich dauernd um. Bei jedem neuen Besucher schreckte sie auf und nahm Abstand von mir.
    »Er hat uns vor dem Krankenhaus zusammen gesehen«, sagte sie. »Wenn er uns noch einmal erwischt, flippt der völlig aus.«
    Ich begann, mich für das blaue Auge schuldig zu fühlen. Er hatte sie verprügelt, weil sie mir geholfen hatte.
    »Man kann sich bei uns scheiden lassen«, gab ich zu bedenken.
    Sie lächelte nur gequält. »Ja, danke für den Hinweis, da wäre ich sonst nie drauf gekommen.«
    »Und?«, fragte ich. »Warum tun Sie es nicht?«
    Ein einsamer Besucher mit Bierbauch und einer Nordwest-Zeitung unter dem Arm schreckte sie so sehr auf, dass sie sich von mir abwandte und fast mit einem Satz in eine andere Ecke sprang.
    Der Mann durchquerte den Raum. Konnte er das sein? War er ihr hierher gefolgt? Erst als er weg war, ging ich wieder zu ihr und wollte wissen: »War er das? Haben Sie solche Angst vor ihm?«
    »Nein, das war er nicht. Und ja, ich habe solche Angst vor ihm. Und wenn ich mich scheiden lassen könnte, hätte ich es längst getan.«
    Ich fragte nichts, ich sah sie nur ruhig

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