So will ich schweigen
besten darauf reagieren könnte. Und dann begann sein Herz plötzlich schneller zu schlagen, als ihm klar wurde, welches Thema sie so geschickt umschifft hatte, indem sie das Gespräch auf ihre und Kincaids Herkunftsfamilie lenkte.
»Jules«, sagte er streng, »diese Sachen, die Caspar gestern gesagt hat – ist da irgendwas Wahres dran? Ist das der Grund, weshalb du ihm aus dem Weg gehst?«
Es war ja nicht so, als ob Ronnie Babcock keinen Frust gewohnt wäre. Polizeiarbeit hatte sehr viel mit Frust zu tun – selten wurde ein Fall in den ein oder zwei Tagen gelöst, die in
Fernsehkrimis die Standardvorgabe waren. Aber meistens gab es doch wenigstens den einen oder anderen kleinen Fortschritt.
Es gab zum Beispiel Verwandte, Bekannte oder Nachbarn, die man vernehmen konnte. Die Spurensicherung förderte in der Regel das eine oder andere interessante Detail zutage, oder die Rechtsmedizin konnte ihnen sagen, ob der Täter Rechtshänder war oder das Opfer die Promillegrenze um das Doppelte überschritten hatte, als es von dem Auto überfahren wurde.
Aber dieser Fall war bis jetzt eine einzige Serie von Sackgassen. Dr. Elsworthy hatte den Leichnam des Kindes an die Forensische Anthropologie weitergeleitet, doch Babcock wusste, dass noch ein oder zwei Tage ins Land gehen würden, bevor er mit einem Bericht rechnen könnte.
Obwohl die Suche von dem Gebäude auf den Zufahrtsweg und die umliegenden Wiesen ausgeweitet worden war, hatte der Suchtrupp keine weiteren interessanten Entdeckungen gemacht – nicht, dass die Fundstücke im Viehstall selbst so furchtbar interessant gewesen wären. Immerhin hatten sie einen kleinen Vorrat an Wodkaflaschen gefunden, versteckt unter einem Stapel Bretter in der Ecke.
Und die Nachbarn, die ihnen vielleicht die aktuelle Adresse der spurlos verschwundenen Smiths – der früheren Besitzer des Viehstalls – liefern könnten, waren noch nicht aus dem Weihnachtsurlaub zurück. Die Fabrik, aus der die Babydecke stammte, hatte noch geschlossen, und Babcocks alter Kumpel Jim Craddock, der den Verkauf des Besitzes von den Smiths an die Fosters abgewickelt hatte, machte Urlaub auf Teneriffa.
Auch Rasanskys Nachforschungen in den Geschäften der Umgebung, in denen die Babydecke möglicherweise gekauft worden war, waren ergebnislos geblieben. Babcock hatte ihn in seinem Frust – ungerechterweise, wie er sehr wohl wusste –
dazu verdonnert, die Fosters noch einmal zu vernehmen. Allerdings konnte er sich vorstellen, dass Rasansky den Auftrag gar nicht als Strafe empfinden würde – vermutlich würde er sich mit den Fosters blendend verstehen.
»Was denken Sie gerade, Chef?«, fragte Sheila Larkin und setzte sich auf die Ecke des Schreibtischs, den er für die Einsatzzentrale organisiert hatte. Er sah, dass sie heute dem winterlichen Wetter Tribut gezollt hatte und unter ihrem knappen Röckchen eine Strumpfhose und Stiefel trug. »Sie sehen aus, als wären Sie heute Morgen mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden«, fügte sie hinzu, während sie ihn kritisch beäugte.
»Die Heizung ist immer noch kaputt«, gab er zu. Er hatte die Nacht wieder auf dem Wohnzimmersofa verbracht, begraben unter sämtlichen Decken, die das Haus hergab. Natürlich hatte er schlecht geschlafen, und natürlich hatte er wieder keine Zeit für den Morgenkaffee gehabt.
»So ein Urlaub in der Karibik wäre jetzt wirklich nicht schlecht«, sagte sie mitfühlend, und ihm fiel auf, dass ihre Augen von einem so tiefen Meergrün waren, dass man darin hätte eintauchen können. Reine Assoziation, verbunden mit akutem Schlaf- und Koffeinmangel, sagte er sich, während er blinzelte und rasch wegsah.
Außer ihm und Sheila war nur ein weiterer Beamter im Raum, der damit beschäftigt war, Berichte zu sortieren. Der Fall hatte eine zu geringe Priorität, als dass er einen größeren Personaleinsatz gerechtfertigt hätte, und außerdem waren einfach noch nicht genug Informationen eingegangen. Der Hauptanschluss läutete, und Larkin rutschte von der Schreibtischkante, um den Anruf anzunehmen. Sie hörte einen Moment zu, sagte »in Ordnung, danke« und legte auf.
»Ihre Starzeugin ist da«, vermeldete sie. »Soll ich sie runterbringen?«
»Nein, ich glaube, wir machen das lieber in meinem Büro
und nicht hier im Verlies. Ist auf jeden Fall vertrauenerweckender.«
»Ist es denn unbedingt notwendig, das Vertrauen Ihrer Mrs. Newcombe zu erwecken?«, fragte Larkin, als sie sich auf den Weg zum Empfang machten. »Wir brauchen doch
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