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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Mal in ihrem Leben in einem Flugzeug, und sie wäre nie hineingestiegen, wenn nicht Fernando der Pilot gewesen wäre. Als das Flugzeug beschleunigte und dann abhob, war sie so fest in ihren Sitz gepresst worden, dass sie dachte, ihr bliebe die Luft weg. Das Gerät hatte gewackelt und gebebt und einen derartigen Lärm gemacht, dass Jujú sich beinahe bekreuzigt hätte: Sie war davon überzeugt gewesen, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen. Doch jetzt, mit gedrosseltem Motor und in der erhabenen Weite des Himmels, genoss sie den Flug, wie sie selten zuvor etwas genossen hatte. Es war grandios, unter sich die Berge zu sehen, die steil in das von kleinen Schaumkrönchen besetzte Wasser abfielen, die mittelalterlichen Trutzburgen auf den Anhöhen, die Kieselstrände von Nizza, vor denen das Wasser türkis leuchtete, und in gar nicht allzu weiter Entfernung die schneebedeckten Gipfel der Alpen. Die Sicht war umwerfend klar. Man konnte sogar schemenhaft Korsika ausmachen.
    Sie wäre gern etwas niedriger geflogen, um die Bauten genauer erkennen und in die Gärten der Prunkvillen schauen zu können. Doch Fernando zog am Steuer und hob die Nase des Flugzeugs wieder an. Sie verloren zusehends an Geschwindigkeit. Himmel noch mal, was tat er denn da? Warum gab er denn nicht Gas? Jujú war schon versucht, selber den Gashebel zu betätigen, wie sie es vorhin bei Fernando beobachtet hatte, unterdrückte den Impuls jedoch. Er würde schon wissen, was er tat. Er war der beste Pilot Portugals, oder etwa nicht? Sie sah ihn zweifelnd an, und er grinste ihr frech zu. Plötzlich hörte sie ein schrilles Pfeifen. Sekunden später kippte die Maschine linksüber steil nach unten. Sie stürzten ab! Oh Gott, nein! Jujú schloss die Augen und krallte ihre Finger in den Sitz.
    Sie wusste nicht, ob sie geschrien hatte oder nicht. Sie spürte nur, dass ihr Magen einen furchtbaren Satz machte, als die Maschine sich wieder fing, und zwar ebenso abrupt, wie sie heruntergefallen war. Jujú öffnete die Augen. Sie flogen wieder friedlich geradeaus. Sie blickte zu Fernando hinüber – und erkannte an seiner Miene, dass es sich bei dem »Absturz« durchaus nicht um eine Notsituation, sondern um ein gezielt herbeigeführtes Kunststück gehandelt hatte. Er strahlte sie an, als hätte er ein ganz dickes Lob für diese artistische Einlage verdient. Sie hätte ihn umbringen können.
    »Na, wie hat dir das gefallen?«, fragte er stolz, als sie wieder auf dem Flugfeld in Mandelieu gelandet waren.
    Sie strafte ihn mit eisigem Schweigen.
    Fernando wirkte enttäuscht. Er schien sich wirklich keiner Schuld bewusst zu sein, sondern ehrlich daran zu glauben, dass er ihr ein einzigartiges Erlebnis geschenkt hatte. Also gut, dann würde sie es ihm eben sagen müssen.
    »Ich will nicht sterben, jedenfalls noch nicht so bald, und ich will auch nicht das Gefühl haben, jeden Augenblick sterben zu müssen.«
    »Ich wusste nicht, dass du so empfindlich bist. Früher konnte dir kein Karussell wild genug sein.«
    »Herrje, Fernando, das ist mindestens zwanzig Jahre her. Im Übrigen waren die Karussells damals ziemlich lahm, im Vergleich zu diesem Höllenapparat.« Sie trat energisch gegen eines der Flugzeugräder, die Fernando gerade mit Holzklötzen fixierte.
    »Lass das. Das Flugzeug kann nichts dafür. Der
stall,
den ich dir vorgeführt habe, ist ganz einfach und absolut sicher. Es hat keine Sekunde Gefahr für dein Leben bestanden. Wenn du möchtest, erkläre ich dir, wie ich mit dem Seitenruder …«
    »Ich will es gar nicht wissen.«
    Schweigend fuhr Fernando fort, das Flugzeug zu sichern. Als er damit fertig war, wandte er sich Jujú zu.
    »Also schön: Entschuldige bitte. Entschuldige, dass ich dir zeigen wollte, wie herrlich das Fliegen ist. Entschuldige, dass ich dich an meiner größten Passion teilhaben lassen wollte. Und entschuldige, dass ich deine Abenteuerlust überschätzt habe.«
    »Überschätzt hast du, wenn überhaupt, nur dich.«
    »Keineswegs.« Er zuckte mit den Schultern. »Jujú, ich will mich nicht mit dir streiten. Lass uns über etwas anderes reden. Ganz hier in der Nähe gibt es einen wunderschönen Golf-Club, der ein sehr anständiges Essen serviert. Hast du Lust, dort hinzugehen?«
    Jujú hatte eigentlich keine Lust dazu. Der Appetit war ihr gründlich vergangen. Doch sie wollte sich nicht unversöhnlicher geben, als sie war, deshalb akzeptierte sie das Angebot. »Wenn du willst.«
    In der Mittagssonne und im Windschatten war es mild

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