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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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Flaschenkürbis folgen können , betete ich lautlos. Wenn ich nur unter vier Augen mit Gideon sprechen könnte. Wie sollte ich sonst je erfahren, was aus ihnen geworden war?
    Ich öffnete eine Schranktür. Die schweren Stiefel, die ich Talitha angeboten hatte, waren verschwunden und mit ihnen der schwarze Samtumhang. Ich war froh, dass sie daran gedacht hatte, die Sachen mitzunehmen, aber wie sehr wünschte ich, sie hätte genügend Vertrauen zu mir gehabt, um sich zu verabschieden.
    Ich sank auf meine Bettkante. Gern wäre ich zu der »verrückt gewordenen« Odette und der wehklagenden Ducky gelaufen, aber wenn ich nach unten ginge, würde ich mich einem wütenden Bernard stellen müssen und das konnte ich in diesem Moment nicht ertragen. Wenn ich daran dachte, wie er meine Familie behandelt hatte, stieg die helle Wut in mir hoch und schnürte mir die Kehle zu. Mein feiner Verlobter.
    Ich war zu aufgewühlt, um irgendetwas zustande zu bringen. Meine Hand zitterte so, dass ich die Feder fallen ließ, als ich einen Brief schreiben wollte. Ans Handarbeiten war überhaupt nicht zu denken. Ich griff nach Ich habe gelebt und geliebt. Die Geschichte eines Plantagenbesitzers und seiner Braut aus dem Norden , blickte jedoch, ohne etwas zu sehen, auf die Seite. Es war ohnehin ein blödes Buch.
    Ich spürte einen pochenden Schmerz im Nacken. Was war heute Morgen nur los in diesem Haus? Die Atmosphäre in der Abtei war immer angespannt, doch jetzt schien sich ein enormer Druck aufzubauen. Ein Beben, ein unterschwelliges Zittern war deutlich zu spüren. Vielleicht hatte der Eissturm die Atmosphäre ja elektrisch aufgeladen.
    Ich stand abrupt auf und ließ das Buch unbeachtet zu Boden fallen. Ich musste mich der Situation stellen. Mit steifen Schritten ging ich auf den Flur.
    Sofort schlossen sich mir vier schattenhafte Gestalten an. Sie strichen um mich herum wie plötzlich auftretende Windböen, unruhig, chaotisch, bedrängend.
    Â»Was?«, fragte ich laut und versuchte sie mit Blicken auf der Stelle festzunageln. »Was wollt ihr? Sagt es mir!«
    Natürlich erhielt ich keine Antwort.
    Ducky hockte in sich zusammengesunken in ihrem Zimmer auf dem Sofa und Daphne tupfte der Haushälterin mit einem feuchten Tuch das kalkweiße Gesicht ab.
    Â»Ich hab die Mädchen alle weggeschickt. Den ganzen Morgen stehn se schon mit offnem Mund hier rum«, berichtete Daphne. »Ich hab gesagt, sie sollen sich an ihre Arbeit machen, un hoff, dass ses auch tun. Sie tun Miz Duckworth nur noch mehr aufregen.«
    Die Haushälterin hob das Gesicht. Sie war völlig erschöpft und hatte die Augen fest zugekniffen. Feine graue Haarsträhnen lugten unter ihrer Haube hervor. »Oh, Miss Sophia, ich bin heute Morgen von einem ganz schrecklichen Traum aufgewacht.«
    Â»Ich habe es gehört. Erzählen Sie mir davon«, bat ich.
    Ihre Kiefer mahlten einen Moment, dann erst redete sie. »Ich bin auf die Abtei zugegangen, als ein ganzer Schwarm Krähen mit einem Schlag von der knorrigen Eiche aufflog – Sie wissen schon, die an der Zufahrt. Krächzend und schreiend sind sie in einer schwarzen Wolke direkt auf mich los. Sie haben an meinen Kleidern gezerrt und mir das Gesicht zerkratzt.« Sie rieb sich fest die Handgelenke.
    Ich legte ihr sacht die Hand auf die Schulter. »Was ist dann geschehen?«
    Sie holte tief Luft. »Die Eiche ist der Länge nach auseinandergebrochen und die ekligsten und stinkendsten Käfer sind in einer Welle herausgeschwappt. Küchenschaben und Brotkäfer und Tausendfüßler …« Sie begann krampfartig zu zucken, grapschte mit ihren dicken Fingern nach meinem Rock und packte schließlich mein Handgelenk. Ich versuchte nicht, ihre Finger zu lösen, sondern legte meine freie Hand fest darüber.
    Als sie sich wieder in der Gewalt hatte, fuhr sie fort. »Bald waren sie auf dem ganzen Gelände und im Haus und sie – sie sind auch auf mir herumgekrabbelt.« Sie ließ mich los, bedeckte ihr Gesicht mit ihrer Schürze und wiegte sich vor und zurück.
    Ich hatte mit einem lächerlichen, melodramatischen Traum gerechnet. Doch jetzt lief es mir eiskalt über den Rücken und ich spürte auch schon winzige Füße über meinen ganzen Körper wuseln. Es kostete mich Mühe, mich und Ducky in die Realität zurückzuholen.
    Â»Nun, das ist tatsächlich passiert«, erklärte ich.

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