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So stirbt kein Held

So stirbt kein Held

Titel: So stirbt kein Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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folgernd. »Wenn Sie mich hübsch nett drum bitten, bleibe
ich für den Rest der Nacht hier .«
    Irgendwo in ihrem Köpfchen
rastete es ein, und das strahlende Lächeln verschwand schneller als ein Freund,
den man gerade um ein Darlehen gebeten hat. Die elfenbeinfarbene Haut bekam
erst rote Flecken und loderte dann purpurn auf. Sie schloß die Augen, derweil
sie am ganzen Körper bebte — es sah aus, als habe ich das Sicherheitsventil
ihres ungezügelten Temperaments kaputtgemacht, und gleich werde sie
explodieren.
    Die fünf Minuten Schlaf, die
ich damit noch versäumte, waren es wert, sich das hier anzuschauen. Sie erbebte
wiederum, noch heftiger diesmal, dann stöhnte sie leise zwischen
zusammengebissenen Zähnen. Das Purpur wich aus ihren Zügen, schneller, als es
gekommen war. Ein langsamer, tiefer Atemzug bannte das Beben, die Augen
öffneten sich weit, und auf ihrem Grund sprühte ein Silvesterfeuerwerk.
    »Ich ?« fragte ich erwartungsvoll und erwartete gleich richtige Raketen.
    »Sie...« wiederholte sie, und
mit einem Male klang ihre Stimme sanft und zärtlich. »Sind Sie verheiratet ?«
    Sie erhob sich von der
Liegestatt, etwa so, wie sich ein Panther vom Erdboden löst; ihre Gelenke
schienen sich gar nicht zu bewegen, sie rollte sich sozusagen auf. Ich stand
wie gebannt, während sie auf mich zuglitt , das
strahlende Lächeln war wieder da, und ich schrieb es lediglich meiner erhitzten
Phantasie zu, daß ich nun anscheinend viel mehr von ihren Zähnen zu sehen
bekam. Als sie auf etwa fünfzehn Zentimeter heran war, verharrte sie und sah zu
mir auf. Nun ja, wenn ein hübsches Mädchen geküßt werden will, warum soll man ihr dann den Spaß verderben?
    Ich beugte gehorsam mein Haupt,
während ihre kühlen Finger mein Gesicht umfingen, meinen Kopf mit verhaltener
Leidenschaft liebkosten, und ihre Lippen sich den meinen näherten. Im nächsten
Augenblick grub sie ihre scharfen weißen Zähne mit aller Kraft in meine
Unterlippe.
    Wo auch immer der Rekord für
einen Sprung aus dem Stand gestanden haben mag, ich habe ihn da mindestens um
einen halben Meter übertroffen. Ich schrie noch immer, als ich wieder auf den
Füßen landete, derweil sie die Hände in die Hüften gestützt und ein schadenfrohes
Grinsen aufgesetzt hatte.
    »Al Wheeler«, sprach sie
trocken, »du hast dich soeben auf ein Abkommen eingelassen: Ich habe jetzt
Polizeischutz, und du hast mich !« Dann ballte sie die
rechte Faust und vergrub sie zur Besiegelung schmerzhaft tief in meinem Magen.
    Es gibt eine Grenze für das,
was ein Mann ertragen kann, und die hatte ich schon vor einer ganzen
"Weile überschritten. Ich langte mit beiden Händen nach ihr, aber sie
entschlüpfte mir im letzten Moment, und so bekam ich lediglich zwei Handvoll
Kaschmir zu fassen.
    »Jetzt kommst du in Fahrt,
Geliebter, was ?« sagte sie mit ansteckender
Begeisterung. »Warum reißt du ihn nicht gleich entzwei ?«
    Haben Sie schon mal versucht,
einen echten Kaschmirsweater zu zerfetzen? Es ist reinweg unmöglich, jedenfalls
mit bloßen Händen, aber der Versuch allein ist wirklich ein Mordsspaß. Es tat
mir fast leid, als Amber dem schließlich ein Ende bereitete, indem sie den
Pullover über den Kopf zog.
    »Also, Al Wheeler, kommst du
noch mit ?« fragte sie munter. »Oder möchtest du jetzt
doch lieber heimfahren ?«
    »Wenn ich heim soll, dann muß
man mich hier auf einer Bahre hinaustragen«, erklärte ich hitzig.
    »So gefällst du mir«, sagte sie
stolz und verabreichte mir eine Gerade in die Herzgrube, die mich dem Infarkt
um mindestens fünf Jahre näher brachte.
    Sie befaßte sich mit dem Reißverschluß an den Samthosen, dann
feuerte sie eine imaginäre Startpistole ab.
    »Jetzt beginnt der Endspurt,
Geliebter !« sagte sie atemlos und ließ den Worten die
Tat in Form eines brutalen Nierenschlags folgen. Ich erinnerte mich dunkel, daß
mir in diesem Augenblick erste Zweifel darüber kamen, wer denn nun
Polizeischutz eigentlich nötiger hatte, sie oder ich.
    Als ich aber schließlich sicher
war, daß ich ihn brauchte, da war mir das natürlich längst egal.
     
     
     

10
     
    Mavis Seidlitz
     
    Für zehn Uhr am nächsten Morgen
berief Mr. Bliss die nächste Sondersitzung ein, aber diesmal bat er mich nicht,
irgendwelche Notizen zu machen, und darüber war ich recht froh, denn dieser Al
Wheeler hatte immer noch meinen Block, und ich konnte nicht mal den Stift
finden. Mich bedrückte nur eins: Ob Mr. Bliss mich wohl an der Konferenz
teilnehmen ließ, damit

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