So schoen und kalt und tot
die schmale Nase mit dem kleinen Höcker sah aus wie ihrer. Über den Augen fielen besonders die schön geschwungenen Augenbrauen auf, die sie selbst auch besaß.
Chester drückte ihren Arm noch ein wenig fester. „Hab ich dir zu viel versprochen?“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Charles Patterson verzog seinen Mund zu einem breiten Grinsen. „Sind Sie hier auf Urlaub, Miss Barton?“, fragte er besonders freundlich. „Ich habe gehört, Sie sind nicht allein gekommen sondern mit Ihrer Schwester.“
„Alanis und ich versuchen, hier Fuß zu fassen. In London haben wir nach dem Tod unserer Mutter alle Brücken abgebrochen und wollen in dieser Gegend ein neues Leben beginnen.“
„Ein sehr löblicher Entschluss“, meinte Mister Patterson. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Möchten Sie mir erzählen, woran Ihre Mutter gestorben ist?“
„Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber wir haben heute noch etwas vor, nicht wahr, Darling?“ Zwingend schaute Chester seine Begleiterin an.
Melanie verstand sofort und nickte. „Ein anderes Mal gern. Allerdings möchte ich Ihnen nichts von unserer Mutter erzählen. Es ist erst ein Jahr her dass…“, antwortete sie bedrückt.
„Danke dafür, dass Sie mir das alles gezeigt haben.“ Sie deutete auf die Bilder. Dann verabschiedeten sie sich von dem noch immer grinsenden Mister Patterson und verließen beinahe fluchtartig Glannagan Castle.
„Wie hast du das denn angestellt, Melanie?“, fragte Chester ganz außer Atem, als sie eine größere Entfernung zwischen sich und den unheimlichen Mann gebracht hatten. „Mister Patterson ist in dieser Gegend fast nur noch Erinnerung, man bekommt ihn kaum zu Gesicht. Und du unternimmst nur einen kleinen Ausflug in diese Gegend und läufst ihm auch schon in die Hände.“
„Ganz so war es nicht“, gestand Melanie kläglich. „Ich habe ihn gesucht. Ich wollte mit ihm reden. Doch dann hatte ich es mir überlegt. Ich bekam es mit der Angst zu tun, versuchte wegzulaufen. Dann war da dieser Fremde, der mir freundlich anbot, das Castle von innen ansehen zu können. Ich dachte an das Bild, von dem du mir erzählt hast, das Bild, von dem du geglaubt hast, man hätte mich da verewigt. Ich hab es gesehen.“ Ihre Stimme war immer leiser geworden vor Grauen.
Chester war stehen geblieben. Erwartungsvoll schaute er in ihr Gesicht. „Und? Was sagst du?“
„Ich dachte, ich schaue in einen Spiegel“, bekannte sie leise. „Was hat das zu bedeuten, Chester?“
Er zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht, Mel. Ich weiß nur, dass ich entsetzliche Angst hatte um dich. Du darfst nie wieder in die Nähe von Glannagan Castle gehen. Versprichst du mir das?“ Er legte beide Arme um sie und zog sie für einen kurzen Augenblick an sich.
Melanie schüttelte den Kopf. „Ich habe noch etwas, das ich nicht verstehen kann. Deshalb ist es mir nicht möglich, dir so etwas zu versprechen. Ich muss wissen, wo da die Zusammenhänge sind.“ Sie holte aus ihrer Tasche die Brosche und reichte sie Chester. „Hast du so etwas schon einmal gesehen?“
Chester betrachtete das Schmuckstück von allen Seiten. Dann schüttelte er den Kopf. „Man könnte meinen, es hätte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Wappen der Mac Pies. Aber ich glaube, das sieht ein bisschen anders aus, wenn ich mich Recht erinnere.“
Erleichtert atmete Melanie auf. „Ist das dein Ernst?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Alanis war sich nämlich sicher, dass es das Wappen ist.“
„Woher will deine Schwester das wissen?“
„Benjamin hat es ihr angeblich gesagt. Aber ich hatte da ebenfalls von Anfang an meine Zweifel. Vielleicht sieht es ja so ähnlich aus, aber es ist bestimmt nicht das Wappen der Mac Pies.“ Melanie konnte es gar nicht oft genug sagen, denn im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass sie sich nur etwas vormachte. Alanis hatte die Wahrheit gesagt und Chester versuchte nur, sie zu beruhigen. Das hatte sie am Flackern seines Blickes gesehen, denn er konnte schlecht lügen.
Chester biss sich auf die Lippen. Er hatte das tatsächlich nur gesagt, um Melanie die offensichtliche Angst zu nehmen. Es war das Familienwappen der Mac Pies, daran gab es keinen Zweifel. Er hoffte nur, dass Melanie Mister Patterson nichts davon gesagt hatte.
Zufrieden sah er, dass Melanie ihm anscheinend glaubte. Das gab ihm die nötige Zeit und die Ruhe, selbst zu recherchieren, was es
Weitere Kostenlose Bücher