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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wenn ich keine Schicht hatte, hing ich mit meinen Freunden herum. Wir blieben abends richtig lange aus, und ich übernachtete meistens bei ihnen. Monatelang kam ich kaum noch nach Hause. Ich war nicht von zu Hause weggelaufen, ich hatte nur aufgehört, dorthin zu gehen.
    Als ich das erste Mal nach Hause kam, nachdem ich über eine Woche fort gewesen war, dachte ich, meine Eltern würden beunruhigt sein und sich Sorgen um mich machen. Aber es schien so, als wäre ich nie fort gewesen. Mein Vater war nicht da, und meine Mom fragte mich nicht einmal, wo ich gewesen war.
    Sobald ich die Highschool abgeschlossen hatte, ging ich gar nicht mehr nach Hause. Ich verbrachte die meiste Zeit mit einer der anderen Kellnerinnen in dem Restaurant. Ihr Name war Claire. Sie war eine Schulfreundin, und sie hatte mir den Job ursprünglich verschafft. Wir arbeiteten bis Betriebsschluss, dann gingen wir auf Partys, und danach übernachteten wir bei ihr. Schließlich zog ich einfach bei ihr ein.
    Dort lernte ich Sam kennen. Er war Claires Cousin. Sam war ein ganzes Stück älter als ich. Acht Jahre älter.« Sie schüttelte den Kopf. »Er war erst sechsundzwanzig, aber damals kam er mir so erwachsen vor. Ich nehme an, verglichen mit mir war er das auch. Ich kannte ihn erst seit ein paar Wochen, als er mich um ein Date bat.
    Er war anders als die Jungen, mit denen ich herumgehangen hatte. Sie waren noch Kinder. Sam war älter. Reifer. Bei unserem dritten Date bat er mich, ihn zu heiraten. Ich sagte Ja. Ich war mir nicht sicher, ob es richtig war, aber wie es soschön heißt, eine Ertrinkende ist nicht wählerisch, nach welchem Strohhalm sie greift. Eigentlich war ich mir damals bei gar nichts sicher, außer dass ich ihn mochte. Und wenn ich schon heirate, dachte ich, dann wäre es sicherer, jemanden zu heiraten, der älter war.
    Erst zwei Tage vor unserer Hochzeit erfuhr ich, dass Sam schon einmal verheiratet gewesen war. Ich nehme an, seine Ex war eine ziemlich willensstarke Frau, und das ertrug er nicht, daher ließ er die Ehe sechs Wochen nach ihrer Heirat annullieren. Später fand ich heraus, dass er zu Claire gesagt hatte, seine nächste Frau würde jünger sein als er. Eine, die ihm gehorchen würde. Wahrscheinlich war das der Grund, weshalb er mich geheiratet hat. Ich war ziemlich unterwürfig. Ich tat, was er mir sagte.
    Und so haben wir geheiratet. Unser Hochzeitstag war der schönste Tag meines Lebens. Ich war so voller Hoffnung. Dann, auf unserer Hochzeitsreise, sagte Sam, ich solle nicht mehr verhüten. Er wolle sofort ein Baby haben. Er sagte nicht, dass er eines haben wollte, er verlangte es von mir – als spielten meine Gefühle dabei gar keine Rolle. Bis dahin hatten wir noch nicht einmal über Kinder gesprochen. Ich sagte ihm, dass ich mich noch nicht alt genug fühlte, um ein Baby zu bekommen. Ich hatte das Gefühl, selbst noch ein Kind zu sein. Die Wahrheit ist, ich wusste nicht einmal, ob ich überhaupt eines wollte. Ich wollte nicht, dass irgendjemand ein Leben wie meines führen musste.
    Aber Sam war älter als ich, und er sagte, er wolle kein alter Mann sein, wenn seine Kinder in die Highschool gingen. Im Grunde meines Herzens wusste ich, dass ich nicht bereit dazu war. Aber Sam war egal, was ich dachte. Er hatte diesen dämlichen Spruch, den er irgendwo gehört hatte: ›Es sind nicht deine Gefühle, es sind deine Schwächen.‹ Er wurdejedes Mal gemeiner, wenn ich mich weigerte. Wir fingen an, fast ständig darüber zu streiten. Ich hielt es nicht mehr aus. Es war, als wären wir meine Eltern geworden.
    Dann spitzte sich alles zu. Nachdem wir uns monatelang gestritten hatten, stellte Sam mir ein Ultimatum. Er sagte, wenn ich sein Baby nicht bekommen wollte, dann würde er sich eine andere suchen, die bereit dazu wäre. Er gab mir bis zu seinem Geburtstag Zeit, mich zu entscheiden.«
    Während Pamela sprach, wurde mir bewusst, dass ich McKales Vater, obwohl ich ihn so oft gesehen hatte, eigentlich gar nicht kannte. Für mich war er ein entspannter, lässiger Typ, der viel arbeitete und sich in seiner spärlichen Freizeit hauptsächlich Schallplatten anhörte – einer der Gründe, weshalb McKale immer mit mir zusammen gewesen war. Ich war mir nicht sicher, ob ich alles glaubte, was Pamela sagte, aber mir war klar, dass sie es selbst glaubte.
    »Sam hat gesagt, er würde Sie verlassen?«, fragte ich.
    Pamelas Augen füllten sich mit Tränen. Sie nickte. »Mehr als einmal. Ich war am Boden zerstört. Ich glaube,

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