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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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auf dem Revier sind. Also, bis dann.
    Klagen über Klagen«, sagte er zu Kincaid, während er das Handy zuklappte. »Ich kann mich nicht erinnern, dass wir früher so viel gejammert hätten. Was ist bloß aus der Arbeitsmoral der Truppe geworden?« Er bremste ab, und Kincaid sah, dass sie wieder an der Abzweigung nach No Man’s Heath waren, dem Dorf mit dem berühmten Pub. »Na«, meinte Babcock, der schon ganz glänzende Augen bekam, »wie wär’s jetzt mit einem kleinen Imbiss?«
     
    Sheila Larkin fluchte halblaut vor sich hin. Was glaubte dieser blöde DCI denn, wer sie war? So eine Art Wonder Woman vielleicht? Sie war es ja gewohnt, dass er von ihr erwartete, an mindestens zwei Orten gleichzeitig zu sein, aber jetzt hatte er
sich einen Spaß daraus gemacht, sie in Gegenwart seines alten Kumpels herumzukommandieren, und das stank ihr gewaltig.
    Sie hatte sich gerade in der Kombüse des Boots umgesehen, als das Telefon klingelte, und während ihr Magen lautstark protestierte, beäugte sie sehnsüchtig eine ungeöffnete Packung Ingwerkekse im Schrank. Doch die Versuchung währte nur einen Augenblick, und sie schloss rasch die Schranktür. Es schien ihr nicht richtig, sich an den Vorräten einer toten Frau zu vergreifen, auch wenn am Ende sowieso alles auf dem Müll landen würde.
    Sie zog ihr Notizbuch und einen Stift aus der Jackentasche und schrieb sich Babcocks Liste von Aufträgen auf. Punkt eins war, auf dem Revier anzurufen und die Ermittlungen in Tilston in Gang zu bringen.
    Nachdem die Leitstelle sie verbunden hatte, bat sie den diensthabenden Sergeant, einen Beamten zu schicken, der das Dorf kannte – das würde ihre Chancen erhöhen, nützliche Informationen zu bekommen. Sie fragte auch wegen des Nebels nach, und der Sergeant sagte ihr, dass er am gestrigen Abend in ganz West-Cheshire und bis nach Wales hinein sehr dicht gewesen sei. Damit wäre ein Punkt auf der Liste schon abgehakt, dachte sie und legte befriedigt auf.
    Dann wandte sie sich wieder der Aufgabe zu, das Boot nach allem Möglichen zu durchsuchen, was irgendwie Licht auf die Ermordete oder die Umstände ihres Todes werfen könnte. Sie hatte im Salon angefangen, den sie in wenigen Minuten gründlich durchsucht hatte – Annie Lebow hatte offenbar großen Wert darauf gelegt, nicht zu viel Krempel anzuhäufen.
    Sheila dachte an die Doppelhaushälfte am Stadtrand, die sie sich mit ihrer Mutter teilte, und seufzte. Wenn ihr oder ihrer Mutter zu Hause irgendetwas zustieße, würde die Polizei eine Woche brauchen, bis sie sich ins Wohnzimmer vorgearbeitet hatte. Dabei war es gar nicht so, als ob sie oder ihre Mutter
dazu neigten, überflüssigen Kram anzuhäufen – das Zeug vermehrte sich so schnell, dass sie mit dem Aufräumen nicht nachkamen, und sie hatten beide nie genug Zeit.
    Sie kamen ganz gut miteinander klar, sie und ihre Mutter. Diane war erst siebzehn gewesen, als sie Sheila bekommen hatte, und Sheilas Vater hatte sich vor seiner Verantwortung gedrückt und war bald auf Nimmerwiedersehen verschwunden. So kam es, dass sie sich zu zweit durchs Leben geschlagen hatten, seit Sheila sich erinnern konnte.
    Sie war vorläufig sehr zufrieden damit, in einer WG mit ihrer Mutter zu wohnen. Sie zahlte ihren Anteil an allen Kosten – Hypothekenzinsen, Nebenkosten und Lebensmittel. Dabei kamen sie beide selten genug dazu, zu Hause zu essen, schon gar nicht zusammen. Ihre Mutter arbeitete in Nachtschicht als Krankenschwester in der Notaufnahme des Leighton Hospital, und so kommunizierten sie oft tagelang nur über Zettel, die sie an die Kühlschranktür klebten.
    Trotzdem – auch wenn das Haus leer war, hatte Sheila immer noch das Gefühl, nicht ganz allein zu sein, und das fand sie beruhigend, besonders nach einem schwierigen Fall.
    Als sie nun ins Schlafzimmer ging – oder in die Schlafkabine, wie man hier wohl sagen musste -, schien es ihr, als könne sie die Einsamkeit spüren, die sich wie ein Schatten auf sie legte. Aller Neid, den sie angesichts der noblen Wohnverhältnisse der toten Frau empfunden hatte, war verflogen. Annie Lebow hatte sich in einen Kokon eingesponnen – geschmackvoll, luxuriös und emotional isoliert.
    Sheila stellte jedoch bald fest, dass Lebows spartanisch-exklusiver Lebensstil von Vorteil war. Ein Teil der Wandverkleidung in der Schlafkabine ließ sich als Schreibtisch herausklappen, und der Raum dahinter war fein säuberlich in Nischen und Schubfächer aufgeteilt. Dort fand sie rasch alle Papiere, die Annie Lebow

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