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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ich hatte mir nichts weiter zuschulden kommen lassen. Ich konnte mir Vincents Entdeckungen zunutze machen und seelenruhig vor Gericht gehen.
    Es dauerte nicht allzu lang, bis Cisco anrief.
    »Ich habe mit meinem Mann in Lynwood gesprochen. Vieralpha ist der erste Wagen von Malibu. Die Vier steht für die Station Malibu, und das Alpha steht, na ja, für alpha eben. Wie das Alphatier. Der Leitwolf. Die besonderen Einsätze, die mit Dringlichkeitsstufe eins, gehen in der Regel an den Alpha-Wagen. Vier-alpha-eins wäre demnach der Fahrer des Wagens, und wenn er mit einem Partner unterwegs ist, dann ist der Partner Vier-alpha-zwei.«
    »Dann deckt also der Alpha-Wagen den gesamten vierten Bezirk ab?«
    »So hat er mir das jedenfalls erklärt. Vier-alpha steht es frei, im ganzen Bezirk rumzufahren und die Sahne abzuschöpfen.«
    »Wie bitte?«
    »Die besten Einsätze. Das, was am interessantesten ist.«
    »Ach so. Alles klar.«
    Meine Theorie wurde bestätigt. Ein Doppelmord und Schüsse, die in der Nähe eines Wohngebiets abgefeuert wurden, waren zweifellos Alpha-Einsätze gewesen. Eine einzige Kennung, aber verschiedene Deputies, die die Einsätze fuhren. Andere Deputies, aber derselbe Streifenwagen. Die Dominosteine klickten und fielen um.
    »Hilft dir das weiter, Mick?«
    »Auf jeden Fall, Cisco. Aber es bedeutet auch mehr Arbeit für dich.«
    »Am Elliot-Fall?«
    »Nein, nicht Elliot. Ich möchte, dass du dir den Fall Eli Wyms vornimmst. Versuche so viel wie möglich über die Nacht herauszufinden, in der er festgenommen wurde. Ich brauche Details.«
    »Dafür bin ich da.«
EINUNDDREISSIG
    W as ich an diesem Abend entdeckt hatte, beflügelte meine Fantasie. Erste Bilder aus dem Gerichtssaal stellten sich ein. Elemente von Verhören und Kreuzverhören. Ich machte mir Gedanken über die Anzüge, die ich im Gericht tragen, und die Haltungen, die ich vor den Geschworenen einnehmen würde. Der Fall erwachte in mir zum Leben, und das war immer ein gutes Zeichen. Außerdem war es eine Sache des Schwungs. Wenn das Timing stimmte, ging man mit der unerschütterlichen Überzeugung vor Gericht, dass man nicht verlieren konnte. Ich wusste nicht, was mit Jerry Vincent passiert war, wieso sein Vorgehen seinen Tod nach sich gezogen oder ob seine Ermordung überhaupt etwas mit dem Fall Elliot zu tun hatte. Aber inzwischen hatte ich das Gefühl, der Sache gewachsen zu sein. Ich nahm Fahrt auf und war kampfbereit.
    Mein weiterer Plan für den Abend sah vor, an einem Ecktisch im Dan Tana’s die Verhöre der Schlüsselzeugen zu entwerfen, indem ich mir die wichtigsten Fragen und die darauf zu erwartenden Antworten notierte. Ich konnte es kaum erwarten, mich an die Arbeit zu machen, und Lornas Sorge war völlig unbegründet. Ich war nicht allein. Ich hätte meinen Fall dabei. Nicht Jerry Vincents Fall. Meinen.
    Nachdem ich die Akten hastig eingepackt und frische Blöcke und Bleistifte hinzugefügt hatte, löschte ich das Licht und schloss die Tür der Kanzlei ab. Ich marschierte den Flur hinunter und über die Brücke zum Parkhaus. In dem Moment, in dem ich das Parkhaus betrat, sah ich einen Mann die Rampe vom ersten Parkdeck heraufkommen. Er war etwa fünfzig Meter entfernt, und erst ein paar Schritte später merkte ich, dass es der Mann von dem Foto war, das Bosch mir am Morgen gezeigt hatte.
    Mir gefror das Blut in den Adern. Es war, als hätte die Welt um mich herum zu existieren aufgehört. Es gab nur noch diesen einen Moment, und ich musste eine Entscheidung treffen. Mein Hirn überriss die Situation schneller als jeder Computer, den IBM je gebaut hat. Und das Resultat meiner Blitzeinschätzung der Lage war, dass es sich bei dem Mann, der da auf mich zukam, um den Mörder handelte und er eine Waffe besaß.
    Ich wirbelte herum und rannte los.
    »He!«, ertönte hinter mir eine Stimme.
    Ich lief einfach weiter. Rannte über die Brücke zu der Glastür, die ins Legal Center führte. Nur ein einziger klarer Gedanke funkte durch jede Synapse meines Hirns. Ich muss es in die Kanzlei schaffen und an Ciscos Pistole kommen. Entweder ich töte ihn, oder ich werde getötet.
    Aber weil Büroschluss schon lange vorbei war, hatte sich die Tür selbsttätig hinter mir verriegelt. Hektisch stieß ich auf der Suche nach dem Schlüssel die Hand in meine Hosentasche, und als ich sie wieder herausriss, kamen Belege, Münzen und Brieftasche mit herausgeflogen.
    Während ich den Schlüssel ins Schloss rammte, konnte ich hinter mir rasche Schritte näher

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