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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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an der vorrückenden Dunkelheit die Zeit ablesen, und schüttelte dann den Kopf. »Nein, ich will Ihnen keine Umstände bereiten. Sagen Sie ihm einfach nur, er möchte Ronnie Babcock anrufen, wenn er wieder da ist.«
    »Ronnie Babcock? Sie sind Chief Inspector Babcock?«
    Er sah sie verdutzt an. »Ja, das steht zumindest in meinem Ausweis.«
    Gemma errötete. »Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich wollte nicht … Es ist nur, weil Duncan von Ihnen gesprochen hat.« Spontan streckte sie die Hand aus und sagte: »Ich bin Gemma.«
    Einen Moment lang schien er noch verwirrter als zuvor. Dann aber hellten sich seine Züge auf, und er schüttelte ihr herzlich die Hand, wobei er grinste, als hätte sie gerade im Lotto gewonnen. »Der alte Halunke. Er hat mir gar nicht erzählt, dass er …«

    Gemma fiel ihm ins Wort. »Das sind wir auch nicht. Verheiratet, meine ich. Wir leben nur zusammen.« Sie war ein wenig sauer auf Kincaid, der es offensichtlich nicht für nötig gehalten hatte, sie oder ihre Beziehung im Gespräch mit seinem alten Kumpel zu erwähnen. Und warum glaubte sie sich eigentlich für die Tatsache rechtfertigen zu müssen, dass sie nicht verheiratet waren?
    »Na, er ist jedenfalls ein Glückspilz, so oder so«, meinte Babcock. Angesichts der charmanten Art und Weise, in der er die Situation gerettet hatte, war ihr Ärger gleich wieder verf logen.
    »Wie gesagt, er müsste wirklich jeden Moment zurück sein. Er ist nur ein bisschen spazieren gegangen, und es ist schon fast dunkel. Wie wär’s, wenn Sie …«
    »Mami«, ertönte Tobys weinerliche Stimme hinter ihr. »Jack kratzt an der Tür, aber ich hab ihn nicht rausgelassen. Können wir jetzt das Puzzle fertig machen?«
    »Mein Sohn Toby«, erklärte sie Babcock. Dann tätschelte sie den Blondschopf des Jungen und sagte: »Es ist kalt, Schätzchen. Geh wieder rein, ich komme gleich nach.« Diesmal zog sie die Tür ein wenig fester hinter sich zu. Jacks schrilles Gebell wurde immer lauter, und sie sah ihn schon wie eine schwarz-weiße Kanonenkugel auf den fremden Eindringling zuschießen. Ob er wohl biss, wenn ihm der Besucher nicht ordnungsgemäß vorgestellt wurde?
    »Es ist nicht weiter wichtig. Ich will Sie nicht aufhalten«, versicherte Babcock ihr. Sie war sich nicht sicher, ob es die Angst um seine körperliche Unversehrtheit war, die ihn zu dem schnellen Rückzieher veranlasst hatte, oder ob er befürchtete, zum Puzzlelegen zwangsrekrutiert zu werden.
    »Geht es um das Baby? Die Leiche, die Juliet gefunden hat?«, fragte sie.
    »Äh, ja. Ich dachte, er interessiert sich vielleicht für das Ergebnis
der …« Er hielt inne, und Gemma nahm an, dass er nach einer taktvollen Umschreibung für »Leichenschau« suchte. Wieder flammte ihr Ärger über Kincaid auf. Da er sie offenbar überhaupt nicht erwähnt hatte, konnte Babcock wohl kaum ahnen, dass sie selbst bei der Polizei war, doch es fuchste sie, wie ein naives Frauchen behandelt zu werden.
    »Hören Sie«, erwiderte sie. »Bei mir müssen Sie wirklich nicht um den heißen Brei herumreden. Ich bin …«
    In diesem Moment bog ein Wagen mit quietschenden Reifen in die Einfahrt ein. Sie hatte ihn vorher schon vage registriert, als er mit überhöhter Geschwindigkeit und ohne Licht den dunklen Feldweg entlanggerast war.
    Babcock drehte sich um und murmelte: »Was ist denn in den Spinner gefahren?« Doch als der Vauxhall anhielt und die Fahrertür aufging, war es Juliet Newcombe, die sie aussteigen sahen. Sie kam mit zögerlichen Schritten auf die beiden zu, wie eine Frau, die nach langer Bettlägerigkeit noch unsicher auf den Beinen ist.
    Gemmas erster Gedanke war, dass Duncans Schwester betrunken sei. Der zweite, als Juliet näher kam und Gemma ihr bleiches Gesicht und die weit aufgerissenen dunklen Augen sehen konnte, war, dass sie krank sein oder unter Schock stehen müsse.
    Babcock schien zum gleichen Schluss gekommen zu sein, denn er fragte: »Ist Ihnen nicht gut, Mrs. Newcombe?«
    Juliet blieb stehen und starrte Babcock einen Moment lang an, als versuchte sie sich zu erinnern, wer er war. »Oh. Chief Inspector … Babcock, nicht wahr?«
    »Wir haben heute Nachmittag versucht, Sie zu erreichen, Mrs. Newcombe«, sagte Babcock nicht unfreundlich, doch er musterte sie dabei kritisch. Gemma wusste, dass er routinemäßig überprüfen würde, ob ihr Atem nach Alkohol roch oder ob ihre Pupillen geweitet waren, was auf Drogenmissbrauch
hätte schließen lassen. »Wir müssen Ihre Aussage zu Protokoll

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