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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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brannte in ihren Augen, und die Musik setzte ihrem Trommelfell zu. Unter den Sohlen ihrer geliehenen Stiefel fühlte sich der Boden klebrig an. Sie sah, dass ein Teil der Wand mit Graffiti bedeckt war.
Tod. Wolfsrudel. Nr. 18
. Na toll. Sie befanden sich mitten in einem Bandentreffpunkt.
    Ein großer Latino näherte sich einem Mann, der gerade mit einem dunkelhaarigen Mädchen sprach. Der Latino trug ein Muskelshirt, sein schwarzes Haar war nach hinten gekämmt, und er hatte einen dunklen Schnurrbart in seinem pockennarbigen Gesicht. Seine Arme waren voller Tätowierungen, die alle die Zahl 18 enthielten.
    Der Latino schubste den Mann, der sich rasch wieder fing und mit einem Faustschlag reagierte. Innerhalb weniger Sekunden entbrannte ein wilder Kampf. Die Menschen in der Bar johlten. Aus dem Nichts kam ein hünenhafter Mann und trennte die beiden. Das Shirt des Latinos war blutverschmiert, und der andere hatte über der Schläfe eine tiefe Schramme. Buhrufe ertönten, die Leute waren enttäuscht, weil die Show vorbei war. Der Türsteher warf die beiden Männer hinaus.
    Angie blickte zurück zur Theke und merkte, dass sie Eva aus den Augen verloren hatte. Suchend sah sie sich in der Menge um, fand sie aber nicht. Was sollte sie denn jetzt machen? Einfach warten, bis Eva wiederkam? Garrison anrufen?
    Angie strich sich das Haar aus dem Gesicht. Sie würde an die Bar gehen, sich etwas zu trinken bestellen und nach Eva Ausschau halten. Wenn sie sie nicht innerhalb von fünf Minuten fand, würde sie stärkere Geschütze auffahren.
    Lulu erwachte vom Geräusch fließenden Wassers und einem Gestank, bei dem sich ihr der Magen umdrehte. Ihr war schwindelig, und einen Moment lang fragte sie sich, was sie sich selbst angetan hatte. Scheiße. Sie hatte etwas genommen. Sie hatte die Chance vermasselt, David zurückzubekommen.
    Doch noch während die Selbstvorwürfe in ihrem Kopf hämmerten, meldete sich ganz leise eine vernünftige Stimme. Sie hatte nichts genommen. Sie war in Versuchung gewesen. Sehr sogar. Aber am Ende hatte sie auf die Droge verzichtet, zittrig, aber entschlossen.
    Wo zum Teufel war sie also?
    Sie setzte sich auf und blickte sich in dem Kellerraum nach etwas Vertrautem um. Der Boden bestand ebenso wie die Wände aus Backstein. Am anderen Ende des Raums führte eine Holztreppe zu einer verschlossenen Tür hinauf. Hinter ihr befanden sich eine Werkbank und ein Bottich.
    Sie presste die Hand vor Mund und Nase und atmete schnell und flach, um den Gestank abzumildern. »Herrgott, ich bin in einem Plumpsklo gelandet.«
    Aber »Scheiße« war nicht das richtige Wort für diesen Gestank.
    Es war keine Scheiße.
    Es war Tod.
    Verfaulendes Fleisch.
    Sie schwang die Beine von dem Metalltisch, auf dem sie saß, und durchforstete ihr Gedächtnis. Sie hatte in der Gasse gestanden. Sie hatte Nein gesagt. Sie hatte zur Arbeit zurückkehren wollen. Und dann hatte sie die Hand auf ihrem Arm und den Stich einer Nadel gespürt. Ihr war schwarz vor Augen geworden.
    Sie schlang die Arme um ihren Körper, und sofort wanderten ihre Gedanken von ihrer jetzigen Lage zu dem Gerichtstermin. Wie spät war es? War der Termin schon vorbei, oder war er immer noch erst morgen?
    Ihr Herz schlug schnell und hart. »Ich muss hier raus. Ich muss zum Gericht.«
    Die Worte wurden von den Wänden zurückgeworfen, und im Widerhall klangen sie so zaghaft und erbärmlich.
    »Hey, das ist mein Ernst. Ich muss hier weg. Ich habe ein Kind. Einen kleinen Jungen. Ich habe einen Gerichtstermin.«
    Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie ließ sich vom Tisch hinunter, und ihre nackten Füße berührten kalten, nassen Stein. Sie musste hier weg. Sie musste herausfinden, wie spät es war, und zum Gerichtsgebäude gehen.
    Sie taumelte auf die Treppe zu, glitt auf dem unebenen Stein aus und stürzte zu Boden. »Lassen Sie mich hier raus! Sie verstehen das nicht. Ich habe mich geändert. Ich mache diese ekligen Sachen nicht mehr.«
    Aus einer dunklen Ecke erklang ein leises Lachen. Panik stieg in ihr hoch, und ein eiskalter Schauer kroch ihr über den Rücken.
    »Das ist nicht witzig! Ich muss ins Gericht. Ich habe eine Anwältin. Ich habe eine Chance. Diese abgefahrenen Sachen mache ich nicht mehr.«
    »Vielleicht könntest du sie doch noch ein Mal für mich machen. Um der alten Zeiten willen.«

14
    Donnerstag, 6. Oktober, 23:00 Uhr
    Malcolm hatte hinten in der Bar gestanden und zugesehen, wie die beiden Latinos kämpften. Der eine war rückwärts getaumelt

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