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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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vorsichtigen Einwand.
       Benjamin grinste. „Haben Sie Angst?“
       „Ich mag Friedhöfe nicht so sehr“, antwortete die junge Frau und schaute Hilfe suchend zu ihrer Schwester. „Dir geht es doch ebenso, Alanis, hab ich Recht?“
       „Ich gehe mit Benjamin, wenn du erlaubst“, antwortete Alanis und blickte an Melanie vorbei. „Ich muss zu Countess. Sie wartet auf mich. Bleib du hier, du kannst dich auf die Mauer setzen, wir kommen bald zurück.“
       Zuerst wollte Melanie protestieren und sich den beiden anschließen, doch dann entschied sie sich dagegen. Eine innere Stimme hielt sie davon ab, etwas zu tun, gegen das ihr Verstand sich heftig wehrte. Für sie gab es keinen Grund, einen Friedhof aufzusuchen, nicht heute und schon gar nicht jetzt.
       Also ließ Melanie Benjamin und Alanis allein losziehen. Sie setzte sich, ohne darüber nachzudenken, auf die teilweise bereits zerstörte Mauer aus groben Felssteinen. Sie versuchte, sich auf die beeindruckend karge und einsame Landschaft zu konzentrieren, irgendein Gefühl dafür aufzubringen, aber gerade das wollte ihr heute nicht so recht gelingen.
       Der Sitzplatz war nicht unbedingt bequem. Immer wieder veränderte Melanie ihre Position, aber es wurde nicht besser. Spitze Steinchen stachen sie in die Oberschenkel oder drückten unangenehm. Sie überlegte, ob sie sich nicht einfach auf den Boden setzen sollte. Aber dann stellte sie fest, dass er noch zu feucht vom letzten Regen war.
       Dann entdeckte sie den Fremden, der zügig näher kam. Zuerst hatte er sie wohl gar nicht bemerkt, denn mit ihrer steingrauen Kleidung passte sie sich sehr gut der übrigen Umgebung an.
       Melanie hatte ihn gleich gesehen, als er um die Wegbiegung kam. Etwas Ruhiges, Zuverlässiges ging von ihm aus, das spürte sie, noch ehe sie überhaupt sein Gesicht gesehen hatte. Ihr Herz machte ein paar raschere Schläge, als er dann vor ihr stand und sie freundlich anlächelte. Hastig stand sie auf und strich ihren langen Rock glatt, obwohl er kaum ein Fältchen aufwies.
       „Habe ich Sie erschreckt?“ Eisblaue Augen musterten sie, doch das war ihr nicht unangenehm. Der Mann hatte ein schmales, aber markantes Gesicht, in dem der breite, etwas zu groß geratene Mund besonders auffiel.
       „Ich… nein, eigentlich nicht“, wich Melanie verlegen einer direkten Antwort aus. Sie schaute sich vorsichtig um in der Hoffnung, ihre Schwester würde gleich kommen und zur Rückkehr drängen. Aber nichts dergleichen geschah.
       „Also habe ich Sie doch erschreckt.“ Der Mann schaute sie Schuld bewusst an. „Das ist eine meiner negativen Eigenschaften. Ich tauche immer gerade dann auf, wenn man mich nicht gebrauchen kann.“ Er schaute sie gespielt traurig an, doch in seinen Augen blitzte es verschmitzt auf.
       Nun konnte Melanie ein leises Lachen nicht mehr unterdrücken, das Eis war gebrochen. Insgeheim musste sie sich sogar eingestehen, dass der Fremde ihr ausgesprochen gut gefiel. „Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie nicht gebrauchen kann“, ging sie auf seinen leichten Ton ein. „Ich weiß ohnehin nicht, was ich mit meiner Zwangspause anfangen soll.“
       „Möchten Sie ein Stückchen spazieren gehen? Sie sind fremd hier, habe ich Recht?“ Die Männerstimme klang freundlich und interessiert. „Sind Sie auf Urlaub hier oder…?“
       „Ich… nein, ich bin hier um zu arbeiten.“ Sie lächelte den Mann an. „Aber Sie müssen mir nicht die Zeit vertreiben. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ Sie wandte sich zum Gehen, den mit einem Mal empfand sie seine Nähe als verwirrend.
       „So eilig? Schade. Ich dachte, wir könnten uns ein bisschen unterhalten. Es kommen sehr selten Fremde nach hier“, fuhr er fort, ohne ihren Einwand zu beachten. „Übrigens, mein Name ist Chester Flannagan“, stellte der Fremde sich vor und reichte ihr die Hand.
       Dieser Freundlichkeit konnte Melanie sich nicht entziehen. „Melanie Barton“, nannte sie nun auch ihren Namen. „Ich bin Lehrerin und dachte eigentlich, hier eine kleine Schule vorzufinden.“
       Chester Flannagan blickte sie überrascht an. „Hier gibt es keine Schule. Wir sind drei Privatlehrer und teilen uns die Schüler aus der Umgebung. Natürlich wäre es für alle schöner, wenn wir eine kleine Schule hätten, auch für die Kinder dieser Gegend. Sie haben ja wenig Gelegenheit, mit anderen Kindern ihres Alters zusammen zu kommen. Aber solange es auch so geht denkt niemand

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