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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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Mannes, der sich unter Kontrolle hatte. So war das bei Leuten, die süchtig waren. Es war ein stilles, unauffälliges Leiden, und die, die darunter litten, legten sich doppelt ins Zeug, um normal zu wirken.
    Die anderen hatten zu Anfang einiges erzählt. Selbst Angie hatte an ihrem ersten Tag mehr gesagt, als sie vorgehabt hatte. Doch Robert hatte seine Ansprache mit einer Selbstbeherrschung vorgebracht, die ihre Neugier weckte. Entweder brauchte er die Gruppe nicht, oder er war hier, um jemand anderen zufriedenzustellen. Es sei denn, die extreme Selbstbeherrschung verbarg großes inneres Chaos.
    Sara schenkte ihm ihr warmes Willkommenslächeln. »Es freut mich, dass du bei uns bist, Robert. Du kannst jederzeit das Wort ergreifen.«
    Robert nickte Sara zu. »Danke.«
    Auch diese kurze Antwort verriet nichts. Angies Neugier war geweckt. Gab es etwa noch jemanden auf der Welt, der es nicht mochte, sich wieder und wieder über seine Probleme auszubreiten?
    Sandi erzählte von einem Albtraum. Denise sprach von einer Panikattacke im Supermarkt, Winnie über den Geburtstag ihrer verstorbenen Schwester. Sie hätte ihr gerne mit einem Bier zugeprostet. Die ganze Zeit über sagten Angie und Robert nichts und hörten dem Seelenstriptease der anderen schweigend zu.
    Nachdem Sara Winnie zum Schluss einige Ratschläge gegeben hatte, richtete sie den Blick auf Angie. »Du bist heute stiller als sonst. Alles in Ordnung?«
    Es widerstrebte Angie, über Sierra und Lulu zu sprechen. Die Ermittlungen dauerten noch an, und sie wollte nichts sagen, was die Polizeiarbeit in irgendeiner Weise gefährdet hätte. Alles, was hier besprochen wurde, galt als vertraulich und wurde nicht weitererzählt. Aber nach ihrer Affäre mit Connor Donovan vertraute sie niemandem mehr so ganz.
    Sie faltete die gepflegten Hände auf ihrem Schoß und erzählte etwas von schlaflosen Nächten und dem Wunsch, am Strand zu sitzen und die Zehen im Sand zu vergraben. Einen Augenblick lang starrten alle Anwesenden sie an, und ihre Gesichter drückten nur zum Teil Verständnis aus. »Ich bin mit den Nerven runter. Neulich habe ich sogar im Parkhaus Angst gehabt. Sieht mir gar nicht ähnlich, mich vor Schatten zu fürchten.«
    Robert schien unbeeindruckt von ihrem Geständnis. »Du hast ein Talent dafür, mit vielen Worten nichts zu sagen. Bist du Anwältin?«
    Angie funkelte ihn an. »Ja.«
    Robert verschränkte die Arme. »Dachte ich mir.«
    Sara räusperte sich wie eine Lehrerin, die zwei Schulkinder zurechtweist. »Robert, ich höre da eine Wertung heraus.«
    Um seinen Mund spielte ein Lächeln, während er Sara und dann Angie ansah. »Das war nicht beabsichtigt.«
    Angie würdigte Sara keines Blickes. Sie konnte sich selbst verteidigen. »Falls du etwas zu sagen hast, nur zu, Robert.«
    Ein Muskel in seinem Kiefer zuckte, und er lächelte. »Ich kenne dich. Ich habe in der Zeitung über dich gelesen. An deiner Stelle würde ich auch trinken.«
    Sara beugte sich vor. »Robert, das war unnötig.«
    Angie hob die Hand. »Nein, Sara. Lass Robert sagen, was er sagen möchte.«
    »Ich sage nichts, was nicht jeder andere hier auch denkt. Du bist doch die Anwältin, die diesen Dixon verteidigt hat, und jetzt ist eine Mandantin von dir ermordet worden. Die, von der nur noch Knochen übrig sind. Komischer Zufall.«
    »Meinst du?«
    »Du musst doch selbst denken, dass es einen Zusammenhang gibt.«
    Wenn sie im Jurastudium etwas gelernt hatte, dann, wie man einen Angriff mit einem Gegenangriff kontert. »Du weißt so viel über mich, und ich weiß so wenig über dich.«
    Robert runzelte die Stirn, aber falls Angie erwartet hatte, er würde sich nun in eine lange Erklärung über die Dämonen stürzen, die ihn hierhergeführt hatten, hatte sie sich geirrt. Stattdessen verbarg er sich hinter einer steinernen Maske. »Vielleicht ein andermal.«
    Angie verschränkte die Arme vor der Brust.
    Vierzig Minuten später war das Treffen vorbei, und Angie war froh, aufstehen zu können. Sie blieb nach den Treffen nur selten noch da, um mit den anderen zu plaudern.
    Sie war gerade auf der obersten Stufe der Treppe angekommen, die aus dem Untergeschoss der Kirche hinausführte, als sie ruhige, zielstrebige Schritte hinter sich vernahm. Sie musste sich nicht umsehen, um zu wissen, wer ihr folgte.
    »Angie«, sagte Robert.
    Sie verließ das Treppenhaus und trat in den sonnigen, offenen Eingangsbereich der Kirche. Die Wärme der Sonnenstrahlen wirkte beruhigend auf sie. »Ja,

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