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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Nachbarschaft einziehen. Manchmal braucht man bloß, so wie ich, einen englischen Akzent zu haben, und schon kriegt man Probleme.«
    »Das ist was anderes. Es gibt, historisch gesehen, viele gute Gründe für einen Schotten, die Engländer zu hassen.«
    »Und natürlich auch umgekehrt.«
    Sie waren am anderen Ende des Verbindungsgangs angekommen. Hier blickten sie auf mehrere viergeschossige Wohnblocks und daneben ein paar Reihenhauszeilen.
    »Die Reihenhäuser sind für Rentner gebaut worden«, erläuterte Rebus. »Hatte irgendwas damit zu tun, dass sie weiterhin am Gemeinschaftsleben teilhaben sollten.«
    »Nice Dream, um mit Thom Yorke zu sprechen.«
    Genau das war Knoxland: ein schöner Traum. In anderen Gegenden der Stadt gab es noch etliche andere. Die Architekten waren damals so stolz auf ihre Bebauungspläne und Modelle. Denn wer entwirft schon absichtlich ein Ghetto?
    »Wieso Knoxland?«, fragte Siobhan. »Die Siedlung ist doch nicht etwa nach John Knox, dem Calvinisten benannt, oder?«
    »Wohl kaum. Knox wollte Schottland in ein neues Jerusalem verwandeln. Ich bezweifle, dass Knoxland die Kriterien dafür erfüllt.«
    »Ich weißüber ihn bloß, dass er keine Statuen in der Kirche haben wollte und Frauen nicht besonders leiden konnte.«
    »Er wollte auch nicht, dass sich Menschen amüsieren. Zu seiner Zeit erwarteten die Schuldigen Tauchstühle und Hexenprozesse…« Rebus legte eine Kunstpause ein. »Er hatte also auch seine guten Seiten.«
    Rebus wusste nicht, wohin sie gingen. Siobhan wirkte voll nervöser Energie, die sie irgendwie loswerden musste. Sie hatte kehrtgemacht und lief jetzt auf eines der Hochhäuser zu.
    »Wollen wir?«, sagte sie und versuchte, die Eingangstür zu öffnen. Aber sie war verschlossen.
    »Eine Maßnahme aus jüngster Zeit«, erklärte Rebus. »Es wurden auch Überwachungskameras neben den Fahrstühlen angebracht. Um Vandalen fern zu halten.«
    »Überwachungskameras?« Siobhan beobachtete, wie Rebus eine vierstellige Zahlenkombination in das Tastenfeld an der Tür eingab. Er schüttelte als Reaktion auf ihre Frage den Kopf.
    »Sind leider nicht eingeschaltet. Die Stadtverwaltung hat kein Geld für einen Menschen, der sie in Betrieb hält.« Er zog die Tür auf. In der Eingangshalle gab es zwei Fahrstühle. Beide funktionierten, also erfüllte das Tastenfeld offenbar seinen Zweck.
    »Oberste Etage«, sagte Siobhan, als sie in den linken der beiden Fahrstühle einstiegen. Rebus drückte auf den Knopf, und die Türen schlossen sich ruckelnd.
    »Und nun zu Ihrer Geschichte….«, sagte Rebus. Also erzählte sie ihm, worum es ging. Das dauerte nicht lange. Als sie fertig war, befanden sie sich auf einem der Laufgänge und lehnten sich auf die niedrige Brüstung. Es wehte ein böiger Wind. In nordöstlicher und östlicher Richtung blickte man stadteinwärts bis zum Corstorphine Hill und nach Craiglockhart.
    »Sehen Sie nur, wie viel Platz ringsum ist. »Warum hat man nicht lauter kleine Häuser errichtet?«
    »Wie bitte? Das hätte doch bedeutet, auf das Gemeinschaftsleben zu verzichten.« Rebus wandte sich ihr zu.
    »Wollen Sie Cruikshank zum Verhör vorladen?«, fragte er. »Ich könnte ihn festhalten, und Sie verpassen ihm eine ordentliche Abreibung.«
    »Die guten alten Polizeimethoden, was?«
    »Ich finde die Vorstellung immer sehr anregend.«
    »Das ist nicht nötig. Ich habe ihm schon eine verpasst… hier drin.« Sie klopfte gegen ihren Kopf. »Aber danke für das Angebot.«
    Rebus zuckte die Achseln, wandte sich ab und betrachtete die Aussicht. »Das Mädchen wird zurückkommen, wenn sie es will.«
    »Ich weiß.«
    »Rein juristisch ist sie gar keine vermisste Person.«
    »Sie haben doch auch schon Freunden einen Gefallen erwiesen.«
    »Da ist was dran«, gab Rebus zu. »Aber rechnen Sie nicht mit einem Erfolgserlebnis.«
    »Keine Sorge.« Sie deutete auf das Hochhaus, das schräg gegenüber desjenigen stand, in dem sie sich gerade befanden. »Was sehen Sie?«
    »Nichts, was ich nicht für den Preis eines Biers abfackeln würde.«
    »Kaum Schmierereien. Ich meine, verglichen mit den anderen Häusern.«
    Rebus schaute hinunter zum Erdgeschoss. Es stimmte: Bei diesem Haus war der Rauputz sauberer als bei den anderen. »Das ist Stevenson House. Vielleicht hat jemand in der Stadtverwaltung schöne Erinnerungen an die Lektüre der
Schatzinsel
. Wenn wir nächstes Mal ein Strafmandat bezahlen, wird das Geld garantiert als Anzahlung auf einen weiteren Kübel Farbe verwendet.«

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