So schoen und kalt und tot
richtete sich auf, so gut es ging. Die Schmerzen waren erträglich, nur der Gedanke an Melanie, die sich mit Sicherheit inzwischen die größten Sorgen machte, tat ihr unendlich weh. Die Sehnsucht, die sie nach ihr empfand, war unerträglich.
Sie schluchzte verhalten.
Nein, so einfach wollte sie nicht aufgeben. Es musste doch einen Weg geben, diesem Ungeheuer zu entkommen, sagte sich Alanis und versuchte, sich auf diese Weise zu beruhigen, damit sie einen klaren Gedanken fassen konnte.
Wenn sie es jetzt schaffte, aufzustehen und von dieser harten Liege wegzugehen, dann würde der Rest nur noch eine Kleinigkeit sein. Das könnte klappen.
Mühsam schob sie ihre Beine zur Seite und stellte sie auf den Boden. Sie fühlten sich taub an, als würden sie nur unfreiwillig zu ihrem Körper gehören.
Geschafft!
Alanis traten Tränen in die Augen vor Erleichterung. Mit letzter Kraft zog sie sich am Stuhl von der Liege hoch – und stand, zitternd zwar, aber sie stand aufrecht. Jetzt musste es nur noch mit dem Laufen klappen, dann hatte sie schon so gut wie gewonnen.
Der Stuhl wackelte, als sie sich fester darauf stützte. Schließlich hing sie mit dem Oberkörper über der Lehne und hielt sich krampfhaft fest. Die Beine versagten ihr den Dienst.
Schweiß lief über ihr Gesicht. Sie war zwei Schritte vom Lager entfernt und ungefähr ebenso weit vom Tisch. Was sollte sie tun?
Die Umgebung verschwamm vor ihren Augen, mit einem Mal fühlte sie sich so leicht an als könnte sie fliegen. Doch die Realität war stärker. Ein scharfer Schmerz fuhr durch ihren Rücken in den Kopf hinein und lähmte jedes Denken.
Sie hörte auf zu atmen vor Angst, der Schmerz könnte stärker werden. Doch der ebbte langsam ab, Alanis holte tief Luft. Noch immer stand sie, auf die Stuhllehne gestützt, und wusste nicht, was sie tun sollte. Was brachte es ihr, wenn sie sich zum Tisch quälte? Auch dort würde sie nur stehen und überlegen, wie es weiter gehen sollte.
Eigentlich hatte sie bereits verloren. Diese Erkenntnis war wie eine große Erleichterung für das Mädchen. Auch wenn es nicht das war, was sie wollte, so war es jedenfalls eine Entscheidung, mit der sie sich auseinandersetzen musste.
Es gab nichts mehr, um das sie kämpfen konnte, keinen Weg, den sie gehen durfte. Ihr Lebensweg würde hier in diesen düsteren Mauern enden, noch ehe er richtig begonnen hatte. Sie, Alanis, konnte nur noch eines tun, sich ergeben.
Als sie schwere Schritte hörte zuckte sie zusammen. Ihr Peiniger würde sie holen um sie weiter zu quälen. Nein, das wollte sie nicht. Diese Freude wollte sie ihm nicht lassen. Lieber würde sie ihrem Leben selbst ein Ende setzen. Nur – wie sollte sie das anstellen?
Vorsichtig wurde der Schlüssel im Schloss gedreht, die Türklinke langsam heruntergedrückt.
Wie paralysiert starrte Alanis auf die Tür, die sich gleich öffnen würde. In ihrem Kopf tanzten die unterschiedlichsten Gedanken, ohne einen Sinn zu ergeben. Sie wollte zurück weichen, fliehen, schreien, um sich schlagen, doch sie stand nur da und starrte die dunkle Türe an.
Ein schmaler Lichtstreif zerschnitt das Dunkel des kleinen Raumes. Eine Gestalt wurde sichtbar, die leise eintrat. Erschrocken stürmte er zu der Liege, die leer war. Dann schaute er sich suchend um.
„Du bist aufgestanden?“
Alanis versuchte, zurückzuweichen, ohne dabei die Stuhllehne los zu lassen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie den Mann an, sah ihn heute zum ersten Mal mit vollem Bewusstsein. „Was wollen Sie von mir“, fragte sie mit heiserer Stimme.
„Du bist die Falsche“, murmelte der Mann bedrückt. „Du bist schon der zweite Fehler. Du bist keine Mac Pie.“
„Ich verstehe Sie nicht.“
„Nein, das kannst du auch nicht. Du bist nicht die Tochter von Mary Mac Pie. Das ist nur deine Schwester, deshalb sieht sie meiner Barbara auch so ähnlich.“ Die Stimme des Mannes schwankte, als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
„Was wollen Sie denn von uns?“ Ein winzig kleiner Hoffnungsschimmer stieg in Alanis hoch.
„Von dir nichts. Du bleibst hier, bis deine Schwester dich suchen kommt. Dann kannst du gehen.“
„Und Melanie?“
„Sie wird an deiner Stelle sterben.“
„Dann haben Sie meine Mutter umgebracht.“
„Das war mein erster Fehler“, bekannte der Fremde betrübt. „Und wenn ich es mir überlege kann ich dich
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