So sinnlich wie dein Kuss
atmete tief durch und versuchte sich Mut zu machen, zu Cynthia hinunterzugehen. Aber nein, alles Atmen half nichts. Dieser Situation ließ sich nichts Gutes abgewinnen. Als sie den Salon betrat, spürte sie, wie sich ihr der Magen zusammenzog. Cynthia saß mit einem Glas Wein in der Hand auf einem der Sofas und sah sie abschätzig an.
„Ich muss hier einiges verändern“, bemerkte sie. „Charles hat sich nicht wirklich um den Besitz gekümmert.“
Das stimmte nicht! Ganz im Gegenteil, er hatte ihrer Mutter ausdrücklich freie Hand gelassen, was Renovierungen und Umgestaltungen betraf.
„Es ist ein Zuhause“, sagte sie vorsichtig. „Charles wollte, dass wir uns hier wohlfühlen.“
„Und das habt ihr, da bin ich mir sicher. Ich nehme an, es war um Welten besser als das, was du und deine Mutter gewohnt wart. Wie geht es denn der lieben Donna?“
„Sie ist vor ein paar Jahren gestorben“, antwortete Anna unbehaglich. Cynthia war ganz sicher niemals lieb zu Donna Garrick gewesen!
„Das tut mir aber leid.“ Sie nippte an ihrem Glas. „Und du bist immer noch hier? Warum das denn?“
„Charles sagt, ich darf mich hier zu Hause fühlen, solange ich will.“
„Aber leider hat er hier jetzt nichts mehr zu sagen.“ Mit dem Ausdruck falschen Bedauerns schüttelte Cynthia den Kopf. „Ich schlage vor, du siehst dich nach einem anderen gemütlichen Zuhause um. Wobei … so gemütlich wie hier bei Charles wirst du es nicht mehr haben.“
„Ich glaube nicht, dass es dir zusteht, so zu reden“, sagte Anna wütend. „Judd würde nicht im Traum daran denken, mich hinauszuwerfen.“
„Ah, das Kätzchen zeigt seine Krallen! Wie süß.“ Cynthia lachte gehässig. „Wenn du seine Pläne kennen würdest, würdest du dich darauf wohl kaum verlassen. Überleg doch mal, was er in Adelaide alles hat. Was also kann er hier wollen – außer Rache?“
Sie trank noch einen Schluck Wein.
„Du siehst ja ganz erschrocken aus, meine Liebe! Anscheinend ist Judd mit dir ins Bett gegangen und du hast dich in ihn verliebt. Du Arme!“ Mit gespielter Anteilnahme schüttelte sie den Kopf. „Weißt du, er benutzt dich nur. Er gleicht in vielen Dingen seinem Vater. Heiraten wird er dich nicht. Glaubst du wirklich, dir würde es anders ergehen als deiner Mutter? Mein Sohn wird dich auffordern zu gehen, das kannst du mir glauben. Willst du nicht dein Gesicht wahren und freiwillig ausziehen?“
Anna taumelte wie unter einem körperlichen Schlag. „Das würde Judd nie tun“, sagte sie steif.
Oder doch? Sie grub die Fingernägel in die Handfläche, aber der Schmerz in ihrem Herzen war weitaus heftiger. Im Grunde wusste sie von Judd Wilson nur, was er von sich preisgegeben hatte. Und ja, er war ein entschlossener Mann mit großen Zielen, die er konsequent verfolgte. Hatte Cynthia also recht, benutzte Judd sie nur?
Nein, das durfte nicht sein. So war Judd nicht. Sie liebte ihn und er liebte sie … oder etwa nicht?
Sie spürte eine Gänsehaut am ganzen Körper. Was, wenn es doch stimmte?
Cynthia hatte Annas größte Angst in Worte gefasst: Dass Judd ihre Liebe nicht erwidern könnte.
10. KAPITEL
Judd fühlte sich müde, als er aus dem Auto ausstieg und die Stufen zum Haus emporging. Komisch, dass es ihm schon nach so kurzer Zeit wie ein echtes Zuhause erschien. Vielleicht lag es an der Frau, die drinnen auf ihn wartete…
Oh, Anna! Sicher war sie schon gespannt, wie es Charles ging.
Manchmal kam er sich wie ein Heuchler vor, wenn er ihn im Krankenhaus besuchte. An diesem Tag hatte sich das Befinden seines Vaters leider weiter verschlechtert. Und selbst in bewusstlosem Zustand gab Charles keinen guten Patienten ab. Aber die Gegenwart seines Sohnes schien ihn irgendwie zu beruhigen.
Seufzend dachte Judd an den Tag zurück.
Er hatte mehrfach mit sich gerungen, ob er tatsächlich seine Anteile Nate Hunter verkaufen sollte. Aber nachdem sein Vater Nicole selbst im Krankenhaus hartherzig weggestoßen hatte, war er schließlich zu dem Schluss gekommen, seine Rache durchzuziehen. Also musste er Nate irgendwie erreichen, aber der Mann war nicht greifbar. Zumindest im Moment nicht.
Die entsprechenden Papiere befanden sich in Judds Aktentasche. Im Büro hatte er sie nicht lassen wollen, damit Anna nicht so kurz vor dem Ziel seinen Plänen auf die Spur kam. Alles musste stimmen, damit es klappte. Natürlich würde sie darüber nicht glücklich sein, und er konnte nur hoffen, dass ihre Beziehung dadurch keinen Schaden nahm, denn
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