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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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an. Als ich bei ihr ankam, kauerte ich mich neben sie. »Alles okay mit Ihnen?«
    Sie gab keine Antwort. Ihre Augen huschten rasch hin und her. Ihr Gesicht war auf einer Seite aufgeschürft, und ihre Haut gerötet. Ihre Lippen waren aufgesprungen. Ihr Mund bewegte sich, aber das Sprechen fiel ihr schwer. »Entschuldigung«, sagte sie.
    »Wann haben Sie denn das letzte Mal etwas getrunken?«, fragte ich sie, während ich eine Wasserflasche von meinem Hüftgürtel abmachte.
    »Ist lange her«, lallte sie.
    Ich hielt ihr die Flasche an die Lippen. Sie öffnete den Mund, und ich goss das Wasser langsam hinein. Sie trank mit großen Schlucken, auch wenn dabei viel Wasser an ihrem Mund vorbei und über ihr Gesicht lief. Sie hielt nur ein paarmal mit dem Trinken inne und leerte die ganze Flasche in weniger als einer Minute. Als die Flasche leer war, streckte sie sich wieder auf dem Bauch aus, das Gesicht in den Armen vergraben.
    Sie lag noch eine Viertelstunde so da, bevor sie sich auf die Seite rollte. »Danke.«
    »Möchten Sie noch etwas Wasser?«
    Sie nickte. »Ja.« Ihre Sprechweise klang bereits besser.
    Ich schnallte meine andere Flasche ab, die nur halb voll war. Diesmal hielt sie die Flasche selbst, leerte sie aber ebenso rasch wie die erste. Als sie das Wasser ausgetrunken hatte, reichte ich ihr einen Energieriegel aus meiner Hosentasche. »Hier, nehmen Sie das.« Ich wickelte ihn für sie aus. »Sie brauchen Kohlehydrate.«
    Sie verschlang den Riegel geradezu.
    »Es war dumm von Ihnen, mir zu folgen«, sagte ich. »Sie sind nicht darauf vorbereitet. Sie hätten hier draußen sterben können.«
    Sie sah langsam zu mir hoch. »Und wenn es so wäre?«
    Ich sah sie lange an, dann sagte ich: »In Wall gibt es ein Hotel. Ich bringe Sie dorthin. Können Sie gehen?«
    »Werden Sie mit mir reden, wenn ich es tue?«
    »Nein.«
    »Dann gehen Sie«, sagte sie. »Lassen Sie mich einfach allein.«
    »Ich lasse Sie nicht allein.«
    Trotz ihres geschwächten Zustands schrie sie: »Lassen Sie mich allein!« Sie legte sich wieder mit dem Gesicht auf den Asphalt. »Lassen Sie mich einfach allein.«
    Ich sah mich um. Es war niemand sonst zu sehen. Ich atmete langsam aus. »Okay. Ich werde mit Ihnen reden.«
    Sie sah zweifelnd zu mir hoch.
    »Kommen Sie«, sagte ich. »Ich meine es ernst. Ich bringe Sie nach Wall, und wir werden reden.«
    Sie schloss für einen Moment die Augen, dann rappelte sie sich mühsam auf die Knie hoch. Ich nahm ihren Armund half ihr auf die Beine. Die Vorderseite ihrer Bluse war verschmutzt und ihre Arme gerötet und pockennarbig von den Steinen, auf die sie gestürzt war.
    Sie tat einen Schritt, wobei sie sich schwer an mich lehnte. Dann noch einen. Wir brauchten über zwanzig Minuten, um zurück zu meinem Rucksack zu kommen, und fast fünfundvierzig, um die eine Meile bis zur Ausfahrt nach Wall zu laufen. Nur ein paar Autos fuhren an uns vorbei, und obwohl ich den Daumen ausstreckte, hielt keines von ihnen an. Unterwegs kamen wir an noch drei Schildern vorbei.
    Ausfahrt Wall Drug
    Wall Drug links halten. Kostenloses Parken in der Mainstreet
    Wall Drug immer geradeaus, 4 Blocks
    Pamela taumelte und keuchte schwer, als wir das obere Ende der Highway-Abfahrt erreichten. »Kann ich mich kurz ausruhen?«
    »Natürlich«, sagte ich. Behutsam führte ich sie zu der geschwungenen Aluminium-Oberfläche des Schutzgeländers, wo sie sich setzte.
    Ich ging zurück zum Straßenrand und streckte wieder den Daumen aus, als ich ein Fahrzeug näher kommen sah, das sein Tempo prompt verlangsamte – ein Phänomen, das in Kleinstädten nicht ungewöhnlich ist. Der grauhaarige Mann, der einen alten Truck fuhr, hielt ein Stück hinter uns am Straßenrand. Ich trat an das Fenster des Trucks, als er es herunterkurbelte. Der Mann streckte eine Hand aus und stellte die laute Countrymusik im Radio ab, bevor er zu mir hinaussah. »Soll ich Sie mitnehmen?«
    »Ja. Nur bis in die Stadt.«
    »Das ist nur eine halbe Meile. Springen Sie vorn hinein.«
    Ich ging zurück und half Pamela zu dem Truck, hievte sie praktisch ins Führerhaus und auf die Sitzbank. Dann warf ich meinen Rucksack auf die Ladefläche des Trucks und kletterte neben Pamela ins Führerhaus.
    »Wie geht’s euch beiden denn heute Nachmittag?«, fragte der Mann.
    Pamela zwang sich zu einem Lächeln. »Danke, dass Sie angehalten haben.«
    »Gern geschehen«, sagte er.
    »Wir wollen nur bis zum ersten Hotel«, sagte ich zu dem Mann.
    »Das wäre das Ann’s«, erwiderte

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