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So weit die Hoffnung trägt - Roman

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Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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undging hinüber zum Bett. Ich zog die Schuhe aus und legte mich auf das frische, weiße Laken. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.

Dreizehntes Kapitel
    Es gab noch nie einen Menschen, von dessen Leben wir nichts hätten lernen können, sei es nun als Warnung oder Vorbild. Und es liegt ganz an uns, zu entscheiden, ob unser Leben ermutigen oder abschrecken soll.
    A LAN C HRISTOFFERSENS T AGEBUCH
    Als ich aufwachte, wusste ich nicht, wo ich war. Ich hatte verrückte, klare Träume gehabt, zweifellos beflügelt von dem Medikament, das ich genommen hatte, aber meine Wirklichkeit war ja auch ziemlich verrückt – ich war in einer Stadt, von der ich noch nie gehört hatte und die für einen Maispalast berühmt war, und ich schlief im Gästezimmer eines älteren polnischen Juden, den ich nicht kannte. All das war vermutlich genauso unwahrscheinlich wie alles, was ich geträumt hatte.
    Ich sah mich in dem Zimmer um. Die Jalousien wurden von der anderen Seite schwach erhellt, als würde die Sonne eben aufgehen. Angesichts der Uhrzeit, zu der ich zu Bett gegangen war, hatte ich nicht viel geschlafen. Ich setzte mich langsam auf. Mir war noch immer etwas schwindelig, aber längst nicht mehr so schlimm. Immerhin konnte ich mich wieder auf den Weg machen, wenn ich musste.
    Ich war hungrig. Ich hatte das Gefühl, seit Tagen nichts mehr gegessen zu haben – was fast stimmte, da ich alles von mir gegeben hatte, was ich am Tag zuvor gegessen hatte. Erleichtert registrierte ich meinen Rucksack, der in der Eckedes Zimmers stand. Ich stand auf und betrachtete mich im Spiegel. Mein Haar klebte an einer Seite, und mein Kiefer war dunkel von Stoppeln. Ich öffnete die Tür und trat in die Diele.
    Leszek war im Wohnzimmer und las in einem Buch. Er legte es beiseite, als er mich sah. »Oh, Mr. Rip Van Winkle erwacht.«
    »Wie viel Uhr ist es?«, fragte ich.
    »Es ist fast sieben.«
    »Ich habe nur fünf Stunden geschlafen?«
    Er lachte. »Nein, es ist sieben Uhr abends. Sie haben den ganzen Tag geschlafen.«
    Ich rieb mir die Augen. »Wirklich?«
    »Wirklich. Wie fühlen Sie sich?«
    »Besser als gestern.«
    »Ist Ihnen noch schwindelig?«
    »Kaum noch.« Ich rieb mir mit einer Hand die Augen. »Siebzehn Stunden. Kein Wunder, dass ich so hungrig bin.«
    »Ich habe Abendessen gekocht. Mit dem Essen habe ich noch gewartet, in der Hoffnung, dass Sie mir Gesellschaft leisten.«
    »Sehr gern.«
    »Dann kommen Sie ins Esszimmer. Ich muss die Suppe nur noch aufwärmen. Ich glaube, eine Suppe würde Ihnen jetzt guttun. Und etwas Brot.«
    Ich folgte ihm ins Esszimmer, das durch einen kleinen Tresen von der Küche getrennt war. »Bitte setzen Sie sich«, sagte er, während er an den Herd trat. »Ich muss nur noch die Suppe aufwärmen.«
    Der Tisch war bereits mit zwei Schalen, Suppenlöffeln, einer Butterdose und zwei Teetassen gedeckt. Während ich Platz nahm, ertönte ein einziger lauter Zwitscherruf voneiner Kuckucksuhr über dem Herd, und dann setzte eine Melodie ein, während eine kleine Figurengruppe in engen Kreisen Walzer tanzte, gefolgt von sieben klaren Kuckucksrufen. Die Kakofonie hörte ebenso unvermittelt auf, wie sie begonnen hatte.
    »Es ist sieben«, sagte Leszek.
    »Ihr Enkel hat viele Trophäen.«
    »Er fährt gern Fahrrad«, sagte Leszek.
    »Es sieht aus, als ob er gut darin ist.«
    »Mit seinem Fahrrad fährt er Rennen auf der ganzen Welt. Wozu soll das gut sein? Er sollte sich eine Ehefrau suchen, nicht noch mehr Trophäen dafür, dass er mit einem Fahrrad fährt.« Er rührte die Suppe um. »Kennen Sie Rapid City?«
    »Ich bin von dort hierher gelaufen.«
    »Das ist ein langer Weg von hier, fast dreihundert Meilen. Er ist mit seinem Fahrrad an einem Tag dorthin gefahren. Um vier Uhr morgens losgefahren und am Abend angekommen.«
    Ich habe zwei Wochen dafür gebraucht , dachte ich. »Er ist schnell .«
    Leszek brachte die Suppe und das Brot an den Tisch. »Er ist verrückt, fährt überallhin mit seinem Fahrrad. Man bekommt keine gute Frau, wenn man mit dem Fahrrad fährt.«
    Er füllte meine Schale mit drei Kellen Suppe, dann schob er mir den Brotteller hin. »Dieses Brot ist gut. Es ist heute frisch von der Bäckerei.«
    »Danke.«
    Das luftige Brot war in dicke Scheiben geschnitten. Ich nahm ein Stück und bestrich es großzügig mit Butter, dann tunkte ich es in meine Suppe und begann zu essen.
    »Es schmeckt köstlich«, sagte ich.
    Er stand auf und ging zum Herd, dann kam er mit einerTeekanne wieder. »Das ist

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