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So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)

So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)

Titel: So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Schlingensief
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Welt kommt, schon verschwindet.Wenn sie Glück haben, ruft mal irgendjemand an und beschwert sich, oder ein Freund sagt, habe deinen Artikel gelesen, fand ich sehr spannend. Und das war’s.
    Dieses Argument, dass das morgen schon tot ist, zählt natürlich nicht, ich weiß. Ich kann mir auch vorstellen, dass man jetzt denkt: Ja, typisch, der Schlingensief meint wohl, er schreibt einen Artikel und die Politik fällt tot um. Das meine ich nicht. Ich meine nur, dass man die Dinge in Relation sehen muss. Irgendein Artikel wird gedruckt, gammelt abends schon irgendwo in einem Lokal herum, und der Einzige, der ihn zur Kenntnis nimmt und ausflippt, ist der Sänger, der lesen muss, dass er nicht gut war, oder der Regisseur, der wieder mal lesen muss, dass das alles total unschlüssig war.
    Ja, stimmt schon, eigentlich beschreibe ich mich selbst, ich bin selbst oft genug ausgeflippt, habe oft genug die Relation nicht beachtet. Aber egal, ich will das nicht mehr, das ist doch komplett bescheuert. Gibt doch genug Menschen, die keine Möglichkeit haben, sich lautstark zur Welt zu äußern, weder als Künstlerarsch noch als Kritikerdepp. Man kann doch wahrscheinlich auch gut ohne all das leben, vielleicht sogar besser leben.
    Und deshalb möchte ich mich damit nicht mehr konfrontieren. Ich kann das nicht mehr aushalten. Den sozialen Aspekt in meiner Arbeit hat man mir sowieso meist weggeschrieben, weil man sich in Deutschland nichts mehr traut. Weil man meint, sobald jemand etwas anders denkt, sei er schon ein Provokateur oder so. Das sind die Methoden, um hier alles plattzumachen. Das ist ein grauenhafter Haufen. Ich merke gerade, dass ich sogar Angst davor habe, mich damit zu beschäftigen, weil sie einfach Gemeinheitsfabriken sind, diese Feuilletons und Talkshows. Überall sieht man Leute, die permanent Stellung beziehen zu irgendwas und ihr Kleidchen durch die Lüfte werfen. Dabei ist keiner informiert, was der andere vorhat. Und keiner weiß wenigstens ungefähr, um welches Thema es geht und wie man darüber nachdenken könnte. Es geht nur darum, so zu tun, als würde man über etwas nachdenken. So zu tun, als hätte man sich schon maßlos mit einer Sache beschäftigt. Das sind alles Dinge, die keine Konzentration bringen. Auch ich habe mich oft aus der Konzentration bringen lassen, weil ich gedacht habe, ich könne da jetzt schnell reagieren. Natürlich kann ich verdammt schnell denken, und ich kann auch in Notsituationen schnell reagieren. Aber die wirkliche Spannung zwischen dem Leben, in dem wir uns alle aufhalten, und dem Bewusstsein, dass jede Sekunde eigentlich die letzte sein könnte – die kapiert ja keiner oder die hält keiner aus. Also findet alles unter völliger Bewusstlosigkeit statt. Ich sage immer, man kann nicht sterben, solange man bei Bewusstsein bleibt …

    Ist natürlich alles nicht wichtig. Ist vielleicht auch alles Quatsch. Jedenfalls gibt es Wichtigeres, als sich jetzt über die Medien zu echauffieren und auf irgendwelchen Leuten rumzuhacken. Ich weiß auch nicht, warum ich gerade so wütend bin. Vielleicht weil mir die Angst wieder in die Knochen kriecht und ich mich frage, wie ich die Nacht durchstehen soll. Ich komme mir vor wie nach einem Totalcrash, der einem von einer Sekunde auf die andere jegliche Freiheit raubt. Man denkt nur noch: Was ist das denn jetzt eigentlich, was passiert denn jetzt mit mir? Wenn ich rumschimpfen muss, sind das wahrscheinlich alles nur Variationen der Frage: Was ist denn da jetzt los mit mir? Die größte Freiheitsberaubung ist ja nicht das Krankenhaus, es sind auch nicht die Ärzte, in deren Hände man sich begeben muss, damit sie in einem rumsäbeln. Die Freiheitsberaubung ist schlichtweg der Moment, wo man aufwacht und immer wieder diesen Schrecken spürt. Man kann nichts dagegen machen, man wacht auf, der Schreck ist da und es gibt nur den Gedanken: Ach du Scheiße, was ist das, was ist da los in dir? Aber gut, ich habe eine Operation hinter mich gebracht und die ist gut verlaufen, ich atme ein bisschen anders, gehe etwas langsamer, aber eigentlich gibt es keinen Grund, jetzt durchzudrehen. Ist ja auch nicht so. Wann bin ich denn hier durchgedreht? Okay, an dem einen Abend habe ich Panik bekommen, weil ich nicht telefonieren konnte, weil ich mich nicht mitteilen konnte. Ich war alleine, hatte Angst und konnte mich mit meiner Geliebten nicht besprechen. Das hat mich schon sehr aufgeregt. Aber mehr ist doch nicht. Ich renne doch hier nicht ständig zu allen

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