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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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merke ich. Aber nein, den Wunsch kann ich dir nicht erfüllen. Du bist aus freien Stücken hierhergekommen und jetzt wirst du dir alles ansehen. Außerdem ist es Zeit, dass du etwas von den bevorstehenden Freuden erfährst. Du bist ein naives kleines Gänschen. Das war anfangs noch ganz erfrischend, doch mit der Zeit langweilt es mich.«
    Ich hätte am liebsten die Augen geschlossen, traute mich aber nicht.
    Die Statuen und Wandbilder stellten Paare dar – Menschen und Tiere, missgestaltet und entstellt, mit zu vielen Gliedmaßen oder Köpfen. Sie zuckten und wanden sich, grotesk und nackt bis auf hauchdünne Schleierfetzen, die verdrehten Gliedmaßen weit von sich gestreckt, entweder in absurden Umarmungen oder in offenkundiger Qual. Die gemalten Augen und die leeren, blinden Steinaugen der Statuen schielten oder glotzten oder waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Die Münder schienen zu lächeln, doch bei genauerem Hinsehen waren sie zu Grimassen verzogen oder vor Angst oder Schmerz verzerrt.
    Â»Das – das ist widerlich. Es – es ist keine Liebe.« Ich zitterte und Tränen liefen mir übers Gesicht.
    Bernard betrachtete mich, teils neugierig, teils amüsiert, teils ärgerlich. »Und was ist deiner Meinung nach Liebe? Ausgetauschte Haarlocken« – hier überlief es mich kalt – »und Gedichte auf deine Schönheit? Chérie , ich war langmütig, aber nun wird es Zeit, dass du lernst, was Leidenschaft ist.«
    Er zerrte mich zu dem dicken Bett aus halb verschimmelten roten Samtkissen, das den Brunnen umgab, und stieß mich darauf. Er umklammerte meine Arme und legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich. »Und jetzt will ich Küsse. Nicht deine damenhaften Küsschen – ich will lange, intensive, köstliche Küsse.«
    Ich biss ihn. Er schlug mich so fest, dass meine Nase blutete.
    Dann presste er seine Lippen auf meine, hart und fordernd. Sein Atem stank und ich würgte. Er drückte gegen meine Brust, sodass ich keine Luft mehr bekam. Seine Hände wuselten über meinen Körper wie Krebse. Ich versuchte, ihn von mir herunterzuschubsen, hatte aber nicht die geringste Chance. Auch treten konnte ich ihn nicht, da er meine Beine mit seinen festhielt.
    Das geschieht. Das geschieht wirklich.
    Von draußen kam ein Schrei.
    Bernard hob den Kopf. »Das ist Ling.« Seltsam gefasst, als stünde ich neben mir, beobachtete ich fasziniert, wie das Dämonische aus seinem Gesichtsausdruck wich und Besorgnis an seine Stelle trat. »Wenn er so schreit, muss irgendetwas Schlimmes passiert sein.« Langsam ließ er mich los und stand auf. Der Muskel neben seinem Auge zuckte. »Wisch dir das Gesicht ab und bring deine Kleider in Ordnung. Wir wollen den Dienstboten keinen Gesprächsstoff liefern.« Damit verschwand er.
    Ich versuchte vergeblich, mir das Blut vom Gesicht zu wischen. Bald begann ich mit den Zähnen zu klappern. Sobald ich sicher sein konnte, dass Bernard weit genug weg war, schleppte ich mich erschöpft und kraftlos zurück zum Haus und hinauf in mein Zimmer. Meine Lippen waren geschwollen, das ganze Gesicht und die Arme schmerzten.
    Die Meerjungfrauen auf dem Kaminsims, die perlenbestickte Ottomane, das Bett – alles war fremd. Wo war ich? Was tat ich hier? Das alles musste ein Traum sein, ein schrecklicher Traum. Mehrere Minuten lang vergrub ich das Gesicht in den Händen, bevor ich nach Odette läuten konnte.
    Â»Bitte bringen Sie mir Wasser für ein Bad.«
    Sie erfasste meinen erbärmlichen Zustand mit einem Blick und beeilte sich, meiner Bitte nachzukommen.
    Â»Ich werde mich nach dem Bad ins Bett legen«, sagte ich, als das heiße Wasser in die Wanne floss. »Sie brauchen heute Abend also nicht mehr zu kommen.«
    Sie knickste, zögerte dann jedoch, die Hand schon auf der Türklinke. »Er hat Daphne einmal dorthin mitgenommen.«
    Â»Wovon reden Sie?« Ich war zu erschöpft, um sie auch nur anzuschauen.
    Â»Daphne – die die Blumengebinde macht. Monsieur hat sie in den Zierbau mitgenommen. Garvey hat es mir erzählt. Er glaubt, dass ich nicht viel verstehe, deshalb erzählt er mir das eine oder andere. Monsieur war wütend wegen irgendetwas – weswegen hat Garvey nicht gesagt. Oh, es ist schon ein paar Jahre her, bevor er Adele geheiratet hat. Da hat Monsieur Daphne – fünfzig Jahre alt, lahm, Jungfrau – er hat sie dorthin

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