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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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Krankheit zu überstehen, auch für mich!
    Meine Mutter brach vor Freude in Tränen aus. Es war ein Moment, der uns allen gezeigt hat, dass die Liebe alles möglich machen kann.
    Danach lief ich in mein Zimmer und holte die drei Tafeln Schokolade, die ich dort schon ewig „für später“ aufhob (natürlich mit dem Wissen, dass „später“ nie kommen würde!). Wie lange ich Lust auf die weiße Tafel gehabt hatte! Ich brach von jeder eine Ecke ab und lutschte sie so langsam wie möglich, um sie richtig genießen zu können. Das war zwar immer noch wenig, doch so viel hatte ich lange nicht mehr gegessen. Nach meinen Berechnungen kamen 150 Kalorien zusammen, was für meine Verhältnisse viel war. Für normale Menschen wäre das einfach ein kleiner Snack gewesen. Doch allein die Hoffnung, dass ich wieder essen würde, machte alle schon glücklich.
    Ich war so müde – nicht vom Tag, sondern von meinem Leben, und ich war es leid, jeden Tag gegen mich, meinen Körper und die anderen zu kämpfen. Ich wollte wieder am Leben teilnehmen und Spaß haben.
    Diese Nacht war für mich ein wirklich ausschlaggebender Punkt in meinem Leben! Zu sehen, wie viel ich meiner Familie bedeute und wie sehr sie mich trotz allem noch liebten – das bewirkte wirklich ein Umdenken bei mir!
    Es war für mich unglaublich schwierig, wieder mehr zu essen. Auch, weil mein Magen es überhaupt nicht mehr gewohnt war, richtige Nahrung zu sich zu nehmen. Ich hatte extrem starke Bauchschmerzen und ein ständiges Stechen in der Seite. Doch ich gab mir alle Mühe, mehr zu mir zu nehmen.
    Ich fing wieder an, mich auf die Mahlzeiten zu freuen, und feierte das Essen regelrecht. Meine Mutter kam mir entgegen und kochte leichte Kost. Ich hatte ja fast nur noch von Gemüse und Joghurt gelebt.
    Wenn wir Familienfeste hatten, die für mich immer noch Horrortage waren, dann setzte sie sich neben mich, um mir zu helfen. Wenn ich vor dem Spiegel stand und über mein immer runder werdendes Gesicht klagte, stand sofort jemand an meiner Seite und sagte mir, dass ich toll aussehe. „Déborah, wir haben dein Lächeln so vermisst. Das Lächeln, das anderen Menschen Mut schenkt!“
    Es fiel mir schwer, das zu glauben, da eine Stimme nach wie vor zu mir sagte: „Hübsch bedeutet dick!“
    Doch der Wille, wieder zu leben, war in mir erwacht, und ich hatte Hunger. Ja, ich hatte Hunger, und ich wollte nicht mehr einsam sein.
    Meinen Brüdern fiel es am schwersten, mit meiner Krankheit umzugehen. Lange hatten sie nichts gesagt, da ich ja tatsächlich dick gewesen war, als ich mit meiner Diät begonnen hatte. Und auch als ich 15 Kilo abgenommen hatte, war es noch so, dass kein Grund zur Sorge herrschte, da ich damit ja eigentlich Normalgewicht erreicht hatte. Sie freuten sich mit mir, denn sie konnten ja nicht wissen, dass ich noch viel mehr vorhatte.
    Meinem Vater war klar, dass er mich nicht loben durfte, wenn ich mal etwas mehr aß. Das bekam ich garantiert im wahrsten Sinne des Wortes in den falschen Hals und fühlte mich wie ein Vielfraß – um dann natürlich beim nächsten Mal noch weniger zu mir zu nehmen.
    Doch Schritt für Schritt, oder besser gesagt Löffel für Löffel, steigerte ich meine Nahrungsaufnahme.
    Dass das alles aber noch keine wirkliche innere Veränderung war, bemerkte zu dem Zeitpunkt niemand. Man bekommt nicht einfach aus heiterem Himmel eine Essstörung, und wenn man dann wieder isst, ist alles gut.
    Die Essstörung ist ja nur ein Symptom für Probleme, die viel tiefer liegen. Im Grunde war mein besseres Essverhalten nur „Kosmetik“ – rein äußerlich begann ich mich zu erholen, aber innendrin hatte ich noch gar nichts kapiert und litt nach wie vor, wenn mir wieder jemand sagte, dass es schön sei, dass ich zugenommen hätte.
Austauschschüler und andere Abenteuer
    In diesem Jahr kamen unsere französischen Austauschschüler uns zum zweiten Mal besuchen. Ich war so aufgeregt und konnte es kaum erwarten, sie endlich wiederzusehen!
    Meine Austauschschülerin hieß Céline und war die Coolste von allen. Als wir sie im Jahr davor in Frankreich besucht hatten, hatten wir einen Deal abgeschlossen, dass wir keinem erzählen würden, dass ich fließend Französisch spreche, da meine Mutter Französin ist. Am laufenden Band übersetzte ich den deutschen Mädels also alles,

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