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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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verschafften ihm allein die Medien. Er kaufte sämtliche Zeitungen, portugiesische wie internationale, sowie jede erhältliche wissenschaftliche Zeitschrift und saugte begierig jede Information auf, deren er habhaft werden konnte. Es tat gut, zu wissen, dass nicht er allein der Faszination der technischen Aspekte der Raumfahrt erlegen war.
     
    Laura da Costa und ihr Freund João Carlos saßen auf dem Fußboden vor dem TV -Gerät. João Carlos war mit dem Rücken gegen das Sofa gelehnt, sie saß zwischen seinen Beinen. Er hatte von hinten seine Arme um ihre Taille geschlungen. Neben ihnen auf dem wertvollen Arraiolos-Teppich standen zwei Rotweingläser. Marihuana machte den Mund immer so trocken. Beide verfolgten das Geschehen auf dem Bildschirm mit offenem Mund und gelegentlichem Grunzen. Sie waren sich nicht ganz sicher, ob dieses ganze Spektakel wirklich stattfand oder ob es eine Vision war, die sie ihrem Joint zu verdanken hatten. Als der erste der Astronauten die »Eagle« verließ und sich in seinem unförmigen weißen Anzug schwerelos an der Treppe herabhangelte, lachten sie sich kaputt. Später, als die beiden dick gepolsterten Figuren, die aussahen wie Michelin-Männchen, die amerikanische Flagge hissten, gelangten sie jedoch zunehmend zu der Überzeugung, dass es sich bei der ganzen Sendung um eine Art Werbefilm handeln musste.
     
    Rui da Costa befand sich zum Zeitpunkt des bewegenden Ereignisses in einem Grand Hotel an der Amalfi-Küste. Er bereute seinen voreiligen Entschluss, um diese Jahreszeit nach Positano zu reisen. Es war hier genauso heiß wie in Portugal, das altersschwache Hotel verfügte über keine Klimaanlage, und das Publikum bestand überwiegend aus lärmenden, dicken Nordeuropäern oder nicht weniger lärmenden italienischen Großfamilien. So hatte er sich das nicht vorgestellt.
    Nächstes Jahr um diese Zeit, wenn er seinen achtzigsten Geburtstag feierte, würde er nach Skandinavien fahren. Obwohl es von da ja hieß, dass die Sommer ebenfalls heiß und vor allem mückenreich werden konnten. Dann vielleicht doch lieber eine Kreuzfahrt? Ja, das wäre nicht schlecht. Immerzu eine schöne frische Brise, keine Insekten, kein vulgäres Volk. Und jede Menge attraktiver Stewards. Beim Gedanken an die adretten weißen Uniformen wandte er sich wieder dem Fernsehgerät zu, das anscheinend den horrenden Zimmerpreis rechtfertigen sollte. Er mochte kaum glauben, was er da sah. Eierten diese Astronauten in ihren weißen Uniformen wirklich auf dem Mond herum? Unglaublich, ganz und gar unvorstellbar! Rui da Costa erinnerte sich an einige der Tricks, zu denen die Filmregisseure heutzutage griffen und die Ronaldo ihm, als sie noch zusammen waren, einmal erklärt hatte. Nun ja, nicht eigentlich erklärt. Aber er hatte ihm beim Ansehen eines Films die Augen dafür geöffnet, wie wenig von dem, was man sah, echt war. Und was Rui gerade sah, konnte nicht echt sein. Oder doch? Und wenn ja: Wie lange würde es noch dauern, bis man den Mond touristisch ausbeutete? Ob er das noch erleben durfte? Bei der herrlichen Vorstellung, wie er, Rui da Costa, eines Tages seine Sommerfrische auf dem Mond verbringen würde, schwerelos und garantiert insektenfrei, schlief er ein.
     
    Auch der junge Mann, der sich selber für Rui da Costas Enkel hielt, verbrachte den denkwürdigen Tag in einem Hotel. Allerdings in einem, das nicht halb so viel an Bequemlichkeit und Luxus bot wie das Haus in Positano. Ricardo hatte sich in Lissabon in einem Hotel der Mittelklasse einquartiert. Sein Zimmer war mit scheußlichen, nussbaumfurnierten Möbeln eingerichtet und mit einem moosgrünen Teppich ausgelegt, der seiner Farbe wahrscheinlich alle Ehre machte. Einen Fernsehapparat gab es nur in der Lobby des Hotels. In der saß Ricardo also und sah sich, zusammen mit dem Nachtportier, dessen Frau, die ihrem Mann sogar einen Imbiss mitgebracht hatte, einem Taxifahrer, der seinen Wagen draußen im Halteverbot abgestellt hatte, dem Kioskbesitzer sowie einer Hand voll anderer Gäste die Mondlandung an. Die Zuschauer um ihn herum starrten fassungslos auf die Bilder, die, das war noch dem einfachsten und ungebildetsten Trottel klar, eine neue Ära der Menschheitsgeschichte einläuteten.
    Ricardo empfand das Ereignis ebenfalls als hochgradig prickelnd und anregend. »Unvorstellbar« oder »unglaublich« – so die Kommentare der anderen Gäste – fand er es jedoch nicht. Das war doch abzusehen gewesen. Die vorherigen Raumfahrtmissionen waren äußerst

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