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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Gebäudekomplex zu umfassen schien.
    Der Himmel war noch immer grau, es hatte jedoch aufgehört zu regnen. Während sie durch die Grünanlage spazierten, rauchte sie zwei Zigaretten, erzählte von Jobst. Wie er als Kind gewesen war und als Heranwachsender, welche Begabungen und Talente er besaß, dass er ein herzensguter Mensch sei und sie sich ihn nie und nimmer als Frauenmörder vorstellen könne. »Er hat bisher nur Gutes getan in seinem Leben.«
    Bei den Talenten hakte Dühnfort ein und erfuhr, dass Jobst Wernegg im Internat Kurse für Fotografie und Ölmalerei besucht und für beides Begabung gezeigt hatte. »Er hat sogar zwei Semester Fotografie an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert. Leider hat er sich mit seinem Professor zerstritten und dann auf BWL umgesattelt. Er brauchte einen Beruf, mit dem er Geld verdienen konnte. Es war ja nicht absehbar, dass er einmal ein derartiges Vermögen erben würde.« Stefanie Karg warf die Kippe auf den Kiesboden und trat die Glut aus.
    Herrgott! Alois. Er gab sich zu schnell zufrieden! Dühnfort fluchte still und schob seine Verärgerung beiseite. Das würde er später klären. »Wann hat Wernegg in Düsseldorf studiert?« Er fragte, obwohl er die Antwort bereits kannte.
    Sie nahm die nächste Zigarette aus der Packung und zog die Stirn kraus. »Das war vor etwa sechs Jahren.«
    »War er da nicht in Canberra?«
    Nachdem sie das Feuerzeug aus der Handtasche gekramt hatte, zündete sie die Zigarette an und schüttelte den Kopf. »Da war er nur ein paar Wochen. Es hat ihm nicht gefallen. Er ist heimgekommen und hat in Düsseldorf das Fotografiestudium wiederaufgenommen, obwohl er bereits ein abgeschlossenes BWL -Studium hatte. Wirtschaft hat ihm eben keinen Spaß gemacht.« Sie berichtete, wie Jobsts Mutter bei einem Verkehrsunfall starb und er ein Vermögen erbte, mit dem er niemals gerechnet hatte. »Karl, Susannes dritter Mann«, erklärte Stefanie Karg, »hatte eine Firma für Elektrotechnik. Fragen Sie mich nicht, was er genau gemacht hat, aber es muss gut gewesen sein. Jedenfalls hat er die Firma an einen koreanischen Konzern verkauft und dafür Millionen bekommen. Bei dem Unfall ist er sofort gestorben, meine Schwester aber erst Stunden nach ihm. So hat sie erst Karl beerbt und danach Jobst sie. Sonst wäre das Vermögen wohl an Karls Geschwister gefallen. Eigene Kinder hatte er nämlich keine.«
    Dühnfort fragte nach Frauen in Werneggs Leben und erhielt eine ausweichende Antwort. »Jobst interessiert sich nicht sehr für Frauen … also, ich meine nicht, dass er schwul ist. Um Gottes willen. Er hat schon Freundinnen, aber es hält nie lange.«
    Instinktiv spürte Dühnfort, dass der entscheidende Punkt im Gespräch erreicht war, und blieb stehen. »Ihr Neffe hat seine Mutter sehr geliebt. Mit ihrem Vermögen hat er die Stiftung gegründet und sie nach ihr benannt. Sie müssen sich sehr nahegestanden haben.«
    Eine kaum wahrnehmbare Veränderung ging mit Stefanie Karg vor sich. Der Blick wurde eine Nuance kühler, die Haltung straffer. »Ja, er hat sie sehr geliebt.«
    »Und sie? Weshalb hat sie ihn ins Internat gesteckt, als er noch ein kleiner Junge war?«
    Sie sog an ihrer Zigarette, warf sie dann achtlos auf den Boden und trat sie aus. »Sie sind sich sicher, dass Jobst ein Frauenmörder ist? Sie können das beweisen?«
    Dühnfort nickte.
    »Wie sicher?«
    »Hundertprozentig. Die Spuren sind zahlreich und eindeutig. Jobst hat im Dachgeschoss seines Hauses in Nymphenburg Nadine Pfaller und Jana Wittich erwürgt.« Er hielt ihrem Blick stand.
    »Setzen wir uns?« Sie zeigte auf eine Bank, die einige Meter entfernt unter einer Trauerweide stand.
    ***
    Verdammt! Verdammt! Verdammt! Weshalb konnte sie nicht aufhören zu heulen? Vicki warf sich auf die Seite, griff sich die Packung mit den Papiertaschentüchern, die Clara neben das Bett in ihrem Gästezimmer gestellt hatte, zog eines heraus und schnäuzte sich. Dann setzte sie sich auf. Das musste jetzt langsam mal aufhören, sonst würde sie austrocknen und zerbröseln, bis sie ganz pulverisiert war. Instant-Vicki. Dann müsste Clara zwecks Wiederbelebung einen Eimer Wasser ins Bett kippen …
    Wiederbelebung …
    Verdammt! Warum hatte sie hingeguckt, wie sie Jobst …
    Das musste jetzt ein Ende haben. Vicki schwang die Beine aus dem Bett und blickte ungläubig auf das Blümchennachthemd, in dem sie steckte. Ihr musste es echt mies gehen, wenn sie so etwas trug. Aber egal, es war alles egal. Dieses Gemisch aus

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