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So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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würden.«
    Die Gräfin lächelte nur und ließ sich tiefer in die Kissen sinken. »Sie kennen den Namen nicht, oder?«
    Mina zögerte. »Sollte ich?«
    »Kleopatra und Mark Anton waren unsere Eltern.« Sie drehte das Kinn über die Schulter. »Sehen Sie die Ähnlichkeit? Natürlich mit den freundlicheren Abbildungen. Mark kommt mehr nach unserem Vater.«
    Mina schluckte ihre Ungläubigkeit herunter. Wenn Selenes Offenbarung der Wahrheit entsprach, dann war Mark neunzehn Jahrhunderte alt.
    Trotzdem schüttelte sie den Kopf. Dies war einfach nicht richtig. »Bitte, hören Sie auf. Ich denke, ich sollte all das von ihm erfahren. Wann immer er dazu bereit ist.«
    »Er wird niemals bereit sein.« Selene untersuchte einen Fingernagel.
    »Das liegt bei ihm.«
    »Sie kennen die Geschichte, und ja, wir waren dabei. Unsere Mutter erachtete es als eine Ehre für uns, ihrem Selbstmord beizuwohnen.«
    Selenes Offenbarung raubte Mina die Luft und jedes vernünftige Argument. »Das ist … schrecklich.«
    Selene zuckte die Achseln. Ihre seidenen Röcke reflektierten den warmen Schimmer des Gaslichts. »Intrigen. Verrat. Politische Morde. Das waren die Eckpfeiler unserer Familie – wenn man das, was wir hatten, überhaupt als Familie bezeichnen konnte.« Obwohl die Gräfin ihre Pose der ungezwungenen Trägheit beibehielt, glitzerten ihre Augen so schwarz und hart wie Onyx. »Wir waren zehn Jahre alt. Noch keine Amaranthiner. Sie hatte die Macht, verstehen Sie. Sie hätte sich unsterblich machen können. Als sich Octavian mit seiner Armee Alexandria näherte, haben die Ahnherren ihr die Macht gewährt, es zu tun. Aber sobald sie von Mark Antons Tod erfuhr … verlor sie den Verstand. Tobte und schrie. Sie hat stattdessen Mark und mich unsterblich gemacht.«
    »Um Sie vor Octavian zu retten?«
    Selene verdrehte die Augen. »Ganz und gar nicht. Wir sollten ihre Waffen sein, ihre trojanischen Pferde nach ihrem Tod, wenn Sie so wollen. Sie hat uns das Versprechen abgenommen, für sie Rache an Octavian zu nehmen.«
    Sie bewegte sich und rückte den Samtbeutel an ihrer Taille zurecht.
    »Was ist dann passiert?«
    Ein gewisses Maß an schlechtem Gewissen begleitete die Frage. Sie sollte überhaupt nichts fragen; sollte nicht so neugierig sein. Nicht, solange diese Enthüllungen von Selene kamen.
    Selene sah sich im Raum um. »Haben Sie irgendwelche Bücher?«
    »Nicht hier. Es tut mir leid.«
    Irritiert rümpfte sie die geschwungene Nase. »Nun denn … um zu verstehen, müssen Sie wissen, dass Kinder, wenn ihnen Unsterblichkeit gewährt wird, bereits im reifen Alter sein müssen – das Alter, in dem sie physisch und geistig am stärksten sind. Also ja, wir hatten jahrelang Unsterblichkeit im Blut, aber keine der damit verbundenen Kräfte. Wir waren Octavian hilflos ausgeliefert. Wir wurden seine Kriegsbeute – wie Kleopatra es befürchtet hatte. Octavian brachte uns nach Rom zurück.« Ihre Stimme klang jetzt gedämpft. »Er hat uns in Goldketten fesseln lassen, die so schwer waren, dass wir kaum gehen konnten, und er hat uns in einer Parade durch die Straßen führen lassen. Die Bürger jubelten. Warfen ranzigen Müll nach uns und Schlimmeres.«
    »Mark hat Narben …«
    Selene zog die Manschette ihres Ärmels hoch, hob ihr Handgelenk und offenbarte Narben, die identisch mit denen von Mark waren. »Als letzte Beleidigung überantwortete Octavian uns der Fürsorge seiner Schwester – eben jener Ehefrau, die unser Vater verlassen hatte, um sich mit unserer Mutter einzulassen. Wie Sie sich vorstellen können, hat das nicht gerade für eine angenehme Erziehung gesorgt.«
    »Das tut mir so leid«, flüsterte Mina.
    Eine dunkle Braue fuhr in die Höhe. »Bedauern Sie mich nicht, kleines Mädchen. Und gewiss brauchen Sie ihn nicht zu bedauern. Die Erfahrung hat uns nur härter gemacht. Skrupelloser. Entschlossener, einen Pfad zu unserer eigenen Legende freizusprengen, statt eine Fußnote in der Geschichte des Untergangs unserer Eltern zu werden – was meiner persönlichen Meinung nach außerordentlich feige gewesen wäre. Das ist der Grund, warum die Ahnherren auf uns als passende Kandidaten für die Garde der Schattenwächter aufmerksam wurden.« Ihre Augen wurden schmal. »Rückblickend würde ich nichts ändern wollen.«
    »Warum haben Sie mir all das erzählt?«
    »Sagen Sie mir die Antwort.«
    »Um mir zu helfen, ihn besser zu verstehen?«
    »Keine Violinen.« Selene hob eine Hand und stieß ein bissiges Lachen aus. »Falsch.«
    Hitze

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