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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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aufgebaut.«
    »Vielleicht werde ich dort vorbeischauen, ehe ich gehe«, sagte ich.
    »Nein, es lohnt den Umweg nicht.« Ein paar Minuten später sagte er: »Wir sind da.«
    Ich hatte den Kopf gesenkt, die Hände an die Schläfen gelegt, und sah jetzt langsam auf. Leszeks Haus war ein bescheidener Backsteinbau mit einem tadellos gepflegten Garten mit gestutzten Hecken und konisch geformten Kiefern. Im Gegensatz dazu sah die restliche Nachbarschaft verkommen aus. Das Haus nebenan wirkte auf mich wie ein Drogenschuppen.
    Er lenkte den Wagen in die Auffahrt. »Es ist nicht der Maispalast, aber für mich ist es ein Zuhause.« Er lachte darüber.
    »Sie leben allein?«
    »Ja, ich lebe allein.« Er lächelte. »Keine Ehefrau, die sich fragt, ob ich so spätabends mit einer Freundin unterwegs war.«
    Er hielt meinen Arm, während wir die Betonstufen zu seiner Veranda hochgingen. Eine grüne Mesusa-Kapsel aus Metall war rechts neben dem Türrahmen befestigt. Ich wusste, was eine Mesusa war, da einer der Kunden meines Vaters ein Jude war und mein Vater mir einmal eine gezeigt hatte, als er mich zu ihm mitnahm.
    Leszek sperrte seine Tür auf, und wir traten in sein Wohnzimmer. Es roch nach irgendeinem Gewürz, das ich nicht einordnen konnte, und von dem Geruch wurde mir noch ein bisschen schlechter. Das Zimmer war schlicht eingerichtet, aber ordentlich und warm, mit einem roten Veloursteppich und einem weiß gemauerten Kaminsims. Darüber hing ein Gemälde, das nach einem dieser Malen-nach-Zahlen-Bilder aussah, die seit vierzig Jahren aus der Mode sind. Am auffälligsten war ein großes Klavier, das fast den ganzen Raum einnahm. Das teure Instrument sah in dem bescheidenen Zuhause etwas fehl am Platz aus.
    »Machen Sie sich’s bequem«, sagte Leszek. »Setzen Sie sich auf die Couch. Ich hole Ihnen ein Glas Wasser für Ihr Medikament. Die Schwester hat gesagt, Sie sollen vor dem Schlafengehen noch eine Dosis nehmen.« Er verließ das Zimmer.
    Ich setzte mich langsam. Die Couch war mit einem altmodischen, rot-golden gemusterten Stoff bezogen und hing in der Mitte ein wenig durch. Leszek kam mit einem Glas Wasser und zwei Tabletten wieder. »Das wird Ihnen beim Einschlafen helfen.«
    Ich nahm nicht an, dass ich dabei Hilfe benötigen würde.
    Ich nahm die Tabletten, steckte sie mir in den Mund und spülte sie mit einem Schluck Wasser hinunter. Das Wasser war warm, und ich würgte ein wenig.
    »Sie sollten jetzt schlafen. Sie können das Schlafzimmer neben meinem haben. Mein Enkel nutzt es, wenn er zu Besuch kommt, daher ist es ein bisschen unordentlich. Er ist ein unordentlicher Junge. Kommen Sie mit.«
    Ich stand auf und folgte ihm einen kleinen Flur hinunter. »Hier ist sein Zimmer.« Er drückte auf einen Lichtschalter. »Er ist ein unordentlicher Junge.«
    Tatsächlich war das Zimmer durchaus aufgeräumt. Es warklein und quadratisch, mit dunklen, holzgetäfelten Wänden, die mit Postern von Radfahrern behängt waren. Auf dem Bett lag eine rot-blaue Patchwork-Quiltdecke.
    »Das ist schön«, sagte ich. »Das ist perfekt. Ich weiß Ihre Freundlichkeit sehr zu schätzen.«
    »Wir müssen sicherstellen, dass Sie viel Wasser trinken.«
    »Im Krankenhaus haben sie mich an einen Tropf angeschlossen.«
    »Gut. Dieses Medikament wird Sie sehr schläfrig machen. Es wird Ihnen besser gehen, wenn Sie geschlafen haben. Ich würde Ihnen ja gern etwas zu essen anbieten, aber ich glaube, das würde Ihnen im Moment nicht sehr guttun.«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass ich es bei mir behalten könnte.«
    »Wenn Sie aufwachen, können Sie wahrscheinlich etwas essen. Wenn Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie mich einfach. Ich hole Ihren Rucksack ins Haus.«
    »Danke.«
    Nachdem er mich allein gelassen hatte, besah ich mir das Zimmer etwas genauer. An der Wand hingen drei Poster. Eines zeigte eine Reihe von Radfahrern in blauen Trikots unter der Überschrift »Lance Armstrong, Tour de France   /2005«, das zweite war ein Foto von Radfahrern in verschiedenen bunten Trikots auf einer Straße, die sich durch die Schweizer Alpen schlängelte. Das dritte Poster zeigte eine schöne junge Frau, die durch die Speichen eines Fahrrads blickte.
    Auf der Kommode befand sich eine eindrucksvolle Sammlung von Radfahr-Trophäen, eine davon fast einen Meter hoch. Neben dem Bett standen ein großer Spiegel in einem goldenen Rahmen und ein Nachttisch mit einer Porzellanlampe mit einem leuchtend blauen Schirm.
    Ich schloss die Tür, dann schaltete ich das Licht aus

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