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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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konnte ich selbst Anne gegenüber die lächerlichen Gefühle zugeben, die sich in letzter Zeit in meinem Herzen regten? Ich trat ans Fenster. M. Bernard ging mit weit ausholenden Schritten über den Rasen. Mir wurde die Brust eng, ein angenehmes und zugleich schmerzhaftes Gefühl. Wie ich seinen Gang liebte.
    Er blickte auf und sah mich. Er winkte und ich ließ die Finger flattern. Ich schaute ihm nach, bis er im Stall verschwand.
    Es war fast Zeit, mich fürs Abendessen umzuziehen. Was sollte ich tragen? Gestern Abend hatte er gemeint, ich gefiele ihm in Weiß (»so rein und unschuldig«). Also etwas Weißes …
    Es war doch nicht möglich, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Oder doch? Ich untersuchte meine Gefühle, wie man eine schmerzempfindliche Stelle untersucht, um festzustellen, wie weit der Schmerz geht. Als ich noch Listen erstellte mit den Voraussetzungen, die »meine wahre Liebe« mitbringen musste, hätte ich auf den Zettel, den ich mit Engelchen und Herzen verzierte, nie »Patenonkel«, Ȁlter« oder »Zwei Mal (meines Wissens) verheiratet« geschrieben.
    Talitha kam mit einem großen Paket herein.
    Es enthielt ein rechteckiges Stück Canvas und einen Korb voller Stickseide.
    Wie aufmerksam von M. Bernard, dass er sich daran erinnert und die Sachen gekauft hatte. Das war Teil des Zaubers, den er auf mich ausübte – er interessierte sich für alles, was ich sagte oder tat. Er brachte es fertig, dass ich mich selbst faszinierend fand.
    Entschlossen setzte ich mich an meinen Schreibtisch, um M. Bernards kleinen Wandteppich zu skizzieren. Vielleicht eine Szene im Wald; da konnte man mit so vielen schönen Farben arbeiten. Ich würde fröhlich gekleidete Personen um ein Feuer herumtanzen lassen und sie mit leuchtend bunten Wiesenblumen und Bäumen in allen Grünschattierungen umgeben.
    Ich zeichnete schnell und freute mich darauf, etwas Schönes für ihn zu machen. Einen Augenblick hielt ich inne und tippte mir mit der Feder ans Kinn. Wie viele Personen?
    Während ich noch überlegte, sah ich aus einem Spalt ganz unten in den Ablagefächern des Schreibtischs die winzige Ecke eines Blattes herauslugen. Es war nur bei diesem Licht und nur aus genau diesem Winkel zu sehen. Etwas war unbemerkt dort hineingerutscht. Ich angelte es mit dem Brieföffner heraus.
    Es war ein dünnes Blatt Papier, offenbar die letzte Seite eines Briefes, denn unter dem Geschriebenen war eine Unterschrift.
    Ich las:
    Du weißt, dass dein Temperament schon immer so feurig war wie deine Locken. Als deine einzige Verwandte und jemand, der nur dein Bestes will, erinnere ich dich an deine Pflichten deinem Ehemann gegenüber. Er liebt dich innig und würde dir jeden Wunsch erfüllen. Du darfst nicht vergessen, Tara, dass Gentlemen Vorlieben haben, die du als Dame nur schwer teilen kannst. Aber halte deine Zunge und dein Temperament im Zaum und sei ihm eine entgegenkommendere und angenehmere Gefährtin. Ich bin sicher, in deinem nächsten Brief dann einen erfreulicheren Bericht zu lesen.
    Mit besten Grüßen
    Deine Tante Lavinia
    Ich las die Zeilen ein zweites Mal. Noch eine Braut von M. Bernard. Tara. Mit feurigen Locken. Ich faltete das Blatt sorgfältig zusammen und steckte es in den Umschlag zu dem Haar, das ich gefunden hatte und das gut ihr gehören konnte, und schob ihn wieder unter die Schreibunterlage.
    An diesem Abend trug ich weißen Organdy. Als ich am Esstisch wartete, brachte Charles eine Nachricht: Vergib meine Abwesenheit, chérie. Ich muss für ein paar Tage weg – B. Ich schob meinen Teller zurück und ging in mein Zimmer, zu enttäuscht, um etwas zu essen.

Kapitel 9
    ENTHÜLLUNGEN
    Â»Glauben Sie, wir bekommen jemals Besuch?«, fragte ich Ducky am nächsten Morgen, als ich sie auf dem Flur entdeckte. Sie blieb stehen und ihre Miene wurde verschlossen. Sie würde sich ihre Antwort gut überlegen.
    Â»Master Bernard hält nichts von solchen Dingen. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass er die Südstaatler für schrecklich gewöhnlich hält. Besuche zu machen, hat er ihnen schon vor langer Zeit abgewöhnt.«
    Seufzend blickte ich auf die Marmorfliesen hinunter. Mme. Duclos hatte meine wunderschönen neuen Kleider geschickt. Anfangs hatte ich mich sehr darüber gefreut, aber was für einen Sinn hatte es, sich hübsch anzuziehen, wenn keiner mich je zu Gesicht bekam?

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