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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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wunderschöne Landschaften, umwerfende Strände und hatte viele tolle Begegnungen mit Menschen. Genau das hatte ich gebraucht, um von dem Stress der letzten Zeit herunter- und wieder zu mir selbst zu kommen!
    Auch die bedingungslose Herzlichkeit meiner Gasteltern und ihre völlig andere Sichtweise von Schönheit gingen mir noch lange nach. Das war wieder ein wichtiger Mosaikstein in meinem Entwicklungsprozess gewesen. Dass hier ein ganz anderer Maßstab herrschte und dicke Leute als schön galten, machte mir mal wieder deutlich, dass Geschmack etwas total Subjektives ist und es einfach dumm war, wenn ich mich von den Ansichten anderer Leute über mich verunsichern oder runterziehen ließ.
Alle hassen Déborah
    Voller Motivation kam ich wieder zurück nach Deutschland. Doch dort konnte ich gleich üben, meine neuen Erkenntnisse praktisch anzuwenden.
    Ich musste mühsam lernen, mit verletzenden Worten richtig umzugehen und sie nicht mehr an mich ranzulassen. Das ging nicht von heute auf morgen.
    Zum Beispiel kam einmal ein Mann ins Tonstudio, der mich für eine Tour buchen wollte. Sein Kommentar war: „Okay, das machen wir, aber du musst vorher schon noch fit werden. So wie die Spice Girls .“
    Wie bitte, soll ich mich etwa wieder runterhungern wie eine Victoria Beckham? Je nach meinem Zustand und meiner Laune ist das ein Thema, bei dem ich nach wie vor sehr verletzlich sein kann. Ich dachte zwar gar nicht daran, zu tun, was dieser Mann wollte, aber kalt ließ mich das auch nicht. Ich hatte an dem Abend eine zweistündige Heimreise vor mir und weinte die gesamte Strecke. Aber ich ließ mich von seinen Worten nicht mehr dazu manipulieren, mich nun krampfhaft zu einer Diät zu zwingen, damit er zufrieden war.
    Nach einigen wunderschönen Auftritten mit einem afrikanischen Kinderchor im Rahmen einer Benefiz-Konzertreihe las ich wirklich üble Einträge im Gästebuch: „Vielen Dank für das wundervolle Konzert der Kinder. Déborah Rosenkranz jedoch war komplett fehl am Platz und hat mit ihrem Auftritt und ihren blonden Haaren nur versucht, über die Kinder ins Rampenlicht zu kommen.“ Oder ein weiterer Eintrag: „Wir wünschen Déborah, dass sie schwer krank wird und die Tour absagen muss.“ Weiter ging es mit: „Déborah Rosenkranz hat mit ihren modernen Songs die schöne Atmosphäre des Konzertes ruiniert. Wir kommen nächstes Jahr wieder, dann aber bitte ohne sie.“
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen und kapierte gar nicht, was die Leute meinten. Für mich stellte sich die Frage, ob ich die Tour nicht besser abbrechen sollte. Doch etwas in mir sagte mir, dass das nicht richtig wäre. Das Ganze war eine Benefiz-Tour, und ich konnte jetzt nicht einfach aussteigen, nur weil irgendwelche Leute mich anfeindeten.
    Nach dem nächsten Konzert waren die Gästebucheinträge noch schlimmer. Das brachte mich wirklich innerlich ins Schleudern. Hatten diese Leute vielleicht recht? Bin ich wirklich so? Dränge ich mich auf Kosten anderer ins Rampenlicht?
    Ich lag in dem fremden Hotelbett und zog die Decke über den Kopf, während ich meinen Tränen freien Lauf ließ. Kritisch hinterfragte ich die Auftritte und meine Motivation. In diesem Fall konnte ich schließlich für mich sagen, dass die Gästebuchschreiber nicht recht hatten – ich hatte bei diesen Konzerten absolut nicht daran gedacht, mich selbst dazustellen, sondern einfach Freude daran gehabt, mit den Kindern zu singen und dabei gleich noch etwas Gutes für sie zu bewirken.
    Auch wenn die gemeinen Gästebucheinträge mir immer noch wehtaten, merkte ich an dieser Episode, dass ich mich innerlich verändert hatte. Es war keineswegs so, dass mir das Ganze nichts ausmachte, aber ich konnte die Kritik an mir jetzt einigermaßen objektiv betrachten und fühlte mich zwar ungerecht behandelt, aber nicht mehr total aus der Bahn geworfen.
    Ich war total gerührt, als die Kinder mir beim Tour-Ende unter Tränen auf Wiedersehen sagten. Eines der Mädchen hielt mich sehr lange fest und sagte dann: „Kannst du mir helfen? Ich bin so fett und hässlich. Nach dem Essen stecke ich mir den Finger in den Hals ...“
    So wurde die Tour im Nachhinein ein voller Erfolg auf menschlicher Ebene. Zu einigen behielt ich Kontakt. Dem essgestörten Mädchen konnte ich per E-Mail helfen und sie ermutigen. Wenn die Essstörung schon Afrika erreicht

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