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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Originalausgabe gesehen. Wie typisch für Roger, dass er das Buch für sie aufgetrieben hatte – sie würde ihn anrufen und sich bedanken müssen. Vielleicht würde sie sogar vorschlagen, dass sie sich zu einem Weihnachtsessen trafen.
    Langsam und bedächtig blätterte sie die Seiten um, betrachtete eingehend die Holzschnitte, die jedem Kapitel vorangesetzt waren. Der Künstler, Denys Watkins-Pitchford, hatte die Quintessenz des Lebens auf dem Kanal mit wunderbar sparsamen Formen und Linien festgehalten. Sie erinnerte sich, in ihrer modernen Ausgabe gelesen zu haben, dass die Illustrationen auf Fotografien von Tom Rolts Frau Angela basierten.
    Da war eine traditionelle Buckby-Wasserkanne zu sehen, die obere Schleuse bei Foxton, ein Reiher im Sumpfgras, das längst verschwundene Lagerhaus, das den Shropshire Union bei Barbridge überspannt hatte … Annie betrachtete die Bilder, und sie brachten die ganze Faszination zurück, die sie bei ihrer ersten Begegnung mit dem Leben auf dem Kanal empfunden hatte, und die sie einzig und allein ihrem Kontakt mit Gabriel Wain und seiner Familie verdankte.
    Gewiss, der Anblick der Kanäle und Boote war ihr von frühester Kindheit an vertraut; sie war gelegentlich auf dem Leinpfad spazieren gegangen und stehen geblieben, um zuzusehen, wie ein Boot durch die Schleuse bei Audlem fuhr. Aber sie hatte nie einen Fuß auf ein Kanalboot gesetzt, bis zu dem Tag,
an dem sie ausgeschickt worden war, um mit den Wains zu sprechen.
    Wie merkwürdig, dass sie sie ausgerechnet gestern wiedergesehen hatte, nach all den Jahren. Das ungute Gefühl, das sie bei dieser Begegnung beschlichen hatte, war wieder da, und es war noch stärker als zuvor. Das System hatte sie betrogen, und sie, Annie, hatte sie nicht schützen können.
    Der Verlust ihrer sämtlichen Illusionen verfolgte sie noch immer wie ein schlechter Geschmack im Mund. Die Schuldgefühle wegen ihrer eigenen privilegierten Stellung hatten sie zur Sozialarbeit gebracht, zusammen mit der Hoffnung, jene Leere, die sie in sich spürte, auszufüllen, indem sie anderen Menschen etwas gab. Aber im Lauf der Jahre hatte die Fruchtlosigkeit ihrer Bemühungen ihren jugendlichen Optimismus aufgerieben. Sie hatte so viel Leid, Elend und Grausamkeit gesehen, dass sie glaubte, unter der Last erdrückt zu werden, und ihr Handeln war ihr so vergeblich vorgekommen wie der Versuch, eine Überschwemmung zu verhindern, indem man einen Finger gegen den Deich drückte.
    Als dann ein Kind, das sie seiner Familie weggenommen hatte, an den Folgen der Misshandlungen durch den Stiefvater gestorben war, hatte sie sich gefragt, wie lange sie das noch durchhalten könnte. Und was mit den Wains passiert war, hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.
    Sie hatte all dem den Rücken gekehrt, hatte sich wie eine Schnecke in ihr Haus zurückgezogen und war jedem Kontakt mit Menschen aus dem Weg gegangen, doch um sie herum war das Elend weitergegangen. Rowan Wain und ihre Familie waren noch immer gefährdet.
    Könnte sie damit leben, wenn sie jetzt wieder wegsähe? Aber selbst wenn sie versuchte, ihnen zu helfen – hatte sie denn irgendetwas zu bieten? Hatte sie überhaupt die Kraft, aus ihrem selbst gesponnenen Kokon auszubrechen?

    Die Erkenntnis kam ganz plötzlich.
    Es spielte keine Rolle, ob sie der Aufgabe gewachsen war oder nicht, oder ob ihre unendlich unbedeutenden Handlungen irgendetwas in der Welt bewegten. Sie musste einfach nur handeln, alles andere zählte nicht.

8
    Als Babcock über die vereisten Reifenspuren auf dem Parkplatz des Krankenhauses stapfte, sah er Dr. Elsworthys grünen Morris Minor auf einem der für Ärzte reservierten Plätze stehen. Auf dem Rücksitz erhob sich der Kopf des Hundes wie ein urzeitliches Monster aus den Tiefen von Loch Ness. Die Bestie fixierte ihn mit einem starren Blick ihrer unergründlichen Augen und wandte sich dann ab, als hätte sie ihn taxiert und für zu leicht befunden, um schließlich wieder abzutauchen. Kein Wunder, dass die Rechtsmedizinerin solchen Luxus wie ein Auto mit moderner Alarmanlage nicht nötig hatte, dachte Babcock, während er Hund und Wagen in großem Bogen umkurvte. Eher würde sie von einem verhinderten Autodieb verklagt werden, weil er einen Herzinfarkt erlitten hatte, als dass sie um ihr Auto fürchten müsste.
    Auch der Anblick seines Sergeants Kevin Rasansky, der am Eingang zur Leichenhalle an der Wand lehnte, war kaum dazu angetan, ihn aufzuheitern.
    »Morgen, Chef. Frohe

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