So schoen und kalt und tot
wozu?“
„Ich kenne die Mac Pies nicht so gut“, antwortete der Laird, „deshalb kann ich Ihnen das auch nicht sagen. Aber ich vermute, sie verschenkte sie immer an weibliche Verwandte, die alle zu ihrem Clan gehören.“
„Das würde ja bedeuten…“ Melanie brach ab. Tausend Gedanken stürmten auf sie ein.
„Möchten Sie, dass ich mich einmal umhöre? Ich kenne Charles Patterson flüchtig. Wenn ich ihm begegne werde ich ihn nach diesen Broschen fragen.“ Der Laird war mit seinen Gedanken bereits wieder bei der Post, denn er hatte einiges entdeckt, das ihm wichtig erschien.
Die Auskunft war Melanie nicht genug. Sie wollte es genauer wissen. Deshalb beschloss sie, Charles Patterson selbst danach zu fragen. Ihre Neugierde war geweckt und die war im Moment größer als ihre Angst vor etwas Unbekanntem.
Es musste eine Verbindung geben zwischen den Mac Pies und ihrer eigenen Familie. Und ein seltsamer Zufall hatte sie ausgerechnet in diesen Ort verschlagen. Dass es nur ein Zufall war, das bezweifelte Melanie allerdings inzwischen.
Im ersten Impuls wollte sie Alanis alles erzählen, auch ihren Entschluss, Mister Patterson aufzusuchen. Doch dann entschloss sie sich dagegen, um die kleine Schwester, die, seit sie auf Rochester Castle lebten, ohnehin völlig durcheinander war.
„Kann ich heute Nachmittag frei bekommen?“, fragte sie Lady Angela. „Ich würde gern selbst mit Mister Patterson sprechen.“
Lady Angela nickte. „Natürlich können Sie den restlichen Tag frei machen. Benny war übrigens begeistert von Ihrem Unterricht, ich habe den Eindruck, Sie sind die erste Lehrerin, die er voll und ganz akzeptiert.“
„Ich habe Benjamin bereits ins Herz geschlossen, er ist ein lieber, vernünftiger Junge, der es mir leicht macht, mit ihm zu arbeiten“, antwortete die Lehrerin.
Die Lady lächelte Melanie freundlich an. „Ob Ihr Entschluss, Mister Patterson aufzusuchen, allerdings so sinnvoll ist, wie Sie glauben, wage ich zu bezweifeln. Mister Patterson ist, vor allem, seit der kleine Billy tot ist, nur noch ein Schatten seiner selbst.“
„Ich will es wenigstens versuchen“, entschied Melanie, bedankte sich für die Auskunft und verließ eilig den Raum. In ihrem Zimmer angekommen schaute sie nach Alanis, doch die war inzwischen eingeschlafen. Wie ein kleiner Engel sah sie aus, stellte Melanie fest und streichelte dem Mädchen sanft über die Wange.
„Ich bin bald wieder zurück, mein Schatz“, flüsterte sie noch, dann zog sie die dünne Strickjacke über und verließ eilig Rochester Castle.
Es war ein kühler, windiger Mainachmittag. Graue Wolkenberge jagten über den farblosen Himmel und vermittelten ein Gefühl der Trostlosigkeit. Vereinzelt fielen Regentropfen, die sich auf Melanies Gesicht wie feine Nadelstiche anfühlten.
Den Weg nach Glannagan kannte die junge Frau inzwischen, auch wie sie nach Glannagan Castle kommen konnte. Lady Angelas Worte jedoch klangen noch in ihr nach, und je näher sie ihrem Ziel kam, desto stärker wurden die Zweifel, ob es richtig war, was sie vorhatte.
Dann sah sie auf der Anhöhe das düstere Castle. Sie blieb stehen und schaute es aus sicherer Entfernung an. Die Situation, in der sie sich im Moment befand, ähnelte erschreckend ihrem letzten Alptraum.
Plötzlich spürte sie Angst, die ihr fast den Atem nahm. Sie wollte umdrehen und davonlaufen, doch sie war unfähig, sich zu rühren. Die Furcht vor etwas Unbekanntem, das sich ihr drohend näherte, lähmte ihren Willen.
„Kann ich Ihnen helfen, Lady?“, fragte eine Männerstimme hinter ihr. Melanie hatte niemanden kommen hören, dennoch war sie nicht einmal sonderlich erschrocken darüber, dass sie angesprochen wurde.
In diesem Moment schien der Bann gebrochen sein, und sie konnte sich wieder bewegen. Langsam drehte sie sich um und blickte in zwei nachtschwarze Augen, die sie forschend musterten. „Möchten Sie das Castle ansehen? Sie können gern mit mir kommen, ich werde Ihnen alles zeigen.“
Melanie nickte wie in Trance. „Dürfen Sie das denn? Ich meine, ist Mister Patterson nicht zuhause?“
Der Fremde schaute sie überrascht an, dann zog ein schwaches Grinsen seinen Mund ein wenig auseinander. „Ich… nein, er ist im Moment nicht da.“ Das Grinsen wurde breiter. „Kommen Sie ruhig, er würde Sie auch nicht beißen, wenn er zuhause wäre.“
„Wer sind Sie?“
„Ich… nun,
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