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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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war zu dünn. Daraus ließ sich kein begründeter Anfangsverdacht ableiten, um den Mann genauer unter die Lupe zu nehmen. Vor allem seinen Wagen.
    ***
    Auf dem Rückweg ins Präsidium kaufte Dühnfort sich zwei Kugeln Eis in einer Waffel. Pistazie und Joghurt. Während er es aß, betrachtete er den blauen Himmel. Es würde ein schöner Abend werden, gefolgt von einer lauen Sommernacht. Lediglich im Westen zeigten sich diesige Schlieren am Horizont. Dühnfort beschloss, später an den See zu fahren, zur Sissi.
    Als er das Eis aufgegessen hatte, versuchte er Johannes Schack zu erreichen. Freitagnachmittag, natürlich meldete sich im Ministerium niemand.
    Im Büro angekommen, suchte Dühnfort die Handynummer heraus. Er erreichte Schack im Auto, Verkehrslärm drang durch das Telefon. Dühnfort fragte, ob er sich über den Zeitpunkt, an dem er Nadine Pfaller in den Jaguar habe steigen sehen, absolut sicher sei.
    »Eigentlich schon. Zwischen zehn und Viertel nach acht. Vermutlich kann ich es Ihnen sogar genau sagen. Bevor ich losfuhr, habe ich meine Freundin angerufen. Ich sehe mal in der Liste der getätigten Anrufe nach und melde mich gleich bei Ihnen.« Schack legte auf. Kurz darauf rief er zurück. »Um 20 . 12 Uhr habe ich mit meiner Freundin telefoniert. Das hat keine Minute gedauert. Ich habe ihr nur gesagt, dass ich auf dem Weg zu ihr bin.«
    Dühnfort dankte ihm und beendete das Gespräch. Vier Minuten nachdem Nadine Pfaller am Odeonsplatz mit der Rolltreppe an die Oberfläche gefahren war, hatte sie sich in diesen Jaguar gesetzt, der weder Fuhrmann noch Wernegg gehören konnte, wenn die Aussagen von Klees, Wernegg und Fuhrmann stimmten.
    Die Luft im Büro war stickig. Dühnfort öffnete ein Fenster und sah hinaus. Mittlerweile hatte sich der Himmel von Westen her bezogen. Bleigraue Wolken ballten sich, die Luft schien geronnen zu sei, aus der Ferne grollte leiser Donner. Den Abend am See konnte er vergessen. Wenn er Glück hatte, blieb noch Zeit für eine kleine Laufrunde, bevor das Gewitter kam.
    Das Handy begann in der Brusttasche zu vibrieren. Im Display erkannte er Agnes’ Nummer. Nach einem Moment des Zögerns meldete er sich.
    »Hallo, Tino.« Ihre Stimme hatte noch immer diesen warmen Klang mit dem festen Unterton. Dieser bestätigte ihre Bestimmtheit, die er ihr sonst nicht geglaubt hätte. »Ich habe gerade einen schönen Auftrag ergattert. Darauf würde ich gerne anstoßen … Wie schaut’s aus? Hast du Zeit und Lust?«
    Es wurde einmal kurz an der Tür geklopft. Gina trat ein. Ihre dunklen Augen strahlten. »Ich habe diesen Bruno Lichtenberg …« Erst jetzt bemerkte sie, dass er telefonierte. »Oh. Sorry.« Abwartend blieb sie in der geöffneten Tür stehen, zwei Bogen Papier in der Hand.
    »Tut mir leid«, sagte er zu Agnes und hätte beinahe »weder noch« hinzugefügt. »Wir haben hier einen komplizierten Fall …« Weshalb drückte er sich so fadenscheinig vor ihrer Einladung? Er wusste es nicht und fing Ginas Blick auf, der irgendwie beunruhigt schien.
    »Schade.« Agnes klang enttäuscht.
    Es versetzte ihm einen kleinen Stich. »Wir holen das nach, ja? Ich melde mich.« Er beendete das Gespräch und schob das Handy zurück in die Sakkotasche.
    Ginas Schultern strafften sich. »Ich habe Lichtenberg aufgestöbert. Er wohnt nicht weit von hier in der Nähe von Aying.« Der Eifer, mit dem sie zuvor in sein Büro gestürmt war, war verschwunden. Ihre Mitteilung klang sachlich.
    Draußen grollte weit entfernter Donner. Plötzlich war Dühnfort gereizt. »Das war nicht deine Aufgabe. Susanne Henke hatte das übernommen.«
    »Und? Hat sie ihn gefunden?« Zorn und Enttäuschung spiegelten sich in Ginas Augen. »Schieben wir jetzt Dienst nach Vorschrift, oder was? Gut. Das kann ich auch. Siebzehn Uhr. Zeit, Feierabend zu machen.«
    »Entschuldige«, sagte er versöhnlich. »Wie hast du ihn denn aufgetrieben?« Er hörte selbst, wie wenig begeistert er klang, und fragte sich, weshalb er Gina so behandelte. Sie hatte tolle Arbeit geleistet und hätte ein Lob verdient.
    »Über seinen Künstlernamen, Carne.«
    »Carne? Wie Fleisch ?«
    »Keine Ahnung. Wir können ihn ja fragen.« Gina zog die Unterlippe unter die Schneidezähne, während sich gleichzeitig eine Augenbraue ein wenig in die Höhe schob. In der Hand hielt sie die zusammengeklammerten Bogen Papier.
    »Wie bist du auf Carne gekommen?«
    Die Unterlippe schnalzte vor. »Ich habe mir von der Kunstakademie die Namen seiner Kommilitonen besorgt.«

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