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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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ganze Zeit erzählen, was dir das Herz schwer macht, hab ich recht?« Sie setzte sich auf den anderen Stuhl, blickte mich aus klugen Augen an und wartete.
    Es stimmte. Ich wollte es ihr erzählen. Zuerst wusste ich nicht, wo anfangen, aber bald sprudelte es aus mir heraus. Ich erzählte ihr von meiner Kindheit und vom Tod meines Vaters und meinem Leben bei M. Bernard und schließlich von meinem Jammer wegen Gideon. Irgendwann begann Anarchy wortlos meine Schultern zu massieren.
    Â»Oh, oh, oh, da hast du ja ganz schön was durchgemacht, wie? Du warst so einsam und endlich denkste, du hast jemand Gutes gefunden und dann wird er dir weggenommen. Oh, oh, oh. Ich kann dir nur sagen, ’s wird alles besser. Du musst durch den Schmerz un das Leid un wenn du auf der andern Seite rauskommst, biste stärker. Ich kenn dein Pastor – er kommt ab und zu hier vorbei un kauft Kräuter un Honig – er versucht zu machen, was er für richtig halten tut, aber ich hab so ’n Gefühl, dass ihr noch zusammen seid. Und dieser Mr Cressac – er ist’n hartes Stück Arbeit! Aber du bist klug genug, um’s mit ihm aufzunehmen.«
    Ich lächelte zittrig. »Danke für alles, Anarchy. Ich gehe jetzt besser.«
    Â»Ja, geh. Aber zuerst tuste dir die Haare richten un die Kleider. Du siehst aus, als hätt man dich im Galopp geritten un nass in’n Stall gestellt.«
    Ich lachte und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar. »Darf ich Sie ab und zu wieder besuchen?«
    Â»Himmel hilf, ja. Ich hab gern Gesellschaft. Hab ’n guten Tag.«
    Ich machte mich mit schnellen Schritten auf den Rückweg, wurde jedoch rasch langsamer, als ich die Wärme und Geborgenheit nicht mehr spürte. Ich war ganz allein.

Kapitel 23
    GRAUE TAGE
    In den nächsten Tagen hing selbst bei schönstem Wetter eine graue Wolke über meiner Welt, als läge über allem ein Schmutzfilm. Die arme Lily stand gelangweilt in ihrem Stall. Ich hatte die vage Hoffnung, dass Garvey sie bewegte, fragte aber nicht nach.
    Ich würde alles tun – alles –, um Gideon noch ein Mal sehen zu können. Wenn ich ihn nur noch ein Mal sehen könnte, könnte ich ihn vielleicht überzeugen …
    Am nächsten Montag wartete ich fast ohne alle Hoffnung wieder auf der Lichtung. In der Hand hielt ich die kleine silberne Anstecknadel, mit der Gideon den Zettel an meinem Schal festgesteckt hatte. Er kam natürlich nicht.
    Er und seine unerschütterliche männliche Dickköpfigkeit. Ich schleuderte die Nadel mit aller Kraft gegen einen Baumstamm.
    Rasch lief ich hin, hob sie auf und säuberte sie. Von Neuem spürte ich meinen Schmerz wie einen Stich.
    Irgendwie musste ich etwas Gutes aus dieser schrecklichen Erfahrung machen. Ich würde sie als Wendepunkt nehmen und als neuer Mensch daraus hervorgehen. Wäre ich Katholikin gewesen, wäre ich in ein Kloster eingetreten, aber wie die Dinge lagen, würde ich zu einem Menschen, der sich weniger um hübsche Kleider und mehr um wirklich wichtige Sachen kümmerte. Es würde schwer werden, meine Liebe zu allem Schönen und Mondänen zu unterdrücken, aber ich wollte es versuchen. In sechs Wochen kam Anne. Sie würde eine sehr viel reifere und weisere Schwester vorfinden.
    Und dann erreichte mich ein verstörender Brief. Er begann in Annes lockerem Erzählstil, doch bald kam sie zum wahren Grund ihres Schreibens. Sophie , las ich, wenn es einen anderen Weg gäbe, würde ich dich mit diesem Problem nicht behelligen, besonders nachdem du so freundlich warst und uns erst neulich Geld geschickt hast. Aber Harry ist in einer ernsten Notlage. Er verkehrt in Kreisen, die einen lockeren und aufwändigen Lebenswandel pflegen, und kürzlich hat er mit seinen Kameraden ein Spielcasino besucht, in dem um hohe Einsätze gespielt wird. Er hat sehr, sehr hohe Schulden und ist so verzweifelt, dass er mir Angst macht. Er äußert so schlimme Dinge, dass ich sie hier nicht wiederholen kann. Bitte, bitte bringe dieses schreckliche Unglück M. de Cressac zur Kenntnis. Ich schäme mich ja so, aber ich muss dich darum bitten.
    Danach nannte sie eine furchterregend hohe Summe. Ich zermarterte mir das Gehirn nach einer Möglichkeit, sie aufzutreiben, ohne mich an meinen Patenonkel wenden zu müssen. Ich konnte ihn nicht um noch mehr bitten. Ich konnte es einfach nicht.
    M. Bernard fielen meine überschatteten Augen und meine

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