Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
Vom Netzwerk:
enthielt einen wackeligen Tisch und zwei Stühle mit geflochtenem Sitz und fehlenden Stäben in der Lehne, ein schmales Bettgestell mit einer Patchworkdecke darauf und eine Kiste mit Deckel, die wohl als Kommode diente. An einer Wand hing ein schlecht kolorierter Druck von einem engelsgleichen blonden Mädchen, das mit jungen Hunden spielte. Der Raum war warm von dem Feuer im Herd, auf dem ein eiserner Kessel dampfte. Als ich zu dem Stuhl ging, den die Frau mir zuwies, und mich setzte, streifte mein Kopf die Kräuter, was den Duft noch verstärkte.
    Â»Ich heiß Anarchy«, erklärte sie, während sie herumwuselte, heißes Wasser aus dem Kessel in einen braunen Steingutbecher goss und getrocknete Blätter darüberstreute, die sie aus einem der Bündel gezupft hatte.
    Â»Anarchy?«, hakte ich nach, da ich mir nicht sicher war, ob ich sie richtig verstanden hatte.
    Â»So isses. Ich hab mal den Vassars gehört, die wo die Bella Vista Plantage ham. Aber als Mr Richard mich Miss Fanny geschenkt hat, um die was ich mich gekümmert hab vom ersten Tag an, hat se mir die Freiheitspapiere gegeben. Ich hab se noch, da in der Kiste. Anthony – mein Sohn Anthony, der immer noch Mr Richard gehört – er sagt immer, ich muss dem Gericht alle drei Jahr drei Dollar zahlen, damit se se erneuern, aber ich hör nich auf ihn. Ich geb keim Gericht keine Dollars nich, bis ich so weit bin. Ich muss sparen, damit ich Anthonys Baby die Freiheit kaufen kann. Sie is meine kleine Prinzessin. So klein un zart un hat keine Mama nich mehr – sie lebt nich lang, wenn se se zu hart rannehmen. Über die Hälfte von ihrem Preis hab ich schon gespart. Mr Richard sagt, er macht mir ’n gutes Angebot für sie.«
    Der Schrecken eines Systems, in dem eine Großmutter ganz sachlich von einem Handel sprach, um ihre Enkeltochter freizukaufen, verschlug mir die Sprache. Zum Glück erwartete Anarchy keine Antwort.
    Â»Um mich tu ich mir keine Sorgen machen. Miss Fanny würd nich zulassen, dass mir hier einer was tut. Sie hat mir auch das Bild da geschenkt« – dabei zeigte sie auf den Druck an der Wand – »damit’s mich an mein kleines Mädchen erinnert, das ich so gern gehabt hab. So hat se ausgesehen, als se noch ’n Kind war. Trink das jetzt. Kamille beruhigt die Nerven. Ich hab auch Honig reingetan von meine eignen Bienen. ’s gibt keinen süßeren nich. Da fühlst du dich flugs geschwind besser.«
    Die Wärme und Behaglichkeit und der Duft der Hütte hüllten mich ein, bis ich mich wirklich besser fühlte. Und neugierig.
    Â»Warum sind Sie nicht in den Norden gegangen, als Sie Ihre Freiheit hatten?«, erkundigte ich mich.
    Sie lachte meckernd. »Wenn das Kind nich fragen tut, was alle fragen …«, rief sie zur Decke hinauf. »Was erzählen se den Leuten, dass se immer das Gleiche fragen? Ich sag, warum sollt ich? Ich hab hier Miss Fanny und mein Anthony und mein Enkelkind dicht dabei. Ich fühl mich hier wohl wie ’n Pups im Kohl. Anthony hat mir grad die Stiefel aus Eichhörnchenfell gemacht, die was ich anhab. Sind se nich schön?«
    Mit einer komischen kleinen Geste hob sie stolz ihre Röcke und zu meiner Überraschung waren die Stiefel tatsächlich schön. Anthony hatte sich offensichtlich sehr viel Mühe damit gegeben. Die Eichhörnchenfelle waren weich und anschmiegsam und die Stiefel passten perfekt. Überrascht war ich auch, dass mir dieser Raum gefiel, so angefüllt mit Anarchys Zufriedenheit. Sie besaß nichts, gar nichts, und war doch glücklich.
    Â»Anthony versteht sein Handwerk«, lobte ich.
    Die alte Frau glühte vor Stolz. »Er macht alle Schuhe auf der Plantage, so wie’s sein Daddy früher gemacht hat. Miss Fanny, sie hat immer für ihrn Daddy getanzt, da hat er ihre extra spitz und zierlich gemacht.« Wieder lachte sie meckernd. »Zu zierlich. Heut hat se ’nen krummen Zeh. Hier, Miss Fanny bringt mir den Kuchen beim letzten Mal, wo se da war. Aber ich hab’n aufgehoben für ’ne besondre Gelegenheit. Das isse. Du isst ’n ganz auf.«
    Sie wickelte ein Stück sehr alten, sehr dunklen Früchtekuchen voller harter Rosinen aus und legte es vor mich hin. Ich würgte es hinunter.
    Â»Ich heiße Sophie«, sagte ich, nachdem ich mir den Mund abgewischt hatte.
    Â»Dann mal los, kleine Miss Sophie, du willst der alten Anarchy doch schon die

Weitere Kostenlose Bücher