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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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nehmen«, fuhr er fort, nachdem er sich offenbar davon überzeugt hatte, dass sie nüchtern war. »Wegen gestern Abend.«
    »Das Baby.« Juliet klang ein wenig überrascht, als ob sie ihren Fund schon wieder vergessen hätte. Dann wurde ihre Miene besorgt. »Haben Sie irgendetwas herausgefunden? Wissen Sie schon, wer sie ist?«
    »Nein, leider nicht. Aber wir brauchen die Kontaktdaten Ihrer Mitarbeiter. Wenn Sie bitte …«
    Gemma trat in die Einfahrt hinaus und legte den Arm um Duncans Schwester. »Juliet, du musst ja furchtbar frieren! Komm ins Haus. Mr. Babcock, die Aussage kann sie doch sicher auch morgen früh noch machen, oder? Ich kann Juliet selbst aufs Revier bringen, wenn Sie wollen.«
    Gemma sah, wie er zögerte, und sie wusste, dass Juliets Verhalten seine Neugier geweckt hatte. Die aber lag offensichtlich im Widerstreit mit dem Bewusstsein, dass er es mit der Schwester eines Freundes – und Kollegen – zu tun hatte und die Situation daher Taktgefühl erforderte. »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte er schließlich, und sie atmete insgeheim erleichtert auf. »Wir haben in der Polizeidirektion in Crewe eine Einsatzzentrale eingerichtet. Wie wär’s gegen neun?« Er nickte ihnen zu. »Und richten Sie Duncan aus, dass er mich bitte anrufen soll, falls es ihm nichts ausmacht.«
    »Duncan? Wo ist er denn?«, fragte Juliet. »Ich war … Ich muss …« Sie brach ab, als Gemma ihre Schulter kräftig drückte. Wie harmlos Juliets Aktivitäten in den letzten paar Stunden auch gewesen sein mochten, Gemma bezweifelte instinktiv, dass es klug gewesen wäre, sie in diesem Moment vor Babcock auszubreiten. Dabei schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass sie gerade eine Ahnung davon bekam, wie es war, auf der anderen Seite zu stehen – und es gefiel ihr ganz und gar nicht.
    »Gehen wir rein«, sagte Gemma und manövrierte Juliet, die
sich willig von ihr führen ließ, zur Tür. »Du holst dir noch den Tod.« Über die Schulter rief sie Ronnie Babcock zu: »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen. Ich sage Duncan, dass Sie hier waren.« Dann schob sie Juliet ins Haus, machte die Tür hinter sich zu und ließ Babcock, der ihnen stumm nachstarrte, in der Einfahrt stehen.
    Drinnen schnappte Gemma sich eine alte Strickjacke von der Garderobe und legte sie Juliet um die Schultern. »In die Küche«, kommandierte sie. »Da ist es wärmer.«
    »Meine Eltern«, stieß Juliet mit klappernden Zähnen hervor. »Wo …«
    »Sie sind zu Caspars Eltern gefahren, um Sam und Lally abzuholen. Lally hat angerufen und erzählt, du seist schon seit Stunden verschwunden. Sie haben sich Sorgen um dich gemacht – wie wir alle.«
    »Das habe ich nicht gewollt … Ich dachte nicht …«
    »Ich weiß, ich weiß.« Gemma führte Juliet über den Flur zur Küche. »Jetzt kriegst du erst mal was Heißes zu trinken.«
    Die Hunde scharten sich um sie, als sie die Küche betraten – Tess und Geordie beschnüffelten aufgeregt die neue Person, während Jack mit dem Schwanz wedelte und unterwürfig die Ohren anlegte. Juliet bückte sich und vergrub die Hand im dichten Fell an seinem Hals, als empfände sie die Berührung als tröstlich.
    Toby saß hinten am Tisch und zappelte mit den Füßen, die ein gutes Stück über dem Boden hingen. Er blickte auf und rief: »Tante Juliet!« – mit einer Begeisterung, als kenne er sie schon sein ganzes Leben. »Ich hab ein Harry-Potter-Puzzle! Auf dem Bild spielen sie Quidditch.«
    »Hallo, Schatz.« Juliet brachte ein Lächeln zustande, doch Gemma konnte sehen, wie viel Mühe es sie kostete. »Das ist ja toll.«
    »Komm, setz dich.« Sie führte Juliet zu einem Stuhl. Als sie
sich umdrehte, um den Wasserkocher einzuschalten, fiel ihr Blick auf die Uhr über dem Herd. Erschrocken stellte sie fest, dass es schon nach fünf war. Draußen war es inzwischen stockdunkel. Sie ließ die Jalousien herunter und legte noch ein Scheit in den Ofen, während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte. Das geschäftige Tun war vor allem ein Gegenmittel gegen das mulmige Gefühl in ihrem Magen. Duncan und Kit hätten doch schon längst zurück sein müssen.
    Dann schalt sie sich selbst wegen ihrer unnötigen Sorgen. Duncan kannte die Gegend schließlich wie seine Westentasche. Er wusste, was er tat, und war gewiss in der Lage, im Dunkeln nach Hause zu finden. Diese ländliche Gegend war nur ihr völlig fremd.
    Sie hatten bestimmt irgendwo Halt gemacht, um Dachse zu beobachten, dachte sie, als ihr eine Szene aus einer

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