So weit die Hoffnung trägt - Roman
Campbell’s Bohnen-Speck-Suppe.«
»Campbell’s?« Ich nahm noch einen Bissen Brot.
»Ich habe keine Frau. Haben Sie etwa irgendetwas Ausgefallenes erwartet, das ich selbst gekocht habe?«
»Ich mag Campbell’s Bohnen-Speck-Suppe. Meine Mutter hat sie für mich gekocht, als ich klein war.« Ich nahm noch einen Löffel. »Ich nehme an, man kocht sie nicht wirklich. Man wärmt sie nur auf.«
Leszek nahm die Teekanne und schenkte meine Tasse randvoll.
»Was ist das?«, fragte ich.
Er setzte sich wieder. »Ingwertee. Ingwertee ist gut gegen Schwindel. Wie fühlen Sie sich? Immer noch schwindelig?«
»Nicht mehr so sehr«, sagte ich.
»Das freut mich zu hören.« Er schlug sich auf die Schenkel. »Ach, es ist schön, einen Gast im Haus zu haben.«
»Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte ich.
Er winkte ab. »Ich brauche keinen Dank. Es ist schön, Gesellschaft zu haben.« Er lächelte. »Sie sagen, Sie sind von Rapid City zu Fuß hierher gelaufen?«
»Ich bin durch Rapid City gekommen. Aber losgegangen bin ich in Seattle.«
Verblüfft zog er seine buschigen Augenbrauen hoch. »Sie haben gesagt, dass Sie aus Seattle sind. Aber ich dachte nicht, dass Sie dort losgegangen sind. Das ist ein weiter Weg. Warum geht ein Mann zu Fuß von Seattle nach Mitchell, South Dakota?«
Ich bestrich noch ein Stück Brot mit Butter. »Um den Maispalast zu sehen natürlich.«
Er sah mich an, als versuchte er zu ergründen, ob ich die Wahrheit sagte. Schließlich sagte er: »Nein.«
»Sie haben recht. Das war ein Witz. Ich bin hier in South Dakota nur auf der Durchreise. Ich gehe nach Key West, Florida.« Ich nahm noch einen Bissen.
Er sah mir beim Essen zu, dann sagte er: »Key West, Florida. Ja, ich kenne Key West, Florida. Das heißt, Sie sind wie mein Enkel, Sie haben keine Frau, die Sie zu Hause hält.«
Ich blickte ihn an. »Nein.«
Er nickte. »Und warum geht ein cleverer Mann zu Fuß von Seattle nach Key West?«
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass ich clever bin?«
»Sie verwenden Wörter, die clever sind. Die Wörter eines Mannes sagen mehr über ihn aus als seine Kleidung. Weil Englisch nicht meine Muttersprache ist, achte ich mehr auf Wörter, die clever sind.«
»Ich war in der Werbung«, sagte ich.
»Zum Beispiel, um diese Fernsehspots zu machen?«
»Ja. Aber ich habe mehr Zeitschriftenwerbung und Produktdesign gemacht.«
»Haben Sie irgendwelche Werbespots gemacht, die ich kennen würde?«
»Vermutlich nicht. Meine Kunden waren hauptsächlich auf Washington beschränkt.«
»Die Hauptstadt, Washington D.C. ?«
»Nein, der Bundesstaat Washington.«
Er nickte. »Natürlich. Natürlich. Seattle.« Er nahm einen Bissen Brot. »Waren Sie gut in der Werbung?«
»Manche Leute waren der Ansicht. Sie haben mir Preise verliehen.«
»Ist es das, was Sie gut macht? Die Preise?«
»Nein. Das sind nur Symptome der Krankheit. Nicht die Krankheit selbst.«
Leszek lachte. »Sehen Sie, Sie sind clever. Aber Sie habenmeine Frage noch nicht beantwortet. Warum geht ein Werbemann, einer mit vielen Preisen, zu Fuß von Seattle nach Key West? Zu viel Zeit? Oder haben Sie vielleicht, wie man in Polen sagt, Ihren Kopf über die anderen Mohnblumen in der Werbung hinausgereckt, sodass man ihn Ihnen abgeschlagen hat?«
»Nein«, sagte ich. »Ich habe meine Frau verloren.«
Sein Lächeln schwand. »Oh. Das tut mir sehr leid. Sie haben sich scheiden lassen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Sie ist gestorben.«
Er blickte bestürzt. »Es tut mir wirklich sehr leid, das zu hören. War sie krank?«
»Sie hat sich bei einem Reitunfall die Wirbelsäule gebrochen. Einen Monat später ist sie an einer Infektion gestorben.«
»Das ist sehr schlimm. Jetzt verstehe ich, warum Sie Ihren Beruf deshalb an den Nagel gehängt haben.«
»Hauptsächlich. Die Werbeagentur, für die ich gearbeitet habe, war meine eigene. Während ich mich um meine Frau gekümmert habe, hat mir mein Partner meine ganzen Kunden gestohlen und mich in die Pleite gezwungen.«
»Das ist schlimm«, sagte Leszek. »Armer Mann.«
Ich war mir nicht sicher, wen er damit meinte. »Ich?«
»Ihr Partner. Er ist ein armer Mann. Am meisten Mitleid habe ich mit ihm.« Er stand auf. »Ich gebe Ihnen noch etwas Suppe.« Er beugte sich über den Tisch und füllte mir nach. »So, bitte sehr. Essen Sie reichlich.«
»Danke.« Ich wartete, bis er wieder Platz genommen hatte, dann sagte ich: »Am meisten Mitleid haben Sie mit ihm?«
»Ja. Er hat sich
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