So schwer, sich leicht zu fuehlen
was die Jungs so über uns sagten, und alle hatten einen Riesenspaà damit. So nahmen wir in der Schule alle auf den Arm, und ich half auch bei ihren Prüfungen unauffällig mit.
Doch so richtig gut war es mir damals doch nicht ergangen. Denn ich, damals noch moppelig, war wieder einmal nur die witzige, aufgedrehte und niedliche Déborah gewesen. Wieder einmal interessierte sich keiner der Jungs wirklich ernsthaft für mich, und wieder einmal überspielte ich meinen Frust darüber mit einem falschen Lächeln. Die zwei bestaussehenden Jungs hatten sich natürlich längst in meine hübschen, schlanken Klassenkameradinnen verliebt und nahmen diese immer auf ihren Mofas mit. Das war sozusagen dann das Höchste, was man erreichen konnte!
Ich dachte mir immer nur: âDu bist eh zu fett, das Mofa würde sich unter deinem Gewicht keinen Zentimeter mehr fortbewegen!â
Mein Schwarm in der Austauschzeit dort hieà Dimitri. Es gehörte einfach dazu, dass man sich in einen Austauschschüler verliebte. Dimitri war zwar sehr nett zu mir, doch als ich ihn knutschend mit einer schlanken Blondine erwischte, war mir klar, dass ich wohl nicht seinem Schönheitsideal entsprach.
Doch in diesem Jahr war alles anders. Ich hatte im Vergleich zu unserem letzten Aufenthalt dort so viel abgenommen, dass ich erst mal erschrockene Blicke auf mir spürte. Ich redete mir aber ein, dass sie alle nur eifersüchtig auf mich seien. Die Austauschschüler bewunderten mich tatsächlich für meine Disziplin und meine hart erkämpfte Schlankheit, doch als sie mitbekamen, dass ich nach wie vor viel zu wenig zu mir nahm, sprachen sie mich darauf an. Ständig bekam ich zu hören, dass ich zu dünn sei und unbedingt mehr essen müsse. Sie waren mir sehr wichtig, deswegen nahm ich jedes ihrer Worte sehr ernst.
Da ich selbst jeden Bezug zur Realität verloren hatte und auch nie auf die Menschen aus meinem näheren Umfeld gehört hatte, obwohl die mir dasselbe erzählten, war es ein Wunder, dass diese Franzosen auf mich solch einen groÃen Einfluss hatten und ich ihre Worte auch an mich heranlassen konnte! Wahrscheinlich war das nur so, weil ich nach dem alles entscheidenden Gebet meiner Eltern jetzt endlich wieder offen war, auf das zu hören, was mir Leute sagten, die mich wirklich mochten und mir helfen wollten.
Es war so aufregend, Dimitri wiederzusehen. Ich konnte es kaum erwarten, sein überraschtes Gesicht zu sehen, wenn er mein neues Ich erblickte! Wie ich es liebte, die verblüfften Blicke der Menschen zu sehen, die ich schon eine Weile nicht mehr getroffen hatte! Ich malte mir schon eine wunderbare Romanze mit Dimitri aus, jetzt, wo ich ihm ganz sicher gefallen würde!
Doch als es endlich soweit war, dass er vor mir stand, verpuffte mein groÃer Traum ganz schnell wieder. Nach einer sehr knappen BegrüÃung war er auch schon wieder weg. Ich war sowas von enttäuscht und wollte wissen, was mit ihm los war. Er lieà mich einfach so im Regen stehen, und ich wusste nicht mal, wieso. Völlig aufgelöst lief ich zurück zu den anderen.
Meine Austauschschülerin Céline lief ihm hinterher und fand heraus, worin das Problem lag. Die Antwort war erschreckend: âDéborah, er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Du hast ihn mit deinem Aussehen so geschockt, dass er sofort wieder weg wollte. Du bist krank, Mädchen!â
Was für ein Schlag! Ich hatte so hart gekämpft, um endlich die Figur zu haben, von der ich annahm, dass sie ihm gefiel, und dann so was! Als Dimitris Freund Julien dann anfing, mir jede Menge Aufmerksamkeit zu schenken, tat mir das sehr gut, und ich versuchte, Dimitri zu vergessen.
Doch gleichzeitig brach in mir etwas auf: Ich wollte nicht âdie Krankeâ unter ihnen sein. Vielleicht hatten sie recht; vielleicht sollte ich tatsächlich wieder normal essen. Ich hatte ja schon begonnen, mehr zu essen, doch es war ein langwieriger Prozess für mich, meinen Körper wieder annähernd an normale Portionen zu gewöhnen.
Eigentlich hatte ich allen Grund zur Freude, denn ich war sehr schlank, wie ich es mir immer gewünscht hatte, und bekam tatsächlich mehr Aufmerksamkeit als je zuvor in meinem Leben â nur leider nicht die, die ich in diesem Moment so sehr wollte. Deswegen konnte ich mich auch gar nicht darüber freuen. Was half es mir, wenn sich die halbe Stadt nach mir umdrehte, doch der Junge, den
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