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So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)

So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)

Titel: So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Schlingensief
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ich glaube manchmal, ich bräuchte jetzt jemanden, der mich abschirmt. Das heißt natürlich nicht, wir sperren hier alle Gänge und machen auf Bodyguard. Das heißt nur:Wenn mal ein Freund nicht auf der Liste steht, ist das vielleicht ein Versäumnis, weil das ein ganz Lieber ist, aber es ist nicht zu ändern, weil ich fertig bin.
    Finde ich alles sehr, sehr schwierig.Wie machen das denn die anderen Menschen, die krank sind? Wie kommen die denn zur Ruhe?

    Und es sind noch weitere Sachen passiert, die mich bis jetzt hier oben nicht glücklich werden lassen. Irgendwann tauchten Leo und Julian aus meinem Büro auf. Natürlich habe ich mich gefreut, sie zu sehen. Natürlich sind die toll. Aber dann kamen wir auf die Galerie in Zürich zu sprechen, die meine Sachen im Bereich Bildende Kunst vertritt. Sie erzählten mir, dass der Typ von Hauser & Wirth ihnen eigentlich gleich zu Beginn gesagt hat, die Galerie sei kein Sponsor. Sie könnten für meine Atelierwohnung zwar die Miete übernehmen oder auch einen monatlichen Fixbetrag zahlen, aber das würde dann vom Gewinn abgezogen. Diese Botschaft kenne ich schon lange. Das ist ja kalter Kaffee. Aber ich war trotzdem so enttäuscht, dass die Dinge nicht so laufen, wie ich mir das in meiner Traumfabrik vorgestellt habe; da habe ich dann Leo und Julian angebrüllt, dass sie mir diese Info ruhig schon mal früher hätten geben können, und dass sie meineWünsche bestimmt nicht deutlich genug vermittelt hätten. Total ungerecht.Aber seit ich hier oben bin, fange ich wieder an, herumzurödeln und Fragen zu stellen: Wie läuft das da und dort? Wieso kapieren die Leute nicht endlich, was ich brauche? Was macht die Internetseite? Was ist jetzt mit dem Afrika-Film auf der Berlinale?
    Tja, und da kam raus, dass »The African Twintowers« jetzt auf achtzehn Monitoren in irgendeinem Tunnel gezeigt werden soll. Die hatten mir eigentlich versprochen, dass der Film im Berlinale Palast einfach an die Wand geworfen wird, das hatte ich zumindest so verstanden. Daraus wird also jetzt irgendeine Einkaufszone, irgendwas zwischen Sony und noch wo. Keine Ahnung, wo das sein soll, ich habe noch nicht einmal ein Foto von dem Ort gesehen.
    Ich will doch nur, dass dieses Projekt endlich zu einem guten Abschluss kommt. Darum geht’s. Das ist die Hauptsache. Okay, der Film ist ein Steinbruch, besteht aus lauter Einzelteilen, die sich unterhalten, aber deswegen muss man ihn doch nicht in einem Tunnel zeigen, wo sich dann gerade mal ein paar Extravagante hin verirren. Was spricht denn dagegen, die Bilder einfach zwischen Toilette und Champagnerbar an die Wand zu werfen? Mein Name muss auch gar nicht vorkommen. Die Johanna-Inszenierung ist eine Aufgabe, die anstrengend genug ist. Die kann ich mir aber komischerweise vorstellen, die ist klar. Aber warum diese Mächte so eine Altlast wie den Afrika-Film nicht zu einem guten Ende kommen lassen wollen, verstehe ich einfach nicht.

    Ich rege mich schon wieder auf. Ich will das nicht! Wahrscheinlich ist das auch alles eine gute Idee von den Berlinale-Leuten, wahrscheinlich wird die Vorführung im Tunnel toll. Man hat nur so Angst, die Kontrolle zu verlieren. Ist ja auch so: Ich bin zurzeit raus aus dem Spiel, kann zwar noch mit überlegen und Pläne schmieden, aber die Dinge kontrollieren kann ich nicht. Stattdessen muss ich anderen vertrauen. Der Punkt ist also, ich muss lernen zu vertrauen. Und das fällt nun mal nicht so leicht.
    Denn so wie’s aussieht, passieren immer wieder komische Sachen, die mich angreifen. Ich habe heute auch erfahren, dass meine Sache hier wohl schon vorgestern in der Öffentlichkeit ausposaunt wurde. Dass ich Lungenkrebs habe, dass ich einen brutalen Eingriff von fünf Stunden hinter mir habe, dass ich echt kämpfe und dass die Zukunft mit Fragezeichen gespickt ist, das quasselt irgend so ein Dödel in der Kneipe rum. Dann kommen diese Kletten mit dem Block, der Idiot fängt an zu labern, und am nächsten Tag steht in einer blöden Boulevardzeitung: Schlingensief schwer erkrankt, Dödel macht sich große Sorgen.
    Warum kann man mir jetzt nicht einfach mal diese Krankheit überlassen? Warum muss da irgendwer, den ich seit Jahren nicht mehr gesprochen habe, überall erzählen, er mache sich große Sorgen? Warum kann ich nicht selbst bestimmen, wann und wie ich das mitteile?
    Als ich mit Aino über alle diese Sachen gesprochen habe, meinte sie, sie hätte sogar schon überlegt, ob man nicht einfach behaupten müsste, ich sei

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