So wie Kupfer und Gold
erhalten, oder etwa nicht? Interessante Mitteilungen mit Einzelheiten über den âºgeheimnisvollen verschlossenen Zierbauâ¹ oder die âºverschlossene Kapelleâ¹ oder den âºverschlossenen Ostflügelâ¹. Ihr werdet sie nicht erfahren, wenn ihr mir nicht auch schreibt.
Eure euch liebende Schwester
(und lachende Blonde)
Sophie
10. Juli 1855
Liebe Familie,
ich war so glücklich, als vor ein paar Tagen eure Briefe kamen, aber zu lesen, wie sich zu Hause alles verändert, hat mich ein wenig traurig gestimmt. Irgendwie möchte ich, dass alles immer genau so bleibt, wie es war. Es bricht mir schier das Herz, wenn ich lese, dass ihr Bridget entlassen und das Haus verkaufen müsst. Anne, ich bin stolz auf dich, dass du eine Stelle gefunden hast. Allerdings wünschte ich, es wäre etwas Besseres. Wie ärgerlich, dass Frauen in ihrer Berufswahl so eingeschränkt sind. Du klingst tapfer, aber nach dem, was ich zwischen den Zeilen lese, müssen die Kinder, die du unterrichtest, kleine Teufel sein. Ich werde dich nicht für einen Jammerlappen halten, wenn du dich in deinen Briefen über sie beklagst. Nur zu â erzähle Sophie sämtliche grauenhaften Einzelheiten. Und, Junius, du weiÃt, dass ich immer stolz auf dich war, weil du jeden Tag ins Büro gehst und einen Beruf ausübst, den du hasst, weil du dich verantwortlich fühlst für deine Familie. Verantwortliche Menschen sind sehr wertvoll. Was natürlich nicht heiÃen soll, dass du, Harry, nicht auch wertvoll bist! Aber bitte vergiss nicht, dass Papa dich in den letzten Monaten auch nach der Schule zum Lernen gezwungen hat, weil du dich auf deine Prüfung im nächsten Jahr vorbereiten sollst.
Ihr braucht nicht zu fürchten, dass mir dieses Leben hier den Kopf verdreht. Ja, ich habe ein Pferd und eine Zofe und Schmuck und jede Menge herrlicher Kleider und dies und das, aber ich bin immer noch ich selbst.
Ich mache mir Gedanken über die Schuld, in der ich bei meinem Patenonkel schon jetzt stehe. Ausgeschlossen, dass ich ihm das alles je zurückzahlen kann. Den Wandteppich, den ich sticken will, und die Hausschuhe, die ich mit Perlen verziert habe, sind ungefähr so wertvoll wie die Bilder, die ich als kleines Mädchen für Papa gekritzelt habe. Aber wie kann ich Monsieurs Geschenke ablehnen? Kann ich eine kecke Mütze aus bronzegrünem Samt mit einer Fasanenfeder verweigern? (Sie würde dir gefallen, Anne.) Wie kann ich sagen, dass ich es lieber doch nicht hätte, wenn M. Bernard mir ein Samtband mit einer Achatgemme um den Hals bindet? Ich kann es nicht. Es wäre unhöflich und Monsieur freut sich, wenn ich hübsch aussehe, und auÃerdem liebe ich seine Geschenke ja. Versteht ihr, in welcher Zwickmühle ich bin? Ich weiÃ. Ihr wünschtet, ihr hättet solche Probleme.
Wenigstens tolle ich nicht nur herum, sondern tue auch ein paar nützliche Dinge. Ich bilde mich weiter. M. Bernard ist sehr belesen und in so vielen unterschiedlichen Bereichen bewandert und er bringt mir ständig neue Sachen bei. Nicht auf eine besserwisserische, unerfreuliche Art und Weise, sondern interessant und aufschlussreich. Ich musste raffiniert vorgehen, da er nicht merken soll, wie naiv und unwissend ich tatsächlich bin. Ich habe die normale Schule so früh verlassen und ich gebe jetzt vor wem auch immer, der mir deshalb Vorhaltungen gemacht hat, zu â ja, Junius, das warst du â, dass ich zu viele Liebesromane und zu wenig anderes gelesen habe. Deshalb schweige ich, wenn M. Bernard von Dingen spricht, die mir nicht vertraut sind, und schlage sie später nach. Die meisten Bücher in der Bibliothek stehen unter Verschluss, da sie so wertvoll und selten sind (obwohl ein paar davon ziemlich anrüchig sein müssen â die, von denen Monsieur sagt, er schlieÃe sie ein, damit sie die Dienstboten nicht schockieren oder »kitzeln«). Aber die Bände der Enzyklopädie liegen auf einem Tisch. Gelegentlich sagt M. Bernard mir, was ich lesen soll. Im Moment ist es »Die menschliche Komödie« von Honoré de Balzac. Faszinierend und verstörend. M. Bernard sagt, »Balzac schreibt über das richtige Leben«, aber ich halte dagegen: »Das richtige Leben ist nicht immer armselig und schmutzig, wie M. Balzac zu glauben scheint.« Es macht mir SpaÃ, mich mit meinem Patenonkel zu streiten. Keine Sorge, ich bleibe immer höflich. Ich weiÃ, dass
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