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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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gelandet.«
    »Du warst doch unschuldig.«
    »Meinst du, das kümmert die Leute? Ich war im Gefängnis und mit üblen Leuten zusammen. Das macht mich zu einer Aussätzigen.«
    »Du bist nicht aussätzig, Eva.«
    »Sei nicht so naiv, Angie. Die zehn Jahre im Gefängnis haben mich verändert, und ob es dir gefällt oder nicht, sie werden mein Leben für immer überschatten. Daran ist nichts zu ändern, egal, wie oft ich versuche, mir etwas vorzumachen.«
    Überrascht angesichts der Verbitterung in Evas Stimme, sah Angie ihre Schwester an. »Was soll das? Du sorgst dich doch nie wegen der Vergangenheit.«
    »Ich sorge mich wegen einer Menge Dinge.« Eva lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Angie war sich nicht sicher, was ihr zuerst ins Auge sprang: Evas vollere Wangen, die rosige Gesichtsfarbe oder die auf einmal größeren Brüste.
    Angie erkannte die Zeichen, denn sie hatte davon gelesen und mit der Tatsache gehadert, dass sie sie nie erleben würde. »Du bist schwanger.«
    Eva warf ihr einen scharfen Blick zu. »Bin ich nicht.«
    In der Bar hatte Angie sich fremd gefühlt, doch jetzt befand sie sich wieder auf sicherem Terrain. »Wusstest du, dass du beim Lügen immer noch die Augenbrauen zusammenziehst? Genau wie früher, wenn du meine Schminksachen benutzt und es geleugnet hast.«
    Eva schloss die Augen. »Ich will nicht darüber reden.«
    »Falls du dich zurückhältst, um mich zu schonen – lass es. Dass ich keine Kinder bekommen kann, sollte bei so etwas keine Rolle spielen.« Als Eva nicht antwortete, bohrte Angie weiter. Sie war nicht gewillt, das Thema fallen zu lassen. »Hast du es Garrison gesagt?«
    Ein langes, bedrücktes Schweigen folgte. »Nein.«
    Das kleine Wörtchen bestätigte die Schwangerschaft, und sofort stürmten widerstrebende Gefühle auf Angie ein: Freude für ihre Schwester und dann, gleich darauf, tiefe Traurigkeit. Eine Weile fuhr sie durch die Straßen, wechselte die Fahrbahnen, bog an Kreuzungen ab. Erst, als sie ihre Gefühle ausreichend unter Kontrolle hatte, sprach sie wieder. »Warum hast du es ihm nicht gesagt? Er ist verrückt nach dir.«
    »Ein Kind war nicht gerade geplant.«
    »Umso mehr Grund, mit ihm zu sprechen.«
    »Ja.« Eva fluchte leise und zupfte einen losen Faden von ihrem Ärmel. »Er hat mir gesagt, dass er keine Kinder will. Er hat miterlebt, wie seine Schwester an Mukoviszidose gestorben ist, und er will die Krankheit nicht an sein Kind vererben.«
    »Ein hypothetisches Kind und ein wirkliches sind zwei völlig verschiedene Dinge.«
    Eva presste die Handflächen gegeneinander. »Na ja, was, wenn das Baby krank ist, und ich nicht das Zeug dazu habe, mich um es zu kümmern. Meine Eltern haben beide ihr Kind verlassen. Mom hat dich verlassen, Dad mich.«
    Angie räusperte sich. »Mom hat mich so oft besucht, wie mein Vater es zugelassen hat. Und sie hat mir erzählt, dass sie mich am liebsten mitgenommen hätte.«
    »Aber am Ende hat sie sich dafür entschieden, dich zurückzulassen und mit Blue zusammenzuleben. Und dann hat Blue mich verlassen.«
    Angie unterdrückte die aufsteigende Bitterkeit. »Du bist anders als Mom und Blue. Du würdest dieses Baby nicht im Stich lassen, egal, ob es krank ist oder nicht.«
    Eva legte die Handflächen auf ihren noch flachen Bauch. »Ich fürchte, ich könnte das wirklich versauen. Ich habe gerade erst mein eigenes Leben in den Griff gekriegt. Und jetzt ein Baby, ein Mann und womöglich ein medizinisches Problem. Es könnte alles ganz leicht den Bach runtergehen.«
    »Schau nach vorn, Eva. Das sagst du doch immer. Was unsere Eltern getan haben, hat nichts mit uns zu tun. Und ich kenne dich doch. Du bist so liebevoll. Du würdest dein Kind nie alleinlassen, ganz egal, wie schwierig es wird.«
    »Ja, kann sein.«
    Angie dachte an die Nachforschungen, die sie wegen Evas Vater in die Wege geleitet hatte. »Hast du je wieder etwas von Blue gehört? Ich meine, bei all dem Rummel letztes Jahr. Es muss ihm doch zu Ohren gekommen sein.«
    Eva versteifte sich. »Nein, ich habe nie mehr ein Wort von ihm gehört.«
    Angie ließ ihre Stimme gleichmütig klingen. »Hat er sich mal bei dir gemeldet, als Mom noch am Leben war?«
    »Ein Mal kam eine Postkarte aus Colorado.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Kleines
. Das war alles. Ich war sieben.«
    Angie kannte die harten Fakten über Blue Rayburn. Ihr Vater hatte ihn als Sicherheitschef des Museums eingestellt, dessen Direktor er gewesen war. Ein paar Monate lang

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