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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Vielleicht hatte er ein uneheliches Kind gezeugt und wollte zusätzliche Komplikationen vermeiden …«
    »Und die Mutter des Kindes war damit einverstanden, es einzumauern? Oder vielleicht hat er sie auch irgendwo verscharrt? Ronnie, du konstruierst dir da was zusammen.«
    Babcock konterte mit einem Grinsen. »Wo bleibt deine Fantasie, Junge? Haben die Bürokraten vom Yard sie dir schon so gründlich ausgetrieben? Wer weiß, vielleicht hat er sie ja im Kellergeschoss seines viktorianischen Ungetüms eingemauert. Hast du denn nie Poe gelesen?«
    »Wenn du einen Durchsuchungsbeschluss beantragen willst, um in Duttons Haus die Wände einreißen zu können, ist ›Das Fass Amontillado‹ vielleicht eine etwas dürftige Begründung.«
    »Okay, okay. Der Punkt geht an dich. Aber ich denke, ich werde Larkin trotzdem mal ein bisschen in Duttons Vergangenheit rumschnüffeln lassen.«
    »Deine Detective Constable?« Kincaid zog amüsiert eine Augenbraue hoch. »Helles Mädchen. Und weißt du was? – Ich glaube, sie steht auf dich.«
    Babcock verschlug es für einen Moment die Sprache. »Du veräppelst mich doch. Sie ist zu jedem so frech – das hast du ja selbst erlebt. Und du bist schließlich in festen Händen, wenn ich mich nicht irre. Ich hab deine … Freundin ja kennengelernt.«
    »Das hat sie mir erzählt – allerdings würde sie wahrscheinlich die Bezeichnung ›Lebensgefährtin‹ vorziehen. Und du weichst vom Thema ab.«
    »Also, selbst wenn du recht hättest – und ich sage nicht, dass es so ist -, habe ich immer noch genug Probleme mit meiner
Ex, als dass ich mich auf eine Beziehung am Arbeitsplatz einlassen könnte. Obwohl ich zugeben muss, dass meine Chancen, eine interessante Frau zu treffen, die es mit einem Polizisten aushalten würde, gegen null tendieren«, räumte Babcock ein. Noch während er das sagte, fiel ihm ein, dass Kincaid ja geschieden war und dass seine Exfrau, wie er gehört hatte, auf tragische Weise ums Leben gekommen war. Um seine momentane Verlegenheit zu überspielen, sagte er: »Und wie hat das mit dir und deiner Gemma angefangen?«
    Diesmal war Kincaids Grinsen boshaft: »Sie war Sergeant in meiner Abteilung.«
     
    Als Althea Elsworthy Rowan Wain sah, wusste sie sofort Bescheid. Dennoch tat sie, was von ihr erwartet wurde, hörte Herz und Lungen ab, machte eine Nagelbettprobe, um die Rekapillarisierung zu prüfen, begutachtete Lippen und Zahnfleisch. Die keuchenden Atemzüge der Frau hallten in der engen Kabine wider.
    Die Sozialarbeiterin – Annie Lebow, wie sie sich jetzt nannte – hatte Althea kurz die Vorgeschichte der Wains geschildert und ihr erklärt, warum Rowan Wain und ihr Mann sich weigerten, auf dem herkömmlichen Weg ärztliche Hilfe zu suchen.
    »Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom?«, hatte Althea erwidert. »Mein Gott. Wer hat denn die Diagnose gestellt?«
    Als Annie es ihr sagte, schüttelte sie den Kopf und presste die Lippen zusammen. »Diese schleimige Kröte. Ich will ja nicht behaupten, dass so etwas nicht ab und zu vorkommen kann – dass Eltern ihre Kinder misshandeln, um Aufmerksamkeit zu erregen -, aber dann sollte man das auch genau so nennen, nämlich Kindesmisshandlung, und entsprechend reagieren. Aber dieser Sprake zieht die Diagnose Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom aus dem Hut, wann immer ihm nichts
Besseres einfällt oder die Eltern ihn nicht als den Halbgott verehren, für den er sich hält.«
    »Und es gibt keine Möglichkeit, die Diagnose aus Rowans Patientenakte löschen zu lassen?«
    »Wohl kaum, selbst wenn die Wains unbegrenzte Mittel zur Verfügung hätten und sich die besten Anwälte leisten könnten. Dem Jungen geht es inzwischen gut?«
    »Erstaunlich gut, soweit ich das beurteilen kann«, hatte Annie geantwortet, und Althea hatte genickt. Sie hatte Fälle wie diesen erlebt: Kinder, die lange kränkelten und dann aus unerfindlichen Gründen plötzlich die Kurve zu kriegen schienen. Sie hatte beide Kinder kurz gesehen, als sie in der Wohnkabine hinter dem Rücken ihres Vaters hervorgelugt hatten, und sie konnte nur bestätigen, dass beide gesund aussahen, wenngleich ein wenig zu mager. Aber besser zu dünn als so übergewichtig wie viele der Kinder, die sie in letzter Zeit zu sehen bekam – Kinder, die den größten Teil des Tages vor dem Fernseher verbrachten.
    »Frau Doktor.« Rowan Wains schwaches Flüstern riss Althea aus ihrer Träumerei. Die dünnen Finger, die Rowan ihr auf den Arm legte, waren kalt und eisblau. »Es ist sehr

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