So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
der die Konten des hübschen Mädchens, ihres Geschäfts und der Assistentin liegen.
Eine Prüfung der Unterlagen ergibt, dass das hübsche Mädchen zwar nicht gerade in Geld schwimmt, sich dennoch ein ordentliches Polster für schlechte Zeiten geschaffen hat und dass die Einkünfte aus ihrem Geschäft fluktuieren, sich unterm Strich aber trotzdem über den Ausgaben halten. Die Assistentin ist für das Geschäftskonto bis zu einer bestimmten Obergrenze zeichnungsberechtigt, was auf eine seltene Vertrauensebene und ein respektables Gehalt hindeutet, das im Lauf der anderthalb Jahrzehnte, die sie nun für das hübsche Mädchen arbeitet, stetig gestiegen ist. Die monatlichen Auslagen der Assistentin für Nebenkosten und Miete, verbunden mit einem völligen Fehlen von Ausgaben für Schulen, legen nahe, dass auch sie allein lebt, vielleicht auch mit betagten Eltern, denn ihre Kreditkarte weist häufige medizinische Kosten auf, Rechnungen von vielerlei Ärzten, Diagnosezentren und Kliniken, Rechnungen, die zuweilen ihr Gehalt übersteigen, aber regelmäßig und vollständig von dem hübschen Mädchen beglichen werden, indem sie Überweisungen des geforderten Betrags von ihrem Privatkonto auf das der Assistentin vornimmt.
Über den Büros im Wolkenkratzer sind Blinklichter, die vorbeifliegende Flugzeuge warnen sollen, Lichter, hoch über der Stadt, die heiter leuchten. Unten, durch die Sicherheitskameras des Hubschrauberlandeplatzes gesehen, liegen Teile der Stadt im Dunkeln. Stromknappheit bedeutet, dass die Beleuchtung ganzer Gebiete turnusmäßig abgestellt wird, meistens, aber nicht immer zur vollen Stunde, und in den tintenschwarzen Flicken ist um diese späte Zeit wenig zu sehen, nur hier und da ein Gebäude mit eigenem Generator, die scheinwerferhelle Arterie einer Hauptstraße oder, in einer krummen Seitenstraße, so schwach wie nur irgend vorstellbar, der rote Leuchtspurschwenk eines einsamen Motorrads, das einer unbekannten Gefahr ausweichen will.
Eine Woche später ist die Stadt ein sonnengetränktes Labyrinth aus Beige- und schmutzigen Cremetönen, die unter einem Düsenflugzeug zurückweichen, in dem das hübsche Mädchen und die Assistentin als registrierte Passagiere sitzen, es steigt in den Himmel und steuert Richtung Meer. Es wird vom Radar eines Kriegsschiffs in internationalen Gewässern erfasst, als Verkehrsflugzeug identifiziert, das keine unmittelbare Bedrohung darstellt, und dann weitgehend ignoriert, denn das Marinefahrzeug fährt nun fort, mit seinen Antennen die pheromonartigen Elektronenemissionen, die Militäreinrichtungen an der Küste abgeben, zu beschnüffeln.
Das Düsenflugzeug steigt durch eine Bank verstreuter Wolken auf. In ungefähr derselben Höhe, wenngleich weiter im Inland, fliegt ein experimentelles unbemanntes Luftfahrzeug in die entgegengesetzte Richtung. Es ist klein und seine Reichweite begrenzt. Seine Hauptvorteile sind die geringen Kosten, weswegen es in großer Zahl beschafft werden kann, und die verhältnismäßig geringe Lautstärke, weswegen es unauffällig arbeiten kann. Große Hoffnungen werden auf seinen Erfolg im Exportmarkt gesetzt, insbesondere bei Polizeikräften und klammen Armeen, die Operationen im urbanen Raum tätigen.
Am Stadtrand, über dem diese Drohne heute seine Leistungsparameter nachweist, versammelt sich eine Menschengruppe auf einem Friedhof. Aus den geparkten Fahrzeugen davor stechen zwei heraus. Das eine ist ein Lieferwagen, auf dem Name und Telefonnummer einer gewerblichen Spritzlackiererei stehen und der möglicherweise dem Verstorbenen gehört hat, denn er wird zum Transport seines in weißes Tuch gehüllten Leichnams genutzt. Das andere ist eine Luxuslimousine, der zwei männliche Personen im Anzug entsteigen, ein Mann Mitte sechzig und ein schlanker Teenager, vielleicht sein Enkel. Diese beiden sind auffallend gut gekleidet, ganz im Gegensatz zu den anderen Trauernden, doch müssen sie mit dem Verstorbenen eng verwandt sein, da sie ihre Schultern für die Aufgabe, seinen Leichnam zu der frisch ausgehobenen Grube zu tragen, zur Verfügung stellen. Der ältere beginnt nun zu schluchzen, sein Leib biegt sich anfallartig, wie von einer Hustenserie gequält. Er blickt in den Himmel hinauf.
Die Drohne kreist einige Male, das leistungsstarke Auge starr, und fliegt aufmerksam weiter.
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JONGLIERE MIT SCHULDEN
Wir müssen uns sputen. Wir nähern uns dem Ende, du und ich und auch dieses Selbsthilfebuch, nun, jedenfalls das Selbst darin und auch
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