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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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»Das mit den Käfern natürlich nicht – oder es waren höchstens ein paar. Aber der Baum ist bei dem Unwetter heute Nacht umgestürzt. Ich sehe ihn von meinem Fenster aus, er liegt quer über der Zufahrt. Sie müssen es im Schlaf gehört und dann davon geträumt haben.«
    Â»Ach ja?« Ducky fuhr sich mit der Schürze übers Gesicht und schaute hoffnungsvoll hoch. Sie riss die kleinen Augen auf. »Er ist tatsächlich umgestürzt? Himmel, wer hätte das gedacht? Ist das nicht mehr als merkwürdig, dass ich es im Schlaf gewusst habe? Ich war sicher, dass es ein Omen ist – ein böses Omen, und dass etwas Schreckliches geschehen wird. Ich hatte solche Visionen schon früher und das jetzt hat sich ganz genauso angefühlt. Gütiger Himmel. Wer hätte das gedacht?«
    Auf dem Tisch standen bereits jede Menge Teetassen herum. Ich brachte ihr eine frische Tasse und legte ihr einen Morgenmantel über den Schoß. »Am besten, Sie ruhen sich heute hier aus. Wir kommen, wenn wir etwas brauchen. Daphne, würden Sie bitte bei ihr bleiben?«
    Â»Selbstverständlich, Miss.«
    Ich wollte gerade hinausgehen, als ich hinter mir ein Heulen hörte. »Aber dass er tatsächlich umgefallen ist, ist genauso schlimm! Es ist ein Zeichen! Ein Zeichen!« Ducky begann erneut zu jammern.
    Sämtliche tröstenden Worte blieben mir im Hals stecken. Ich konnte nur den Kopf schütteln und schnell davongehen, bevor ich selbst die Fassung verlor.
    Ich fand Odette in ihrem winzigen Dienstbotenzimmer, wo sie ihre Sachen in fieberhafter Eile in eine Reisetasche packte.
    Sie warf einen schnellen, trotzigen Blick in meine Richtung. »Wie Sie sehen, gehe ich jetzt; Sie kommen ganz vergeblich die vielen Treppen herauf. Dieses Haus und dieser Mann – da ist so viel Unrecht. Ein einziges großes Unrecht seit vielen Jahren.« Sie schniefte plötzlich, und ich glaubte zu sehen, dass Tränen in ihren schwarzen Augen standen, doch sie wandte sich rasch ab. »Ich weiß jetzt genug. Ich gehe und Sie sollten auch gehen.«
    Â»Sie dürfen gerne gehen, Odette«, sagte ich, »aber Sie sollten wissen, dass Mrs Duckworth keine Zukunftsvision hatte. Sie hat geträumt, die Eiche sei umgestürzt, und der Sturm heute Nacht hat sie tatsächlich entwurzelt. Sie hat es im Schlaf gehört und das hat den Traum ausgelöst.«
    Â»Das ist nicht der Grund, weshalb ich gehe.« Sie hob das spitze Kinn. »Das habe ich nur zu den dummen Mädchen gesagt. Ich gehe, weil ich alles in Erfahrung gebracht habe, was ich erfahren konnte, und es ist genug.«
    Â»Worüber haben Sie genug erfahren?«
    Â»Ãœber diesen Ort und diesen Mann. Und ich warne Sie, wenn Sie jetzt nicht gehen, kommen Sie vielleicht nie mehr von hier weg.«
    Â»Sagen Sie mir, wovon Sie sprechen.«
    Sie schüttelte nur den Kopf und schwieg.
    Â»Heute können Sie nicht gehen«, erklärte ich. »Bei dem Wetter kommt niemand hier weg.«
    Sie setzte sich auf ihr schmales Bett und ließ die Hände in den Schoß sinken. »Dann vielleicht nicht heute, aber bald.«
    Â»Sie werden mir fehlen«, sagte ich. »Ich wünsche Ihnen viel Glück.« Odette und ich hatten von Anfang an eine seltsame Beziehung gehabt. Bei dem Gedanken an ihre Abreise fühlte ich mich plötzlich merkwürdig verlassen.
    Vom unteren Stockwerk, aus der Nähe der Bibliothek, ka m Gebrüll. Bernard rief nach mir. Gefangen. Wie in der Ge schichte von Edgar Allan Poe war ich gefangen und die Wän de der Abtei rückten langsam und erdrückend von allen Seiten auf mich zu. Ich wollte schon in die entgegengesetzte Richtung laufen, widerstand der Versuchung aber. Irgendwann musste ich ihm schließlich doch gegenübertreten.
    Drohend stand er im Türrahmen und blickte den Flur hinunter. Als ich näher kam, drehte er sich auf dem Absatz um. Beweise für seine Wut – die Scherben von zwei Vasen – lagen auf dem Boden vor der Wand, gegen die er sie geworfen hatte.
    Er ging auf und ab und Finnegan tat es ihm gleich. Bernard stapfte hinüber zum Fenster, riss den Vorhang zurück und starrte hinaus auf die gefrorene Landschaft.
    Er atmete ein paar Mal tief durch und begann, ohne sich umzudrehen: »In der Mongolei habe ich einmal ein Erdbeben erlebt. Gebäude bogen sich, brachen auseinander und zerbröckelten. Die Leute rannten, schrien, stolperten, die Gesichter

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