So soll er sterben
seufzte. »Es gibt keine.«
»Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher. War das alles?«
»Fürs Erste ja«, antwortete Rebus. Die Verbindung war bereits beendet, bevor er das letzte Wort ausgesprochen hatte. Rebus starrte sein Handy an, gelangte aber zu dem Schluss, dass es wenig Sinn hatte, den Mann weiter zu nerven. Schließlich hatte er seine Auskunft bekommen.
Er wusste nur nicht recht, ob er ihr Glauben schenken sollte.
»Höchst ungewöhnlich«, sagte die Frau im Studentensekretariat, und das nicht zum ersten Mal. Sie hatte Rebus durch einen Innenhof zu einem anderen Büroflügel des Old College geführt. Rebus glaubte sich zu erinnern, dass dies früher die medizinische Fakultät gewesen war, wo Grabräuber ihre Beute an wissbegierige Anatomen verkauft hatten. Und war nicht auch der Serienmörder William Burke nach seiner Hinrichtung in diesen Räumen obduziert worden? Er beging den Fehler, seine Begleiterin danach zu fragen. Sie schaute ihn über ihre halbmondförmigen Brillengläser hinweg an. Falls sie ihn für aufregend hielt, wusste sie das gut zu verbergen.
»Damit kenne ich mich nicht aus«, erwiderte sie mit trillernder Stimme. Sie hatte einen zügigen Gang, obwohl sie nur sehr kleine Schritte machte. Rebus schätzte sie ungefähr auf sein Alter, fand es aber schwer, sich diese Frau in jüngeren Jahren vorzustellen. »Höchst eigenartig«, murmelte sie wie zu sich selbst – eine deutliche Erweiterung ihres Vokabulars.
»Ich bin für jede Hilfe dankbar.« Den gleichen Satz hatte er schon zu Anfang ihres Gesprächs verwendet. Sie hatte ihm aufmerksam zugehört und dann jemanden angerufen, der auf der Verwaltungsleiter eine Stufe höher stand als sie. Die Erlaubnis war erteilt worden, jedoch nur unter Vorbehalt: Persönliche Daten waren vertraulich. Es bedurfte eines schriftlichen Antrags, eines persönlichen Gesprächs und eines guten Grundes, bevor derlei Daten weitergegeben werden konnten.
Rebus hatte sich mit den Bedingungen einverstanden erklärt und hinzugefügt, dass seine Anfrage ohnehin hinfällig wäre, sollte sich herausstellen, dass keine senegalesischen Studenten an der Universität eingeschrieben waren.
Daraufhin hatte Mrs. Scrimgour sich einverstanden erklärt, die Datenbank zu durchforsten.
»Sie hätten auch in meinem Büro warten können«, sagte sie jetzt. Rebus nickte schweigend, als sie durch eine offen stehende Tür in ein Büro traten, in dem eine jüngere Frau vor einem Computer saß. »Ich muss Sie kurz ablösen, Nancy«, erklärte Mrs. Scrimgour und brachte es fertig, den Satz eher wie einen Tadel denn wie eine Bitte klingen zu lassen. Nancy hatte es so eilig, der Aufforderung nachzukommen, dass sie beim Aufstehen fast ihren Stuhl umstieß. Mrs. Scrimgour dirigierte Rebus mit einer Kopfbewegung auf die andere Seite des Schreibtisches, von wo er nicht auf den Bildschirm sehen konnte. Er gehorchte, lehnte sich aber mit den Ellbogen auf die Tischplatte, die Augen auf einer Höhe mit denen von Mrs. Scrimgour. Sie zog die Stirn in Falten, woraufhin Rebus sie anlächelte.
»Ist was?«, fragte er.
Sie tippte auf der Tastatur herum. »Afrika ist in fünf Zonen gegliedert«, teilte sie ihm mit.
»Senegal liegt im Nordwesten.«
Sie sah ihn an. »Norden oder Westen?«
»Eins von beiden«, sagte er mit einem Achselzucken. Sie rümpfte leicht die Nase und tippte weiter. Dann hielt sie inne, die Hand auf der Maus.
»Nun«, sagte sie, »wir haben genau eine Person aus dem Senegal an unserer Universität. Damit wäre das ja geklärt.«
»Aber den Namen und die Anschrift werden Sie mir nicht verraten?«
»Nicht ohne das besprochene Verfahren.«
»Das nur dazu dient, noch mehr Zeit zu verschwenden.«
»Es ist dies die ordnungsgemäße Verfahrensweise«, betete sie herunter, »entsprechend den gesetzlichen Vorschriften, falls ich Sie daran erinnern muss.«
Rebus nickte bedächtig. Er brachte sein Gesicht dicht vor ihres. Sie schob ihren Stuhl zurück.
»Nun«, sagte sie, »mehr können wir heute wohl nicht tun.«
»Und es wäre nicht vielleicht denkbar, dass Sie die Seite aus Versehen geöffnet lassen, wenn Sie gehen…«
»Ich glaube, Inspector, wir beide kennen die Antwort auf diese Frage.« Sprach’s und klickte zweimal mit der Maus. Rebus wusste, dass die Informationen verschwunden waren, doch das machte ihm wenig Sorgen. Er hatte genug gesehen: Der Bildschirm hatte sich in ihren Brillengläsern gespiegelt. Das Foto einer lächelnden jungen Frau mit dunklen Locken. Er war
Weitere Kostenlose Bücher