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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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dass Charles tatsächlich ebenfalls fehlte. Je länger ohne Nachricht, desto besser.
    Um dem Rauch zu entkommen, wollte ich mit Lily auf den Hügel reiten. Garvey sattelte sie und bestand wie immer darauf, mich zu begleiten. Vergessen waren die unterwürfig bewundernden Blicke, die er mir anfangs zugeworfen hatte. Vergessen auch der schwelende Hass. Dafür lag jetzt ein kaum verhohlenes Grinsen auf seinem Gesicht, eine heimliche Schadenfreude. Ich beendete meinen Ausritt abrupt.
    Jetzt saß ich auf einer Steinbank im Garten und kaute an meinen Fingernägeln. Vielleicht würde es doch nicht so schlimm werden. Vielleicht würde ich nicht jeden Augenblick meines zukünftigen Lebens hassen.
    Mein abwesender Blick glitt über den Rasen und blieb an der überwucherten Ruine hängen – der Zierbau. Es handelte sich um den Nachbau eines alten indischen Tempels. Er konnte nicht älter als fünfundzwanzig Jahre sein, sah aber aus, als stünde er mindestens schon tausend Jahre hier. Plötzlich und für mich unerklärlich packte mich die Neugier. Verstohlen blickte ich zum Haus hinüber. Niemand in Sicht. Was konnte es schon schaden, wenn ich hineinlugte? Langsam erhob ich mich und ging zu dem Bau mit seinen herumliegenden Granitblöcken. Vom Dach grinste ein Affe mit Moosfell herunter.
    Ich strich mit den Fingern über die Vertiefungen im Stein. In den Rillen hatte sich Moos gesammelt, sodass das eingemeißelte Muster jetzt leuchtend grün hervorstach. Es war faszinierend und exotisch. Bernard hatte wirklich ein Talent, schöne Objekte zu schaffen. Ich zog die sterbende Glyzinie beiseite. Wie ein Vorhang hing sie vor der verborgenen Tür, die ich bei meinem früheren Erkundungsgang entdeckt hatte. Jetzt steckte ich meine abgeknabberten Fingernägel in den Spalt und zog.
    Zu meiner Überraschung ließ sie sich so bereitwillig öffnen, als würde sie von einer Feder gezogen. Ein Schwall kalter, übel riechender Luft schlug mir entgegen. Ich wich zurück, wappnete mich und wagte mich dann vor, hinein in das weit aufgerissene Maul. Schorfige, gräuliche Flechten überzogen die Wände. Das Licht war gedämpft, gefiltert vom Maßwerk des Steins und weiter gefiltert von den verschlungenen Ranken. Meine Augen hatten sich noch nicht daran gewöhnt. Ich lauschte – in einem halb zugefrorenen Brunnen weiter vorn plätscherte träge das Wasser. In den dunklen Ecken schienen Statuen zu stehen, doch ich konnte nicht erkennen, was sie darstellten. Es roch nach Feuchtigkeit und Schimmel; der Boden war glitschig von Schlamm und Eisresten.
    Mutig ging ich weiter hinein. Die gewölbte Decke war bemalt; die verblichenen Bilder schienen dem Stil Ostindiens zu entsprechen. Vielleicht sollten sie die schlankere, orientalische Version der plumpen, herumtollenden Götter und Putten aus dem Himmelszimmer darstellen.
    Doch dann erkannte ich die Pose einer Statue und mir stockte der Atem.
    Hinter mir hörte ich Bernard leise sagen: »Ich wusste, dass du mit deiner, ah, weiblichen Neugier irgendwann den Weg hierher finden würdest. In meinen Liebestempel. Ich habe fest damit gerechnet. Garvey hat dich beobachtet, damit er mir Bescheid geben konnte.«
    Ich wich zurück und wäre fast gestolpert. »Ich – ich – Sie haben einmal gesagt, Sie würden mir den Ort hier zeigen.«
    Â»Ja, das habe ich. Und nun ist es so weit.«
    Er kam auf mich zu. Sein Gesicht war gerötet und die Augen glänzten unnatürlich. War er betrunken?
    Â»Hier ist es so feucht.« Ich wich ihm aus. »Wir warten besser noch.«
    Â»Das glaube ich nicht. Jetzt hat das Warten ein Ende.«
    Ich versuchte an ihm vorbei zur Tür zu rennen.
    Er erwischte mein Handgelenk und zog mich mit einem solchen Ruck zu sich heran, dass er mir fast den Arm auskugelte. »Nein, ma petite , mir ist jetzt nicht danach, Fangen zu spielen. Bist du bereit für einen kleinen Spaß?«
    Ich schwankte und wäre beinahe hingefallen, doch er schlang einen Arm um mich. Was nach einer zärtlichen Geste aussah, war eine eiserne Umklammerung. Mit der freien Hand fasste er mich am Kinn, um meinen Kopf mit Gewalt zu den Darstellungen zu drehen, die ich mir anschauen sollte. Ich schrie auf, als seine Finger sich schmerzhaft in mein Fleisch drückten.
    Â»Bitte«, wimmerte ich, »bitte, ich will es nicht.«
    Er stieß ein kurzes, hässliches Lachen aus. »Das

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