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So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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kannst dir sicher sein, dass ich nicht beabsichtige, diese Transzendierung jemals bis zum Ende fortschreiten zu lassen. Du wirst für eine recht lange Zeit mit mir zusammen sein können. Denn ich werde das Spiel gewinnen.« Seine Augen glühten vor Inbrunst. »Trotz allem, was geschehen ist, war ich mir nie sicherer.«
    Mina runzelte verdrossen die Stirn und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Stapel von Telegrammen und Visitenkarten. Sie stellte fest, dass es zum Teil Glückwünsche zu ihrer Hochzeit waren, zum Teil Mitleidsbekundungen zum Tod ihrer Tante. Und wieder eine Karte von Mr. Matthews. Bei der nächsten Karte im Stapel hielt sie inne.
    Ihr Herz vollführte kleine Sätze. »Oh, Mark. Sieh dir das an.«
    »Was ist es?«
    Sie hielt es hoch. »Die Karte ist von Leutnant Maskelyne. Er muss zum Hotel gekommen sein und sie abgegeben haben. Auf die Rückseite hat er die Adresse einer Pension geschrieben.«
    Mark ergriff die Karte und betrachtete die hingekritzelten Worte. »Zieh dich an, Liebste.«
    Binnen einer Stunde stiegen sie vor einem in die Jahre gekommenen, dreistöckigen Haus aus einem Hansom. Das Haus unterschied sich durch seinen leuchtend grünen Anstrich von den anderen Gebäuden in der schmalen Straße. Mark bezahlte den Kutscher dafür, dass er auf sie wartete. Als sie in einen dunklen Korridor eintauchten, begutachtete Mina die abblätternde Tapete. »Maskelyne kann ziemlich snobistisch sein. Dieses Haus entspricht ganz und gar nicht seinen Maßstäben. Entweder muss er sich verstecken, oder ihm ist das Geld ausgegangen.«
    Mark betrachtete die Türen. »Welches war noch mal die Zimmernummer?«
    Sie schaute auf die Karte. »C2.«
    »Das ist sie.« Er hob die Hand, um zu klopfen. Mina hielt ihn davon ab.
    »Mark …«
    »Was ist los?«
    Sie sah unter der Krempe ihres Huts hervor und musterte ihn. »Nun … es ist einfach so, dass er wütend sein könnte.«
    »Weswegen?«
    Sie verzog die Lippen. »Wegen vieler Dinge.«
    »Es schert mich nicht, was mit ihm los ist, solange er uns verrät, wo sich dein Vater aufhält.« Er klopfte mit den Knöcheln gegen das Holz. Dann lehnte er sich an den Türrahmen und dachte, es sei das Beste, den Mann zuerst ein vertrautes Gesicht sehen zu lassen.
    Der Messingtürknauf wurde gedreht. Knarrend öffnete sich die Tür.
    Eine leise Männerstimme murmelte: »Willomina.«
    Angesichts des intimen Tonfalls runzelte Mark finster die Stirn.
    Mina, die ins Zimmer spähte, lächelte kurz. »Phil…«
    Hände packten sie um die Taille und zerrten sie ins Innere.
    »Philander, warten Sie …«
    Die Tür schwang beinah wieder zu. Mit seiner flachen Hand verhinderte Mark es im letzten Augenblick und drängte sich hinter Mina ins Zimmer. Dort stand er von Angesicht zu Angesicht dem Mann gegenüber, den er tags zuvor auf der Straße vor Traffords Haus gesehen hatte. Nur trug der Kerl statt eines Anzugs und Huts jetzt Leinenhosen und ein weißes Unterhemd. Sehnige Muskeln zogen sich über seine Schultern, die Arme und den Hals. Sein dunkles Haar war militärisch kurz geschnitten, eine Frisur, die die maskuline Kantigkeit seines Kopfs betonte. Obwohl der Mann größer war als viele andere, überragte Mark ihn um einige Zentimeter. Trotzdem … er musste einräumen, dass Philander Maskelyne beunruhigend gut aussah.
    Beunruhigend war auch, wie er Mina anstarrte.
    Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Mark die Hände des Mannes, der fortfuhr, seine Frau zu berühren. Brenne. Brenne. Brenne.
    Abrupt riss der Leutnant die Hände weg, starrte auf die Innenflächen und blinzelte ungläubig. Sein Blick wanderte zwischen Mark und Mina hin und her, die Lippen zu einem höhnischen Grinsen verzogen. »Also, das ist er? Ihr reicher Viscount?«
    Minas Gesicht verlor jeden Ausdruck. Offensichtlich verblüffte sie seine schroff formulierte Begrüßung.
    »Ich habe Sie gestern vor dem Haus meines Onkels auf der Straße gesehen. Ich bin so erleichtert, Sie sicher hier in England zu wissen.«
    »Sicher?« Er lachte schneidend. »Dank Ihres Vaters bin ich zur Zielscheibe geworden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bevor diese wahnsinnigen Unsterblichkeitsfanatiker mich finden. Erwarten Sie nicht auch noch von mir, dass ich ihn decke. Ich würde ihn jederzeit verraten. Der Schuft hat mich um neunhundert Pfund betrogen.«
    Zeitungen übersäten den Schreibtisch. Sorgfältig zu einem Rechteck gefaltet, lag obenauf der Artikel über ihre Hochzeit und ihre Flitterwochen. Da waren außerdem zwei Pistolen

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