So schoen und kalt und tot
bald ändern. Sie gefallen mir, wenn ich das jetzt schon sagen darf.“
Errötend drehte Melanie ihr Gesicht ein wenig zur Seite, um seinem Blick auf diese Weise leichter ausweichen zu können. „Ich finde Sie ebenfalls sympathisch“, antwortete sie, ohne ihn dabei anzusehen.
„Dann werden wir uns wiedersehen? Immerhin sind wir beide Lehrer und sollten uns gelegentlich austauschen.“ Sein Lächeln war etwas unsicher, entbehrte aber keinesfalls einem besonderen Charme. „Geht es morgen um dieselbe Zeit? Ich könnte Sie ein bisschen herumführen und Ihnen Glannagan und die Umgebung zeigen.“
„Das kann ich nicht versprechen. Ich bin nicht hier, um Urlaub zu machen sondern um dem Sohn des Hauses etwas beizubringen. Ich glaube, das ist nicht gerade eine leichte Aufgabe, nach allem, was ich so gesehen und gehört habe. Laird Ian hat seinem Sohn bis jetzt alles erlaubt und ihn beinahe wild aufwachsen lassen.“
„Das hat seine Gründe, die Sie vorhin schon angedeutet hatten“, sagte Chester und griff nach ihrer Hand. „Vor einigen Jahren, ich war damals noch in Irland, wurde Benjamins Zwillingsschwester Jennifer sehr krank. Es war in einer Sturmnacht. Laird Ian wartete wohl zu lange, bis er den Doktor aus Stonston holte. Sie kamen zu spät, Jenny starb noch in der Nacht. Laird Ian und seine Frau waren danach nicht mehr dieselben, zumal Lady Angela nach Aussagen des Arztes keine weiteren Kinder mehr bekommen durfte, wenn sie nicht ihr Leben aufs Spiel setzen wollte.“
„Das klingt ja entsetzlich. Jetzt kann ich alles etwas besser verstehen.“ Sie sah das schmale, bleiche Gesicht Lady Angelas vor sich und Mitleid erfüllte ihr Herz.
„Sie haben alle eine sehr schwere Zeit hinter sich“, stimmte der junge Ire zu. „Lady Angela wurde immer trauriger, und der Laird verschrieb sich mehr und mehr dem Suchen nach seiner toten Tochter, war sogar überzeugt davon, mit ihrem Geist in Kontakt zu stehen.“
Melanie zuckte zusammen. „Ist dieser Gedanke denn so abwegig?“, fragte sie beinahe aggressiv. „Ich glaube ebenfalls daran, dass Verstorbene sich ihren Angehörigen zeigen, ihnen helfen können, wenn sie selbst das wünschen.“
„Oh, da haben wir in Zukunft viel zu reden, wir beide“, stellte Chester erfreut fest. „Ich glaube zwar auch daran, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit dieser Einstellung doch öfter mal Spott hervorruft. Seit mir das einige Male passiert ist bin ich vorsichtig damit, es gleich beim ersten Gespräch preis zu geben.“
Nun musste Melanie herzlich lachen. „Eine gesunde Einstellung“, lobte sie. „Diese Erfahrung ist mir auch nicht erspart geblieben, bin deshalb auch nicht gleich so redselig. Seltsam, bei Ihnen hatte ich da gar nicht drüber nachgedacht. Es war… irgendwie selbstverständlich, dass wir über dieses Thema sprechen.“
„Danke, Melanie, Ihre Worte machen mich sehr glücklich, denn mir geht es ebenso. Ich habe das Gefühl, Sie schon immer zu kennen, weil Sie mir so vertraut sind.“ Er ließ ihre Hand los und legte für einen kurzen Moment beide Arme um sie und zog sie an sich.
Dann jedoch ließ er sie abrupt wieder los. „Sie sollten den Kindern folgen“, murmelte er und reichte ihr die Hand. „Ich werde morgen um diese Zeit hier auf Sie warten, und übermorgen und…“
Die junge Frau lachte unsicher. „Ich werde versuchen zu kommen“, sagte sie noch, dann drehte sie sich um und rannte rasch davon. Sie konnte die beiden Kinder nicht mehr sehen und hoffte, sich nicht zu verlaufen. Ihr Herz klopfte heftig, aber das war nicht die Anstrengung sondern – Chester Flannagan. Wenn sie die Augen zumachte, konnte sie noch immer ganz deutlich sein Gesicht sehen, sein Lächeln, seine weißen, blitzenden Zähne.
„Chester“, sagte sie leise und wusste, dass sie sich auf das Wiedersehen mit ihm freute. Sehr sogar.
* * *
Lady Angela wurde langsam nervös. Sie mochte es nicht, wenn ihr Mann länger als geplant unterwegs war. Seit er vor einigen Jahren verschwand und niemand wusste, was geschehen war, lebte sie in der ständigen Angst davor, dass es irgendwann wieder passierte.
Laird Ian, der auf seinem Lieblingshengst Borrow in die Stadt geritten war, um sich nach der Toten aus dem Zug zu erkundigen, war schon seit über einer Stunde überfällig. Zwar wusste die Lady, dass eine Verspätung immer mal vorkommen konnte, doch noch saß der Schock von damals tief
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