So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)
komme.
Einfach still sein, einfach da sein und zuhören.
Viele solcher schönen und wichtigen Sachen hat sie gesagt. Ich kann das alles gar nicht richtig wiedergeben.War natürlich manches auch ein wenig esoterisch, aber das stört mich nicht mehr. Wichtig war, dass ich eine Atmo Frieden und Ruhe gespürt habe – vielleicht weil Patti selbst schon viele Menschen verabschieden musste. Sie habe schon so viel Krankheit und Tod miterlebt, das seien alles wichtige Kapitel in ihrem Leben gewesen, aber keins habe dem anderen auch nur annähernd geähnelt. Ich habe vor allem das Zuhören sehr, sehr genossen. Einfach still sein, einfach da sein und zuhören. Dann hat sie mit ihrer uralten Polaroidkamera noch Fotos von Aino und mir gemacht. Eins ist lustig: Da tippt mir Aino auf die Nase, und ich sehe aus wie ein Vögelchen, das in den Himmel guckt.
Irgendwann musste Patti weinen, als sie von ihrem Mann und ihrem Bruder erzählte, die beide ziemlich jung gestorben sind. Und heute bin ich wieder an einem Punkt angekommen, wo ich alles auf mich beziehe. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich Angst habe vor dem histologischen Scheiß, der morgen kommt. Denn als ich die Oberärztin heute Morgen noch mal nach meinem Krebs ausgefragt habe, sprach sie von den zwei Typen, die sie da gefunden haben. Und das habe ich missverstanden und gleich gedacht, dass es eben doch nicht nur ein Ding ist, dass man zwei auf die Reihe kriegen muss. Oh Mann, ich weiß es nicht. Ich will ja stark sein, ich will da durch. Ich werde nicht so bald sterben, das weiß ich. Ich werde jedenfalls alles dafür tun, dass ich nicht so bald sterbe.
Heute Morgen habe ich zu Professor Kaiser gesagt: »Ich danke Ihnen für diese Woche.« Ein solches Kompliment habe er in seiner ganzen Laufbahn noch nie bekommen, hat er geantwortet. Das sei für ihn unglaublich toll, dass ich so etwas sage. Und dann hat er noch hinzugefügt: »Aber ich möchte das Kompliment zurückgeben. Ohne Sie wäre das gar nicht so gelaufen. Sie haben das ganz, ganz großartig gemacht, haben sich unglaublich dis-zi-pliniert verhalten, Sie haben ganz wunderbar mitgeholfen. Da gebe ich das Kompliment sehr gerne zurück.« Diese Sätze von ihm waren sehr schön, weil sie ja beweisen, dass ich mich wirklich bemühe.
Keine Ahnung, was morgen rauskommt. Die wahnsinnig nette Oberärztin, Frau Marini, hat mich heute Abend noch angerufen, um das Missverständnis auszuräumen, um mich zu beruhigen. Der würde mir morgen bestimmt nichts Neues offenbaren, es sei heute Morgen nur darum gegangen, in Bezug auf die Nachbehandlung zu beraten. Die Hauptbehandlung habe stattgefunden, sie sei super gelaufen, jetzt müsse ich mich noch ein wenig erholen, um die Nachbehandlung in Angriff nehmen zu können, damit nichts zurückkommt. Zumindest viele Jahre nichts zurückkommt, so hat sie sich, glaube ich, ausgedrückt.
So was hoffe ich eben auch sehr.Ach, ich weiß nicht. Das Problem ist, dass ich gerade wieder anfange, mit Aino zu hadern. Einfach weil ich es so schwer ertragen kann, dass sie hier ist und dann wieder weg ist.Weil ich so verzweifelt bin und denke, wenn das die letzte Zeit ist, bevor mir alle Haare ausfallen oder was weiß ich, würde ich so gerne mit ihr noch einmal so tun, als sei alles normal. Aber es ist ja nicht normal, das wissen wir ja. Ich höre jetzt auch mal auf. Gute Nacht.
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Freitag, 8. Februar
Heute kamen also die Ergebnisse, ich war sehr, sehr aufgeregt. Meine größte Fantasieangst war, dass die Tür aufgeht, Kaiser reinkommt und sagt: »Kennen Sie schon Dr. Gummihand? Der muss noch mal Ihren Bauch angucken.« Weil ich Angst hatte, dass es im Bauchraum noch einen zweiten Herd gibt. Ist aber nicht so. Kaiser kam und sagte, es gebe keinen zweiten Herd. Und dass nur eine einzige Lymphe befallen gewesen sei, eine einzige von allen, die er rausgenommen hat. Das sei minimal, aber ich müsse deswegen trotzdem nach der Chemo noch eine Bestrahlung machen. »Das können wir in Buch oder in Steglitz machen. Da gibt es ein neues Gerät, das nur die Außenkanten von allen Seiten beschießt, und dann sind Sie so sauber wie wahrscheinlich noch nie in Ihrem Leben«, sagte Kaiser.
Und dann gab es noch eine extrem gute Nachricht.Als ich ihn gefragt habe, ob er sagen könne, wann das mit dem Krebs ungefähr angefangen habe, sprach er von drei, vier Jahren. Und obwohl er ein sehr sachlicher Mann ist, der sich nicht zu irgendetwas hinreißen lässt, fügte er noch hinzu: »Ich habe
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