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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Absicht.
Sie hat die Frechheit besessen, zu behaupten, sie hätte immer versucht, ihr Bestes für unsere Ehe zu geben. Blöde Kuh.« Er schluckte den Rest seines Drinks, und diesmal spürte er das Brennen kaum.
    »Verdammt noch mal, Caspar.« Piers wirkte jetzt nicht mehr belustigt, und Caspar fühlte sich plötzlich von der physischen Präsenz des Mannes in die Ecke gedrängt. »Es war nicht meine Absicht, die Dinge zwischen dir und Juliet noch schwieriger zu machen. Ich hatte nur deine Interessen im Sinn, weil du nun mal mein Freund bist und nicht nur mein Partner. Wenn du nicht in der Lage bist, den Mund zu halten, kannst du mich nicht für die Folgen verantwortlich machen.« Er machte kehrt, und einen Moment darauf hörte Caspar, wie die Haustür geöffnet und mit einem Knall ins Schloss geworfen wurde.
    Er stand auf und hielt das leere Glas lose zwischen den kraftlosen Fingern. Jetzt hatte er alles verdorben. Piers hatte recht, er hätte den Mund halten sollen. Das Letzte, was er gewollt hatte, war, Piers’ Zorn auf sich zu ziehen oder sein Vertrauen zu missbrauchen. Und er konnte sich auch nicht entsinnen, dass Piers jemals die Stimme gegen ihn erhoben hatte.
    Dennoch war es merkwürdig, dachte er, während er leicht schwankend dastand und spürte, wie der Alkohol durch seine Adern strömte. Sein Partner war wütend gewesen, daran konnte es keinen Zweifel geben, aber Caspar hätte schwören können, dass er ein triumphierendes Funkeln in Piers’ Augen gesehen hatte, kurz bevor er sich abgewandt hatte.
     
    Annie Lebow hatte keine Mühe, einen Liegeplatz im Nantwich Canal Centre zu bekommen – es war schließlich Heiligabend, und die meisten vernünftigen Bootseigner waren irgendwo an Land, wo sie mit ihren Familien oder Freunden feierten.
    Das Canal Centre nahm den Platz des alten Hafenbeckens
ein, das früher den Endpunkt des Chester Canal gebildet hatte. Der im Jahr 1779 fertiggestellte Kanal war erweitert worden, um Frachtschiffen Platz zu bieten, die Waren wie den berühmten Käse aus Nantwich über die Ebene von Cheshire nach Chester transportierten. Nach Jahren des Verfalls hatte in den Neunzigerjahren ein umtriebiges Ehepaar dem Canal Centre neues Leben eingehaucht. Inzwischen hatte es sich zu einem wichtigen Zentrum für Bootsbau und Reparaturen entwickelt, und die Kanalschiffer fanden hier alles, was sie fürs tägliche Leben benötigten.
    Annie brauchte Hilfe mit der Horizon – die Elektrik war seit ein paar Tagen gestört -, und Nantwich bot sich als Anlaufstation an. Das hatte sie sich jedenfalls eingeredet und dabei die Tatsache ignoriert, dass sie in der Weihnachtswoche wohl kaum einen Handwerker bekommen würde. In Wahrheit zog es sie mehr und mehr zurück an die Schauplätze ihres Arbeitslebens, an ebenjene Orte, die sie damals am liebsten ganz gründlich aus ihrem Gedächtnis gelöscht hätte.
    Wie seltsam, dass sie heute ausgerechnet die Familie gesehen hatte, die wesentlich dafür verantwortlich war, dass sie ihren Beruf aufgegeben hatte, die sie aber andererseits auch dazu inspiriert hatte, ihre bisherige Existenz gegen ein Leben auf dem Wasser einzutauschen. Sie war versucht gewesen, Gabriel Wain zu sagen, dass sie ihm deswegen zu Dank verpflichtet sei, doch sie vermutete, dass er sie lediglich für verrückt erklärt hätte.
    Ganz gleich, wie kompetent und erfahren sie inzwischen war, sie würde niemals wirklich zur Welt der traditionellen Kanalschiffer gehören. Und Leute wie die Wains waren heutzutage ohnehin eine Seltenheit. In den Jahren, seit sie mit ihrem Fall betraut gewesen war, hatte sie sich öfter gefragt, ob der Zauber, den ihr unkonventionelles Leben auf sie ausübte, damals nicht ihr Urteil getrübt hatte.

    Der Anblick der Kinder heute, so unverkennbar glücklich und gesund, hatte jeden Rest von Zweifel hinweggefegt. Nur die Mutter hatte bleich und krank ausgesehen, und sie schien Angst zu haben. Annie hatte sich wohlweislich jeden Kommentar verkniffen – sie verstand die Gründe für das Misstrauen der Wains nur allzu gut. Sie hatte sich eingeredet, es gehe sie nichts an, doch sie war wohl zu sehr Sozialarbeiterin aus Überzeugung, als dass sie ihre Bedenken, was Rowan Wain betraf, so leicht hätte beiseite schieben können.
    Nachdem sie ihr Boot in dem ruhigen Hafenbecken sicher vertäut hatte, fand sie mithilfe ihrer Taschenlampe den Weg über den Leinpfad auf den Aquädukt, der den Shropshire Union Canal über die Straße nach Chester führte. Der »Shroppie«, wie

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